12 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — Band 49, Nr. 4 — Paul Pummerer und Rudolf Otto Steiner: Höhenwind-
Ventana“ bestieg, die durchschnittlich 14 Seemeilen lief, mußten die Aufstiege zeitlich dichter
gesetzt werden, um die ganze Route gleichartig zu bestecken. Es wurden daher programmäßig
täglich 3 Höhenaufstiege gemacht, entsprechend über den Tag verteilt. In Rio hatte die Schiffs
leitung der „Sierra Ventana“ Kenntnis erhalten von der Absicht der Deutschen Seewarte, an Bord
größerer deutscher Dampfer Pilotstationen einrichten zu wollen. Die Expeditionsteilnehmer
benützten diese Gelegenheit, die beiden zweiten Offiziere der „Sierra Ventana“, die Herren
Wiegers und Eybcn, die großes Interesse zeigten, im Pilotvisieren zu unterweisen. Diese Uebungs-
piloten der Offiziere wurden ebenfalls in die Ergebnisse aufgenommen, sobald sie brauchbare
Resultate lieferten. Dadurch stieg die Zahl der Visierungen an manchen Tagen auf 4 bis 5, von
denen allerdings die geringeren Leistungen wieder ausgemerzt wurden. Auf diese Weise aber
gelang es wohl, den Nachteil, den die Beförderung auf einem größeren Dampfer der gleichmäßigen
Aufstiegstätigkeit bringt, wieder auszugleichen.
Noch in Hamburg während der Liegezeit der „Erfurt“ wurde mit der Aufstellung der Instru
mente begonnen, eine englische Hütte mit dem üblichen Instrumentarium, sowie mit Registrier
instrumenten für Temperatur und relative Feuchtigkeit wurde aufgestellt und noch in der Nordsee
begannen die täglichen Terminablesungen für sämtliche meteorologischen Elemente zu den Zeiten
7, 14 und 21 Uhr mittlerer Ortszeit. Der Barograph wurde auf einer eigens angefertigten dicken
Gummiunterlage aufgestellt, um die Schwankungen des Schiffes nach Möglichkeit zu dämpfen. Stünd
lich wurden Wolkenbeobachtungen gemacht, aber auch außerhalb der Termine betrachtete es die
Forschungsfahrt geradezu als ihre Hauptaufgabe, das Wetter gewissermaßen unter ständiger Kon
trolle zu halten und alle Vorgänge und Veränderungen genau zu notieren, wobei wieder besonders
auf die Sichtverhältnisse Acht gegeben wurde. Die wichtigsten dieser Notizen sind daher auch in
etwas größerem Umfang, als dies sonst geschah, in unser Tagebuch aufgenommen. Auch der
Prüfung der Thermometer-Angaben in der englischen Hütte wurde durch besonders angelegte ein
gehende und systematische Vergleichsmessungen mit dem Aßmann besondere Beachtung geschenkt.
Dieses ganze Programm wurde mit Ausnahme der Terminbeobachtungen um 7,14 und 21 Uhr
auch während des Landaufenthaltes beim Condor-Syndikat in Rio de Janeiro und während der
Liegezeit in Buenos Aires durchgeführt. Auch hier wurden, wenn nicht andere Aufgaben abhielten,
täglich 2 Höhenaufstiege gemacht. Allerdings fielen in Rio de Janeiro die Sonntage aus, da dann
das Bürohaus des Condor-Syndikats geschlossen war. Neu hinzu kam in Rio das aerologische
Höhenprogramm, sowie eine Lehr- und Unterweisungstätigkeit für die Flugzeugführer des Condor-
Syndikats. Es wurde, so oft es anging, die Gelegenheit benutzt, Höhenaufstiege mit den beiden
Wal-Flugbooten, dem „Santos Dumont“ und dem „Bartolomeu de Gusmäo“ zu unternehmen, und
auf Flügen in Rio, sowie besonders auf der Flugexpedition nach Südbrasilien wurden 20 Höhen
temperaturmessungen ausgeführt,von denen 18 gut brauchbare Resultate lieferten. Darüber ist in
der Arbeit in einem besonderen Abschnitt berichtet.
Auf die Flugexpedition nach der südbrasilianischen Küste wurde aber auch Pilotierungsgerät
mitgenommen, um an möglichst vielen Stellen der für das Condor-Syndikat so wichtigen Flug
strecke Rio — Porto Alegre — Rio Grande do Sul Proben der Windströmungen in den Höhen zu
erhalten. Zu diesem Zwecke ging das Expeditionsflugboot, der „Bartolomeu de Gusmäo“, an ver
schiedenen Stellen, so besonders z. B. bei dem als Wetterscheide so bekannten und berüchtigten
Kap St. Martha Grande, nieder und rasch bauten wir unser Gerät an Deck des Flugbootes oder im
Dünensand auf, um einen Pilotballon zu verfolgen. Die Aufstiege Nr. 82 — 88 unserer Serie ent
standen auf diese Weise und sie gehören zu den wichtigsten unserer Resultate. Davon fallen 3
auf den Aufenthalt in Porto Alegre, wo von der Flieger-Insel aus beobachtet wurde. Ein Aufstieg
erfolgte nach der Landung auf der Lagune südlich des brasilianischen Seebads Torres, einer bei
dem schon erwähnten Kap St. Martha Grande, in der Nähe der Stadt Laguna, einer in Floreanopolis
auf einem Steg des Hafens, einer am Landeplatz der Flugzeuge in Santos.