10 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — Band 49, Nr. 4 — Paul Pummerer und, Rudolf Otto Steiner: Höhenwind-
artigen Expedition namentlich in den Tropen ist das Material der Ballone von höchster Bedeutung.
Die 8. Forschungsfahrt war mit einem reich sortierten Lager von Ballonen versehen. Benutzt
wurden nur Gummiballone, für deren Lieferung zum erstenmal in der Geschichte der Forschungs
fahrten die Firma Saul in Aachen mit herangezogen wurde. Es mag hier gleich vorweggenommen
werden, daß die Säuischen Gummiballone sich durchaus, besonders in der Tropenhitze Rios gut
bewährt haben. Entsprechend der jeweiligen Wetterlage wurden bald große Gummiballone von
einem mittleren Gewicht von 275 g (Hersteller Saul, Aachen) oder von 240 g (Continental,
Hannover) benutzt, denen Auftriebe zwischen 300 und 450 m gegeben wurden, bald solche von
mittleren Größen mit einem Gewicht von etwa 80 g und einem Auftriebswert von 150 bis 200 m
pro Minute.
Trotz der großen Temperaturdifferenz — Hamburg bei der Ausfahrt im Winterkleide, Rio
beim Aufenthalt im subtropischen Südsommer — ist die Verlustzahl noch immer gering zu nennen.
Dies wurde durch zweierlei Ding erreicht. Einmal war es uns durch das Entgegenkommen der
Schiffsleitungen möglich, die Ballonvorräte in den Kühlräumen zu lagern. Es brauchte also nur
der jeweilige Tagesbedarf den ungünstigen Temperaturverhältnissen ausgesetzt zu werden.
Wesentlich ungünstiger sah es in dieser Beziehung in Rio de Janeiro aus. ln der kurzen Zeit
erschien es unmöglich, einen Kühlschrank für unsere Zwecke herrichten zu lassen, zumal ja von
uns inmitten der Stadt in den Büroräumen des Condor-Syndikates gearbeitet werden mußte. Die
Ballone mußten infolgedessen auf dem platten Dach des Miethauses bei außergewöhnlich hohen
Strahlungstemperaturen, die wohl immer über 40 Grad lagen, gefüllt und auch von hier beob
achtet werden. Wenn es also undichte Ballone gab, so mußten diese mit aller Vorsicht geflickt
werden. Und hier ist wohl der geeignete Ort, wo wir mit aller Eindringlichkeit auf die
fast nie beachtete Tatsache hinweisen möchten, daß der Ballonflecken nicht bloß auf das Loch
aufgeklebt zu werden braucht — 90 % aller fast prall gefüllter Ballone platzen bei dieser Behandlung
—, sondern daß vor allem darauf geachtet werden muß, daß möglichst wenig Druck in der Reißstelle
liegt. Man wird immer hilfsbereite Hände finden, die durch einfaches Zusammendrücken der
Reißstelle die hier herrschende Spannung vermindern. Man kann dann in aller Ruhe den Flecken
darauf kleben. Dadurch, daß nunmehr ein kontinuierliches Spannungsgefälle von der Reißstelle
nach den übrigen Ballonteilen vorhanden, wird der Ballon wieder dicht bleiben, bis daß eben sein
innerer Ueberdruck die gesamte Hülle sprengt. Gar oft wurde gerade in Rio bei derartig ab
gedichteten Ballonen beim Platzen die Bildung einer Cirruswolke beobachtet; das untrügliche
Zeichen seiner Güte!
Wenn hier noch weiter bei dem Technischen des Aufstiegsbetriebs verweilt werden darf, so
muß gesagt werden, daß neben diesem auch das Beobachtungsinstrument, der Spiegeltheodolit
nach Kuhlbrodt-Wegener, seine stetige Wartung erfordert. Peinlichste Sauberkeit sämtlicher
Linsen und Spiegel wird besonders die Messungen auf hoher See belohnen. Allerdings ist es auf
hoher See auch nötig, des öfteren den Spiegelsextanten zu justieren. Der Sextant wird
in Ordnung sein, wenn das hineingeworfene Kimmbild in jedweder Stellung des
Sextanten normal, das heißt unverzerrt erscheint. Beim Aufsetzen des Spiegelsextanten
auf den Theodoliten ist ebenfalls darauf zu achten, daß die Spiegelbildebene in der Ebene
des Theodoliten liegt. Den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend kann ja dann auch die Kimm
spiegelung verschoben werden. Da aber auch der Beobachtungsort innerhalb des Schiffskörpers
vielfach wechselt, ist es dringendst erforderlich, über die Nulleinstellungen des Theodoliten und des
Sextanten im Bilde zu sein. Gerade bei Schiffsbeobachtungen treten oft komplizierte Schwingungen
auf. Bald wechselt die Kimmtiefe, bald die Höhe der Aufstellung. Wir haben deshalb bei sämt
lichen Aufstiegen neben dem Kimmwinkel auch den Höhenwinkel am Theodoliten selbst abgelesen.
Die größten Differenzen zwischen Kimm- und Höhenwinkelablesung wurden gefunden, wenn der
Theodolit hoch aufgestellt und die Sicht schlecht war. Um einen möglichst genauen Höhenwinkel
heraus zu bekommen, erschien es uns als das Vorteilhafteste, die jeweiligen Winkelablesungen
zu mittein.