Dr. Gretel Satow: Das Bodeneis in der Arktis. Tatsachen und Hypothesen.
oo
Adern oder Gänge von Eis, die vom festen Gestein in die oberen Bodenschichten hineinragen,
stellen augenscheinlich frühere Quelläufe vor, die ihre Austrittsstelle geändert haben. (57. S. 237 bis
238).
b) Dali, Turner, Kussel, Mendenhall, Smith, Maddren:
Die nächste Hypothese wird von einer ganzen Reihe von Forschern vertreten, so von Dali, Turner,
Rüssel, Mendenhall, Smith und Maddren.
Unter ihnen weist besonders Rüssel darauf hin, daß sich die alaskischen Bodeneismassen und die
Knochen der Mammuts und anderer Säugetiere außerhalb der glazialen Grenze befinden. Das Stu
dium der glazialen Urkunden zeigt (s. Abb. in 41), daß im Quartär in Nordamerika zwei Zentren der
Schneeanhäufungen existierten, das eine in Labrador, das andere in den Rocky Mountains. Während
der größten Ausdehnung dieser beiden Gletschersysteme scheinen sie zusammengeflossen zu sein, so
daß ein riesiges Eisfeld von einem Ozean zum andern reichte, aber das Eis gelangt nordwärts nur
an wenigen Stellen zum arktischen Ozean. Danach wäre die Anhäufung der Mammutknochen durch
das Heranrücken der Gletscher von Süden zu erklären, die die Tiere erst nach Norden verdrängten
und dann allmählich ihr Aussterben bewirkten.
Nun aber das Bodeneis: nach ihrer aller Ansicht bildeten sich im Pleistozän in großen Seebecken
während eines Klimas, das wärmer als das heutige war, recht beträchtliche lakustrische Schlammab
lagerungen. Am Ende des Pleistozäns wurden diese Schlammschichten gehoben und in sanfte Verbie
gungen gelegt. Niedrige Seen bildeten sich in diesen Falten wie auch in anderen lokalen Depressi
onen. Moos und Torf wuchsen allmählich auf die Oberfläche der Seen hinaus und griffen von allen
Seiten die Seen an. Mit dem Beginn der Hebung setzte ein kälteres Klima ein, so daß das Eis, das sich
während des winterlichen Frostes gebildet hatte, entsprechend dem Wachstum des Mooses mehr und
mehr geschützt wurde. Schließlich wurde der See ganz und gar vor der Hitze des Sommers bewahrt.
Es entstand ein klarer Eiskörper in der Tundra. Durch die wiederholte Bildung und Begrabung
solcher Teiche durch Moos entwickelten sich die vielen linsenartigen Bodeneismassen.
Die Gefrornis drang weiter in die Schlammschichten hinab, bis in die Tiefe, in der man sie heute
gefroren findet. (19. S. 268. 57. S. 235; 41. S. 36—58)
c) Brooks, Smith, Moffit:
Brooks, Smith und Moffit halten verschiedene Entstehungsarten des Bodeneises für durchaus
möglich. Alle drei Forscher nehmen die Entstehung aus Schneewehen an. Smith und Moffit aber
auch ein Gefrieren des Wassers im Sinne von Tyrell, „that ice is formecl by the freezing of water
which creeps along planes of porosity within or under silts. 1 ' Außerdem führt Moffit noch an, daß
die Aufeismassen unter einer dünnen Deckschicht durch Frühjahrswasser begraben werden. Aufeis-
bildungen sind in den weiten floodplains im Nomedistrikt sehr verbreitet. (8. S. 299—500: 68: 69.
S. 91; 45. S. 55—54).
Zusammenfassung: Der Wert des bis heute vorliegenden Beobachtungsmaterials ist noch gering.
Die Schilderungen sind oft zu allgemein gehalten, da viele Bodeneisvorkommen zusammen bespro
chen werden, (z. B. Moffit).
Daher liegen auch keine genauen Beobachtungen über das wechselnde Aussehen, die Farbe und
Struktur des Eises in den einzelnen Aufschlüssen vor. Es fehlen aber auch — bis auf wenige Aus
nahmen — Angaben über die nähere Umgebung der Bodeneismassen und der in ihnen morphologisch
wirksamen Kräfte, von denen man auf die Entstehung des Bodeneises schließen könnte. Der Man
gel an Skizzen und somit der Mangel an eindeutig festgelegtem Tatsachenmaterial macht sich er
schreckend bemerkbar. Das zeigt sich besonders an den Esehscholtzbay-V orkommen. Sicher haben
Küstenabbrüche Veränderungen an den Kliffs hervorgerufen, aber zu ungenau ist dennoch beobach
tet worden, da nicht nur Schilderungen aus verschiedenen Jahren, sondern aus ein- und demselben
Jahr inbezug auf Angaben über Höhe und Ausdehnung des Eises erheblich voneinander abweichen.
Zwei Aufgaben haben daher die künftigen Untersuchungen zu erfüllen.
Einmal müssen von jedem Bodeneisvorkommen zwei Skizzen hergestellt werden. Die eine zeigt
das Vorkommen innerhalb seiner Umgegend, ist also eine Kartenskizze der Gegend, die andere zeigt
den Aufschluß mit dem Bodeneis.