G. Baumann: Strömungseinfluß des mitteldeutschen Gebirgsrandes und seine Bedeutung für die Flugmeteorologie dieses Gebietes
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Es wurden also sämtliche Windrichtungen in die Untersuchung einbezogen, von denen jedoch nur
einige im Kartenanhang wiedergegeben werden konnten. Die Mittelbildung geschah vektoriell und zwar
wurde die Vektor-Addition graphisch durchgeführt. Die Resultierenden sind in der Anhangstabelle zu
sammengestellt. Eine Angabe nach 32teiliger Skala reicht vollkommen aus, wenn man berücksichtigt,
daß es sich bei der Mehrzahl der Beobachtungen um geschätzte Werte handelt.
Nun aber ist das vektorielle Mittel kein eindeutig bestimmter Wert, sondern mehr oder weniger mo
difiziert, je nachdem ein Ort beständige oder unbeständige Winde besitzt. Diese den Resultierenden an
haftende Fälschung, deren Ursache eine starke Streuung der Winde ist, kann Größenordnungen annehmen,
daß die ermittelte Windrichtung den tatsächlichen Verhältnissen am wenigsten entspricht. Um ein
Maß der Streuung zu erhalten, wurde außer dem vektoriellen das skalare Mittel der einzelnen Wind
stärken berechnet und der Quotient beider, die „Beständigkeitszahl“, gebildet (s. Anhang). Die
Kenntnis der Beständigkeitszahl ist für die Beurteilung der Ergebnisse von großer Bedeutung. Läßt
sich doch aus ihr eine Störung im Strömungsverlauf unschwer erkennen. H ö h n d o r f 4 ) konnte einen
Zusammenhang zwischen Beständigkeitszahl und orographischcn Verhältnissen nachweisen.
Bei der Stromliniendarstellung in Gebirgsgegenden begegnet man gewissen Schwierigkeiten wegen des
stark wechselnden Bodenreliefs, namentlich im Gebiete zwischen Harz, Thüringer Wald und Rothaar-Ge
birge. Es erhebt sich die Frage, ob die Stromlinien dieses Bereichs, die größtenteils auf Beobachtungen
von Talstationen beruhen, überhaupt einen Sinn haben. Doch gibt die folgende Untersuchung hinreichend
Belege dafür, daß das abgeleitete Stromlinienbild reelle Bedeutung hat und für die Hindernisströmung
als maßgebend angesehen werden kann. Für den Gebirgs r a n d selbst, dessen Strömungseinfluß in vorlie
gender Arbeit hauptsächlich interessiert, fallen derartige Bedenken natürlich fort. Die Stromlinien wur
den „gestrichelt“ gezeichnet auf Strecken, wo sie größere Höhen überqueren und dort, wo sie für
wahrscheinlich gehalten werden, aber durch Windpfeile nicht hinreichend belegt sind.
Es muß an dieser Stelle bemerkt werden, daß die Karte i : 800 000*), die eigens zur Auswertung der
Strömungsverhältnisse angefertigt und benutzt wurde, aus technischen Gründen nicht im Druck erscheinen
konnte. Diese Karte enthält die Schichtlinien, die gerade für das Deutsche Mittelgebirge charakteristisch
sind und dieses recht deutlich hervortreten lassen. Nur mit Hilfe dieser Karte war es möglich, auch Einzel
heiten, wie sie im Folgenden verschiedentlich angeführt werden, im Stromlinienbild zu verfolgen. Diese fein
ausgeführte Karte bildete also gewissermaßen die Grundlage zu den folgenden Ausführungen.
') Die zeichnerische Ausgestaltung der Karte verdanke ich dem Zeichner, Herrn Petri, Flugwetterwarte, Hannover.