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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 49. Bd. Nr. 7.
In der nachfolgenden Abhandlung soll ein Beitrag zum Einfluß der Umgebung eines Beobach
tungsortes auf die Luftbewegung gegeben werden uncl zwar nur für Stationen aus dem Bereich der
Deutschen Bucht. Die Untersuchung gliedert sich in vier verschiedene Teile:
1. soll durch Vergleich von geeigneten Stationen ein Maß für die Beobachtungsgenauigkeit er
halten werden,
2. wird die Abhängigkeit der geschätzten Windbeobachtuugen vom Gelände bei den deutschen
Küstenstationen untersucht.
5. wird als Ergänzung dazu ein Vergleich der Windregistrierungen im Hamburger Gebiet durch
geführt und
4. werden einige Resultate mitgeteilt, die bei einem Versuch einer Stromfeldmessung um ein Hin
dernis erhalten wurden.
Erster Teil.
Brauchbarkeit der Windbeobachtungen.
1. Koppen über die Zuverlässigkeit der Windbeobachtungen.
Zur Berücksichtigung der früheren Literatur über die Windmessungen und die Windbeobachtun-
gen muß ich auf die Literaturzusammenstellung in dem Lehrbuch von Hann-Sü ri n g (Leipzig
1926) Seite 588—598 verweisen, die alle maßgebenden Veröffentlichungen berücksichtigt. Wegen ihrer
grundlegenden Bedeutung seien aber einige Sätze aus der Abhandlung Köppens 1 ) über das Ver
hältnis zwischen Windgeschwindigkeit und Beauforts Stärkeskala angeführt, die die Brauchbarkeit
der Windbeobachtuugen umreißen:
..Da die durchschnittliche Unsicherheit einer Stärkeschätzung der ßeaufortschen Skala einen
Grad derselben nach allen Erfahrungen nicht wesentlich übersteigt, so sind solche Schätzungen
für synoptische Karten sehr brauchbar. . . . Auch die tägliche uncl jährliche Periode der Wind
stärke, die Aufeinanderfolge der verschiedenen Windstärken usw. lassen sich sehr wohl an den
Stärkeschätzungen untersuchen. Dagegen gilt dies nicht für die Unterschiede der mittleren
Windstärke oder der Häufigkeit bestimmter Stärkegrade zwischen verschiedenen Stationen. Denn
wenn die eine Station als mittlere Windstärke 2.0, die andere 4.0 ergibt, so kann doch sehr wohl
an den beiden Stationen der Wind dieselbe mittlere Stärke 5.0 haben und der eine Beobachter
durchweg um 1 Grad zu hoch, der andere um 1 Gracl zu niedrig schätzen. Auch die Vereinigung
einiger weniger Stationen zu einer Gruppe eliminiert diesen Fehler noch nicht, dazu ist er zu
groß . . . Noch größeren Einfluß gewinnt der persönliche Fehler, wenn man statt der mittleren
Stärke die Zahl der stürmischen Winde von einer gewissen Schwelle, z. B. 8 Beaufort, an ermitteln
will. Lfm dies einzusehen, muß man nur beachten, wie rasch die Häufigkeit der höheren Stärke
stufen nach oben abnimmt . . . Ein Vergleich der absoluten Größe der mittleren Windstärke
oder gar der Sturmhäufigkeit verschiedener Stationen oder Stationsgruppen ausschließlich nach
Schätzungen kann der Natur der Sache nach zu keinerlei verläßlichen Ergebnissen führen, so
brauchbar auch die Schätzungen zu anderen Zweteken sind.“
Diese Einschränkungen der Bearbeitungsmöglichkeit cler geschätzten Windbeobachtungen sind
auch heute noch in ihrem vollen Umfange aufrecht zu erhalten.
Der persönliche Fehler bei zuverlässigen Windbeobachtungen macht sich durch Ueberschätzuug
und Unterschätzung der einzelnen Windstärken bemerkbar. Bei einer näheren Betrachtung stellt sich
aber heraus, daß nicht alle Stärkegrade in gleicher Weise davon betroffen werden. Es ist daher eine
Untersuchung der Abhängigkeit der Angabegenauigkeit von der Windstärke wohl angebracht. Da
bei wird sich herausstellen. in welchem Windstärkebereich man geschätzte W indbeobaehtungen mit