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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49 Bd. Nr. 9
infolgedessen ein Aufsteigen der Luft zustande kommt; dasselbe gilt von dem Vorgelände des eigentlichen
Bergmassivs des Rothaar-Gebirges, dazwischen aber liegt eine Zone beschleunigter Luft, die um das Gebirge
herumgepreßt wird. Ferner ersieht man aus der Verteilung der Beständigkeitszahlen (s. Kart, io), daß im
Gebiete der Konvergenz- und Divergenz-Linien veränderliche und unbeständige Winde wehen. Dies ist er
klärlich, denn Konvergenz- und Divergenz-Linie werden gewissen Änderungen bezüglich ihrer Lage unter
worfen sein und Schwankungen der Winde bis zu 180“ bedingen. Die Tatsache, daß Singularitäten nicht
immer stationär, bald mehr, bald weniger ausgeprägt sind, erklärt an sich schon die Unbeständigkeit der
Winde. Eingehendere Untersuchungen bestätigten eine des öfteren rückläufige Luftbewegung und damit
gleichzeitig das Vorhandensein doppelseitiger Konvergenz- und Divergenz-Linien.
Diese Übereinstimmung von Singularität und Unbeständigkeit der Winde wiederholt sich an der
Konvergenz-Divergenz-Linie leeseits des Thüringer Waldes. Die Größenordnung der Streuungen entspricht
etwa derjenigen des dem Rothaar-Gebirge vorgelagerten Streufeldes. Dort sind es Luvwirbel, hier Lecwirbel,
die die großen Schwankungen des Windes verursachen.
Ferner läßt die Verteilung der Beständigkeitszahlen ein Streufeld im Gebiete Bernburg—Helmstedt er
kennen. Sowohl Bernburg als auch Helmstedt sind Lee-Einflüssen ausgesetzt und weisen daher außer Süd
westwinden nicht selten westliche und nördliche, zum Teil auch südöstliche Winde auf; trotzdem ist im
vektoriellen Mittel (s. Kart. 1) von dieser Störung nichts zu bemerken. Auf Grund der Beständigkeitsver-
teilung ist eine Divergenz leeseits des Harzes vollkommen gerechtfertigt.
Für solche Fälle versagt also die vektorielle Mittelbildung, so daß vom normalen Stromverlauf abwei
chende Formen nur an Hand der Beständigkeitszahlen festzustellen sind. Ohne Berücksichtigung der Be
ständigkeitszahlen wäre es beispielsweise nicht möglich, die wahren Windverhältnisse der Stationen Siegen
und Hövelriege zu durchschauen; denn im vektoriellen Mittel treten Besonderheiten nicht zutage, abgesehen
von einer geringen Windabnahme. Die großen Streuungen aber weisen auf Luvwirbel (in etwa 50 Prozent
aller Fälle bis zu 180 0 gedrehte Winde) hin. Audi an anderen Orten liegen ähnliche Verhältnisse vor.
In groben Umrissen gewahrt man bei der „Beständigkeitsverteilung“ eine große Ähnlichkeit mit der
„Geschwindigkeitsverteilung“, wenn man Beständigkeit und Beschleunigung einerseits, Unbeständigkeit und
Verzögerung andererseits in Parallele setzt. Die Einflußzonen der Gebirgsmassive heben sich auch in der
Beständigkeitsverteilung deutlich ab. Ferner ergibt ein Vergleich zwischen Windgeschwindigkeit und Wind
streuung, daß Beschleunigungen meist auch ein Zeichen beständiger Winde sind, was wiederum sehr charakte
ristisch ist für die Strömung an den Gebirgsrändern.
Die „Beständigkeitsverteilung“, deren Darstellung trotz der Vielgestaltigkeit des Geländes ein über
raschend klares Bild ergibt, ist demnach vorzüglich geeignet, in Übereinstimmung mit der Geschwindigkeits
verteilung die Gesetzmäßigkeit der Hindernisströmung nachzuweisen.
D. Spezialwetterlagen und Flugerfahrungen.
Die bisherigen Untersuchungen und Ergebnisse, die sich lediglich auf das verwendete statistische Ma
terial stützen, sollen nun noch einmal in ihrer Bedeutung für die Praxis beleuchtet werden. Zu diesem
Zweck wurden einige markante Wetterlagen, insbesondere auch Flugerfahrungen, die während der letzten
Jahre von Meteorologen und Flugzeugführern auf den Mittelgebirgsstrecken gesammelt worden sind, heran
gezogen. Grundlegend auf diesem Gebiet ist eine Arbeit von S e i 1 k o p f 7 ) über den Einfluß der Ge
ländeform auf das Wetter, in der auch der Übergang vom Flachland zum Mittelgebirgsrand berücksichtigt
wurde.
Die für den Gebirgsrand charakteristischen Witterungserscheinungen sind sicher irgendwie von der Strö
mung abhängig; es erscheint daher wichtig, diesen Zusammenhängen, die eventuell für die Ergebnisse große
Bedeutung haben, nachzugehen. Diesem Zweck dienen auch die nachfolgenden Einzelwetterlagen; doch
konnte wegen Platzmangel nur eine geringe Auswahl getroffen werden. Jede aber ist in ihrer Art typisch,
d. h. aufzufassen als Vertreterin sehr häufig sich einstellender Wetterlagen.