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Full text: 49, 1930/1931

16 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 49. Bd. Nr. 5. 
Diese überhängenden Schichten stürzten nach den Spalten ab, die sie durchquerten, so daß die 
heruntergefallenen Massen dreieckige oder keilartige Form besaßen. Nach seiner Ansicht bildeten 
sich dort auf diese Art immer neue Eisschichten. Aber nicht nur aus der Tundra kennt Lopatin ein 
Aufreißen des Bodens in Spalten, sondern auch aus höher gelegenen Gebieten, z. B. aus den Ober 
läufen des Witim. Hier war ein Erdhügel in eine Längs- und Querspalte aufgerissen, in deren Tiefe 
Eis angetroffen wurde, (s. Abb. in 40). 
Bunge machte wichtige ergänzende Beobachtungen an den Frostspalten (9. S. 203 ff). (91. S. 
69 ff., 167 ff., 31 ff). Im Frühjahr sammelt sich das Schneeschmelzwasser in Pfützen und kleinen 
Lachen an und erhält dort eine recht hohe Temperatur durch die Sonnenwirkung. (Im Juni 1886 be 
saß bei + 10 0 C der Luft das Wasser die Temperatur von -f- 16 0 und + 17,6 0 C). Sobald dieses 
warme Schmelzwasser in die Spalten eindringt, gefriert es in dem noch recht abgekühlten Boden. 
Dabei strömt die Luft mit Geräusch gleich einem Sprudel heraus. In dem Moment des Gefrierens 
dehnt das Wasser sich sehr stark aus. Es findet ein Druck auf die Wände der Spalten statt, so daß 
sie auseinandergedrängt werden. Durch diesen Drude werden die ursprünglich horizontal abge 
lagerten Lehm- und Humusschichten zusammengedrückt, so daß sich Falten bilden. Die Oberfläche 
der Tundra erhält dadurch ein zerrissenes Aussehen, als wenn der Boden gepflügt wäre. Der Boden 
beiderseits der Spalten wird in kleinen Wellen aufgewölbt. 
Bunge ist nun der Ansicht, daß „mit der allmählichen Abkühlung' sich das Eis natürlicherweise 
wieder zusammenzieht." Es würde sich infolgedessen zwischen dem Eise und den Wänden der Spal 
ten ein neuer Riß bilden, in welchen wieder Wasser hineinströme; der Prozeß könne sich geraume 
Zeit fortsetzen. Die Wände der Spalten werden in der Tiefe am stärksten auseinandergedrängt, und 
der Spalt wird somit eine in der Tiefe verbreiterte Form annehmen. 
Die mir bekannten Abbildungen, die Bunge von der Janamündung herstellte, lassen aber eine 
Verbreiterung der Eismassen nach der Tiefe hin nicht erkennen. 
Ueber die Beschaffenheit des Eises in den Frostspalten, das Aussehen und die Größe der beob 
achteten Spalten und deren Wachstum gibt Leffingwell in seiner Abhandlung „The Canning River 
Region“ Auskunft. Er unterscheidet zwei Bildungen: die winterlichen frost craicks (FrostspaltenS 1 
und die frühjahrlichen ice wedges (Eiskeile). Der Vorgang der Bildung wurde von Bunge schon 
geschildert, nur ist aus dieser Zweiteilung zu ersehen, daß die ice wedges nicht in allen Frostspalten 
vorzukommen brauchen. (37. S. 203). Manchmal sah er Frostspalten über eine ebene Oberfläche 
laufen, gewöhnlich wurden die Frostspalten von Veränderungen der Oberfläche begleitet. Entweder 
liegen die Spalten in sanften Depressionen, die dann erhöhte Polygonblöcke umgeben oder aber sie 
laufen zwischen parallelen Rücken, die gesenkte Blöcke umgeben. (Tafel XXIX und XXX in 37). Diese 
gesenkten Stellen bilden leicht Ansammlungen kleiner Teiche, so daß der einzige Weg durch die 
„swampy“ Tundra auf diesen Rücken entlang der Frostspalten möglich ist. 
Leffingwell beobachtete Frostspalten von verschiedenster Länge und Größe, von 5 mm bis 3 m 
Weite, die den Tundraboden oft in große Vieleckblöcke zerlegen, deren Durchmesser 16 yards be 
trugen. (57). Die kleinsten Eismassen, die er in den Frostspalten sah. waren 1 Fuß weit. Aber er 
ist der Ansicht, daß es in den eben trockengelegten Gebieten, wo der Prozeß erst beginnt, noch kleinere 
gibt. Diese ersten Eismassen weisen parallele Seiten und flache Scheitel auf. Im Gegensatz zu 
Bunge fand Leffingwell: sobald das P'is an Umfang zunimmt, erhält es mehr die Gestalt von Keilen, 
da das Wachstum an der Spitze am größten ist, weil die Spalte dort am weitesten offen ist. Ferner 
bemerkte er bei größeren Eiskeilen eine Tendenz, sich durch Einschieben zwischen Schichtfugen und 
Schichtlagen unter der Erdoberfläche auszubreiten. Das geschieht manchmal auch in schräger Lage, 
(s. Abb. in 57 und Abb. 8 Tafel 3). 
Das Ende der Eiskeile hat Leffingwell nie beobachten können, da seine Bodeneisfunde an der 
Küste von Alaska am Fuße durch Erdmassen verdeckt wurden. Aber aus cler Größe des sichtbaren 
Profils (mächtigstes Eisprofil 4 m) berechnet er die Gesamthöhe nach dem Ausstreichen der Keile auf 
eine Durchschnittstiefe von 30 Fuß = 9 m. 
Zur Struktur des Eises bemerkte er: ein frischer Schnitt durch einen Eiskeil zeigt weißes Eis 
mit zahlreichen parallelen Streifen noch weißeren Eises, das sehr viele Luftblasen enthält. Manch
	        
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