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Full text: 49, 1930/1931

G. Baumann: Strömungseinflnß des mitteldeutschen Gebirgsrandes und seine Bedeutung für die Flugmeteorologie dieses Gebietes 37 
eine dem Kamm nahe gelegene Konvergenzlinie und einer leewärts verschobenen Divergenzlinie ist der Be 
weis für die am Thüringer Wald und Erzgebirge in hohem Grade gestörte Strömung. 
Die Divergenz-Linie deckt sich bezügl. ihrer Lage recht gut mit der früher aus dem Stromfeld erhal 
tenen Konvcrgenz-Divergenz-Linie Dresden—Gera—Erfurt—Eisenach, während die Konvergenz, die theo 
retisch unmittelbar hinter dem Kamm liegen sollte, relativ weit in Richtung der Strömung (leewärts) „ver 
schleppt“ ist. Diese „Verschleppung“ ist wiederum ein Zeichen der unberechenbaren ReibungsVorgänge in 
der Natur. 
Es ist bemerkenswert, daß trotz des verhältnismäßig geringen Gefälles nach Norden die Strömungs 
singularitäten in so vollkommener Weise hervortreten. Entscheidend dafür ist einmal die Windstärke, die 
hier 5 msk. beträgt, also nach G e o r g i i 5 ) am günstigsten ist für das Zustandekommen ortsfester Wirbel, 
zum anderen die vorherrschend zweidimensionale Strömungsform, die man an einem ausgedehnten Gebirgs- 
riegel, wie dem des Thüringer Waldes und Erzgebirges, sicher erwarten kann. Auch geben Art und Grad der 
Bewölkung sehr typisch das Vorhandensein von Konvergenz und Divergenz wieder. Die im Bereich der 
Hangkonvergenz gelegenen Orte haben zumeist starke Bewölkung und die für das Gehobenwerden von 
Luftmassen charakteristische cumulusartige Bewölkung. Von den Kammstationen selbst werden Cu-Ni-Bil- 
dungen gemeldet, die wohl Quellformen der noch intensiver gehobenen Luftmassen luvseits des Gebirges 
darstellen. Im Gegensatz dazu ist die Divergenzlinie durch meist heiteren und wolkenlosen Himmel ge 
kennzeichnet; erst hier also kommt die absinkende Bewegung, der eigentliche Lee-Einfluß, uneingeschränkt 
zur Auswirkung. 
Die Erscheinung, daß infolge einer ausgedehnten Turbulenzzone, dem Leewirbel entsprechend, ein An 
steigen der Stromlinien noch hinter dem Hindernisäquator stattfindet, hat bereits P. I d r a c 12 ) aus 
Vermessungen des Aufwindfeldes an einem Höhenzuge gefunden. Welch ungeheuren Ausmaße die leeseitige 
Turbulenzzone annehmen kann, geht aus dem zuletzt geschilderten Beispiel wohl deutlich genug hervor. Ein 
Vergleich mit den aus den Strömungskarten gewonnenen Ergebnissen aber zeigt, daß es sich um eine den 
mittleren Verhältnissen durchaus angepaßte Strömungsform handelt. Die Divergenz hat auch in diesem 
Spezialfall dieselbe Lage wie in den abgeleiteten Stromfeldern der Südwest- und Südost-Wetterlagen 
(s. Kart, r und 8), entsprechend der Linie Dresden—Gera—Erfurt—Eisenach. Die Einflußzone oder 
Reichweite des Erzgebirges und Thüringer Waldes beträgt demnach durch 
schnittlich 50 bis 60 km, vom Kamm aus gerechnet. 
Von der Auswahl einer typischen Stauwetterlage konnte abgesehen werden, da gerade hierüber zahl 
reiche flugmeteorologische Erfahrungen vorliegen. In einem Bericht von J o h n 13 ) über „Niederschlagskarte 
und Flugberatung“ heißt es u. a. „Bis Erfurt reichte die Stauwirkung nur noch in abgeschwächtem Maße; 
immerhin war hier die Wolkendecke nach Nebel und Dunst am Vormittag mit ihrer unteren Grenze nicht 
über 100 bis 150 m gestiegen. Dagegen war das gesamte Gebiet nördlich des Thüringer Waldes vom Vogt 
lande über den völlig verhüllten Tannröder Forst (südlich der Linie Weimar—Erfurt) bis nach Eisenach 
durch starken Dunst, sehr tiefe Wolken und gelegentlichen Sprühregen eingetrübt“. Audi in diesem Bei 
spiel fällt die nördliche Staugrenze mit der bekannten Strömungssingularität Weimar—Erfurt—Eisenach 
zusammen. Damit deckt sich recht gut die Festtellung von G e o r g i i 14 ), daß die in Lee des Thüringer 
Waldes erzeugte Luftunruhe sich etwa bis in die Linie von Gotha erstreikt und im Flugzeug als Böigkeit 
recht deutlich fühlbar ist. 
Für das Erzgebirge haben sich in gleicher Weise Erfahrungen angesammelt, die sich ergänzend an die aus 
den Strömungskarten gewonnenen Ergebnisse anreihen. Besonders hervorzuheben sind die meteorologischen 
Flugerfahrungen der von Dresden und Chemnitz aus über das Erzgebirge führenden Strecken, die von 
Bürge r 15 ) zusammengefaßt worden sind. In seinem Bericht über die Wetterverhältnisse der Strecke 
Chemnitz—Prag und Dresden—Prag wird u. a. gesagt: „Besondere Beachtung ist dem Nordstau zu schen 
ken, weil dieser infolge der allmählichen Abdachung des Gebirges sich über große Streckenteile, unter Um 
ständen über die ersten jo km erstreckt . . . Bei starkem Nordstau ist das Gebirge bis zu mittleren Höhen 
(400—500 m) herab, nicht selten auch Chemnitz selbst, eingenebelt. . . . Südöstliche bis südwestliche Winde 
bringen Stau am Südhange und Föhn über der Nordabdachung des Gebirges. Dieser Einfluß des Gebirges 
tritt vor allem bei Aufgleitfronten deutlich in Erscheinung. Der Föhn auf der Nordseite wird so kräftig,
	        
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