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Full text: 49, 1930/1931

G. Baumann: Strömungseinfluß des mitteldeutschen Gebirgsrandes und seine Bedeutung für die Flugmeteorologie dieses Gebietes 21 
Werra- und Leinetals ausgesetzt. Man beachte die vollkommen entgegengesetzten Winde von Bodenwer 
der und Hameln, die möglicherweise einen Wirbel mit vertikaler Achse darstellen (s. Karte 7). 
Jedenfalls ist der Ith als ziemlich hoch auf ragender, schmaler Gebirgszug mit steilen, felsigen Hängen ein 
günstiges Gebilde zur Auslösung wirbelähnlicher Bewegungen. 
Besonders geeignet zur Wiedergabe der Übereinstimmung von Theorie und Praxis sind die Windver 
hältnisse von Wehnde bei Ost- und West Wetterlagen (vgl. Kart. 2 u. 7). Wehnde liegt ostnordöstlich der 
höchsten Erhebung des Eichsfeldes, des Ohmgebirges. Die Windmessungen dieser Station haben nach Er 
fahrung des Verfassers als durchaus zuverlässig zu gelten. Ein auf hohem Turm der Wehnder Warte an 
gebrachtes Windmeßgerät liefert eine genaue Registrierung. Bei Westwetterlagen findet man eine Ab 
lenkung der Strömung auf Süd, die sich in Wehnde als Südwestwind offenbart. Dieser Gebirgseinfluß 
tritt mit großer Regelmäßigkeit auf, wie die Beständigkeitszahlen beweisen. Bei Ostwetterlagen kehren sich 
die Windverhältnisse um; die Strömung wird auf Nord abgelenkt und ergibt einen Nordostwind in 
Wehnde, der ebenfalls sehr regelmäßig auftritt. Die Ablenkung im Falle der West Wetterlage kommt dadurch 
zustande, daß die Strömung am Westhange (Luv) des Ohmgebirges sich staut und infolgedessen nach 
Norden ausweicht (Konvergenz), während im Falle der Ostwetterlage westlich des Gebirges (Lee) ein dy 
namischer Unterdrück entsteht, der das Einbiegen der Stromlinien veranlaßt (Divergenz). Der eine Vor 
gang bestätigt gewissermaßen den anderen, wie die Theorie es fordert. Die Strömungsform am Harz 
und am Rothaar-Gebirge bei Ost- und Westwetterlagen ist im Grunde genommen nichts anderes als eine 
Erweiterung der Verhältnisse von Wehnde. 
Verhältnismäßig geringen Widerstand finden östliche Winde am Thüringer Wald und Erzgebirge. 
Dies ist zur Hauptsache wohl damit begründet, daß Streichrichtung und Strömungsrichtung einander nahe 
zu parallel sind. Demnach müßten Ost- und Westströmung in diesem Bereich gleichen Charakter anneh 
men, was auch in der Gleichartigkeit der Strömungskarten zum Ausdruck kommt (vgl. Kart. 2 und 7). In 
beiden Fällen bleibt die Strömung fast ungestört, man kann demnach direkt von einer Umkehrbarkeit der 
Strömungsverhältnisse bei westlichen und östlichen Winden sprechen, wobei sich nichts weiter ändert als 
lediglich der Strömungssinn. Die Winde von Jena und Altenburg werden sowohl in der Ostwetterlage als 
auch in der Westwetterlage durch die Täler lokal beeinflußt. Äußerst interessant ist das schon früher be 
obachtete Anströmen zum Gebirgshang mit fast senkrechter Komponente. In der Westwetterlage tritt dies 
namentlich am Erzgebirge auf, in der Ostwetterlage in sehr ausgesprochener Weise am Thüringer Wald, 
ganz wie die dynamisch bedingte Drucküberlagerung es fordert. 
Der mit dem Harz und Weserbergland nach Norden vorspringende Teil des Gebirgsrandes prägt sich 
naturgemäß sehr erheblich in der Strömungsform aus. Die Spaltung der Strömung östlich des Harzes wurde 
bereits erwähnt, insbesondere die auf Süd erfolgte Ablenkung zwischen Elbe und Harz, die als ein Auswei 
chen der Bodenströmung nördlich des Gebirgsrandes anzusehen ist. Die zwischen Harz und Thüringer Wald 
hindurchströmende Luft trifft auf bergisches Gelände und wird beim Überqueren desselben in ein höheres 
Niveau gehoben. So kommt es, daß beim Verlassen des Berglandes, in der Münsterer Bucht, in den 
unteren Schichten ein Mangel an Luftmassen (Unterdrück) vorhanden ist, der ausgeglichen wird durch eine 
nordöstliche Unterströmung (Osnabrück, Lippstadt, Münster und Cleve), die dem überschüssigen Lufttrans 
port nördlich des Gebirgsrandes entstammt. Auf diese Weise ist das Divergieren der Strömung im Bereich 
des Wiehen-Gebirges und Teutoburger Waldes zu erklären (s. Kart. 7). Wahrscheinlich ist diese Strömungs 
form auf die untersten Schichten beschränkt. Auch bei westlichen Winden, also entgegengesetztem Strö 
mungssinn, trat das Ausweichen der Unterströmung am Mittelgebirgsrand deutlich in Erscheinung. 
Ebenso scharf wie West- und Nordwestwetterlage heben sich Ost- und Nordostwetterlage voneinander 
ab. Die Strömungsformen ändern sich grundsätzlich, sobald Winde nördlicher Komponente auftreten. Da 
gegen sind sich Ost- und Westwetterlage sehr ähnlich. Dies kommt in der Skizze 6 sehr klar zum 
Ausdruck. Thüringer Wald und Erzgebirge beeinflussen eine Strömung westlicher oder östlicher Rich 
tung in weit geringerem Maße als Strömungen mit Nordkomponente. Die Unstetigkeit, die sich am Hang 
des Thüringer Waldes zeigt, hat nicht die allgemeine Bedeutung, wie die sonst vorhandene Thüringer 
Wald-Erzgebirge-Singularität. Am Harz greifen zweidimensionale und dreidimensionale Strömungsform 
ineinander, doch ist die letztere vorherrschend. Am Rothaar-Gebirgc liegen die Verhältnisse genau so,
	        
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