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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bd. Nr. ?.
öffentlich ungen des Preufi. Meteorologischen Instituts entnommen worden. Die Häufigkeitskurven
dieser Leiden Stationen zeigen ein abweichendes Verhalten gegenüber denen bei einwandfreien Sta
tionen (s. Tafel 6). Der Unterschied macht sich hauptsächlich darin bemerkbar, daß die Windrich
tungen NE, SE, SW und NW vor den Richtungen N, E, S, W stark bevorzugt werden. Zum Beispiel
ist bei Bremen das Verhältnis zwischen der Anzahl der Windrichtungen N, E, S, W und der Anzahl
der Richtungen NE, SE, SW, NW 0,9. während bei Jever das Verhältnis 1,7 und bei Schöninghsdorf
2,8 ist. Man wird mit Berechtigung annehmen können, daß bei der Windstärkeangabe eine ähnliche
Unzulänglichkeit vorhanden ist. Darum können wir die Stationen, bei denen die Häufigkeitsdarstel
lungen die gleichen Erscheinungen zeigen, von der weiteren Betrachtung ausschließen. Stationen,
bei denen solche Beobachtungszulänglichkeiten vorzuherrschen scheinen, sind: Flensburg, Eutin,
Schwerin, Stade, Oldenburg.
Diese große Zahl der Stationen mit unbrauchbaren Beobachtungen ist darauf zurüdkzuführen, daß
die Luftbewegung innerhalb von Siedlungen so gestört ist, daß oft nur schwer ihr allgemeiner Cha
rakter erfaßt werden kann. Wie wir schon an den Beobachtungen an Bremen und Hamburg ge
sehen haben, sind die Störungseinflüsse bei den starken Winden so groß, daß keine Einzelheiten der
Geländeeinwirkung mehr nachgewiesen werden können. Dazu kommt noch, daß über Land der
Wind oft ungleichartiger ist und daß sich die tägliche Periode des Windes bei den Beobachtungen
stark geltend macht. Dadurch wird ein Vergleich von bestimmten Windbeobachtungen an verschie
denen Beobachtungsstellen zum Zwecke der Feststellung lokaler Störungen unsicher.
Von den Binnenlandstationen sind außer den schon genannten noch Groningen. Brake, Al
tenwalde, G 1 ii c k s t a d t, Brunshausen und Neumünster untersucht worden. Wie zu er
warten, lassen die Ergebnisse aber keine besonderen Eigenarten erkennen, so daß sich ihre Veröffent
lichung nicht lohnt. Bei manchen Stationen treten ebenfalls bevorzugte Windrichtungen auf (z. B.
Glückstadt W—-NW), die man zwanglos durch die vorliegenden Geländeverhältnisse erklären kann:
aber diese Erscheinungen sind wesentlich geringer als bei den Küsten- und Inselstationen. Bei ande
ren Stationen, z. B. Neumünster und Brunshausen, sind die Windstärkedifferenzen bei allen Windrich
tungen nahezu gleich, so daß bei keiner Windrichtung besondere Störungen der Luftbewegung nach
zuweisen sind.
6. Zusammenfassung und Folgerungen.
Aus den Einzelheiten dieses Abschnittes können folgende Ergebnisse entnommen werden:
Der Gang mit der Windrichtung von den Differenzbeträgen zwischen der mittleren Windstärke
der Stationen und dem repräsentativen Nordseemittel der betreffenden Gruppe ist nahezu frei von
den gleich bleiben den persönlichen Fehlern der Windschätzungen. Dem Gang kann eine physikali
sche Deutung beigelegt werden, da seine eindeutige Abhängigkeit von der orographischen Gestaltung
der engeren Umgebung festgestellt wurde. Liegt die Küstenstation vor einer auch nur geringen
Bodenerhebung (Düne, geschlossene Siedlung usw.), dann sind die auflandigen Winde relativ stärker
als die ablandigen. Dabei scheinen in der Beobachtungshöhe die Luv- und Leewirkungen der
Bodenerhebungen die Wirkung der Reibungsunterschiede zwischen W asser und Land zu überwiegen.
Aus der Trennung des Geländeeinflusses für verschiedene Windstärkegruppen ergibt sich, daß die
höheren Windstärken durch gewisse Geländeformen (insbesondere, wenn die Beobachtung innerhalb
von geschlossenen Siedlungen stattfindet) größeren Störungen ausgesetzt sind.
Die Feststellung, daß die vorhandenen Windbeobachtungen durch die engere und engste Umge
bung des Beobachtungsortes stark beeinflußt wird, verbietet es, die Windbeobachtung für ein größe
res Gebiet als repräsentativ anzusehen. Daher ist eine kontinuierliche Darstellung des
Stromfeldes der Luft in Bodennähe nur dann möglich, wenn der spezielle Einfluß des Beobach
tungsortes auf die Winde geklärt ist und wenn bekannte Geländeformen zwischen den Stationen lie
gen. deren Einfluß auf die Luftströmung abzuschätzen ist, damit eine Interpolation des Stromfeldes
zwischen ihnen vorgenommen werden kann.
Um solche Interpolationen durchführen zu können, müssen durch eingehende Strömte!dvermessun-
gen verschiedener Geländeformen der Einfluß des Geländes auf die Luftströmungen festgestellt wer
den. Erst dann wird es möglich sein, zu beurteilen, inwieweit eine Windbeobachtung oder Wind
messung für die Luftströmung eines bestimmten Niveaus repräsentativ ist.