J. Georgi — F. Altlgrimm — W. Stöbe: Forschungsreise „Meteor“ nach Island—Grönland 1928. 45
einer ungewöhnlich stabilen Inversionsschicht. Um 17.20 h BZ ist notiert: „Rauch geht achteraus,
E 2 mps, auch Wimpel. Etwa 10 m darüber [etwa 40 m über Wasser] dreht Rauch um 180° und eilt dem
Schiff voraus, etwa 8 mps aus WNW.
Um 22.30 h MEZ (18.30 BZ) ist Kap Farewell erreicht. Bild 22 Taf. 6 gibt die Ansicht von S. Das eigent
liche Kap dürfte der linke Vorsprung im Bilde sein.
Abb. 20 führt den Temperaturverlauf fort bis zum 23. August, so daß seine Erörterung hier vorweg
genommen werden muß.
Während nachts die Inversion fast verschwindet, ist sie am 22. an der Ostküste noch schöner aus
geprägt. Um 07 h BZ wird bei NW 4 die größte Inversion von 6° in einer Höhenschicht von 19 m (27.2 bis
8.5 m) registriert, doch bleibt bis 19 h die Größenordnung der Inversion immer noch gegen 4°. Im Be
obachtungsbuch ist notiert: „Seit 8 h dauernd starke Hebung (muß heißen: Verdoppelung) der Kimm auf
See“. Die Verdoppelung verschwindet in der Richtung von Lande weg. Bild 23 Taf. 7. Im Beobach
tungsbuch ist zu dem helleren Streifen zwischen beiden Kimmen „Dunst“ hinzugeschrieben, da die
doppelte Kimm zuerst wie ein dem Meer auflagernder Dunststreifen erschien. Tatsächlich ist dieser
hellere Streifen ein optischer Effekt, verursacht durch die vom Himmel über der normalen Kimm ein
fallenden Strahlen. Die Küste im Abstand von etwa 20 km zeigt Vertikalverzerrung. Außerdem ist ver
merkt: „Inversion seit 5.40 h , O erst seit 7.30 h “. Später: „Geringe 0 Strahlung, trotz blauen Himmels“.
Wieder folgt das untere Thermometer im ganzen der Wassertemperatur, nur einzelne Zacken sind von
oben her erzwungen (bei 08 h , 12 h , 17 h ). Man vergleiche auch die beiden Pilotaufstiege mit minimaler
Steiggeschwindigkeit Nr. 46 und Nr. 47 am 22. August, 11.31 und 11.49 h MEZ, 07.31 und 07.45 11 BZ,
deren Steigwerte auf S. 57 aufgeführt sind.
Das Phänomen verschwindet um 21 h , um am 23. August zwischen 10 und 21 h zum dritten Male zu
erscheinen, bis der Übergang in das warme Mischwasser des Irmingerstroms am 23. August, 24\ der
Inversion ein Ende bereitet.
Bei dem Mangel an hierfür brauchbaren Vergleichsstationen ist eine synoptische Untersuchung der
Erscheinung nicht durchzuführen. Auch die 24 Pilotaufstiege, die vom 20. bis 23. August in der Nähe
der grönländischen Küste vorliegen, sind für die Entscheidung über die Herkunft der Warmluft kaum zu
verwenden. Subjektive Schätzung der Höhe, in der der Schiffsrauch sich schichtförmig ausbreitete, ergab
etwa 50 m über Wasser. Derartig dünne Schichten von der Größenordnung 50 m werden im Pilotaufstieg
auch bei halbminutlicher Ablesung nicht genau genug erfaßt.
Die Warmluftschicht kann mehrere Quellen haben:
1. Advektion der über dem wärmeren Golfstrom wasser erwärmten Luft. Dieser Fall ist nicht wahr
scheinlich. Einerseits zeigen die Pilotaufstiege diese Strömung nicht, andererseits wäre bei Hinüber
strömen der feuchtwarmen Luft über das flache Kaltluftkissen auch bei laminarer Strömung und von
Hebung abgesehen Ausstrahlung nach unten und damit Bildung eines niedrigen str zu erwarten.
Auch wäre ein systematischer Unterschied zwischen West- und Ostküste wahrscheinlich.
2. Eine zweite Möglichkeit gibt die Absorption der Strahlung an der Inversionsschicht, falls diese
aus einem irgendeinem Grunde einen Staubhorizont bildet. Am 22. während der stärksten Ausbildung
der Inversion wurde, wie schon erwähnt, bei Strahlungsmessung notiert: „Geringe O Strahlung trotz
blauen Himmels“.
3. Eine dritte Ursache kann im Einfluß des kalten Küstenwassers liegen. Besonders wenn, wie hier,
der Kaltwasserstreifen nur etwa 50 smi schmal ist, wird das sich über dem kalten Wasser streifen bildende
stabile Luftkissen den vertikalen Luftaustausch stark einschränken. Während die Lufttemperatur in
50 bis 100 m überwiegend durch Strahlung und horizontalen Luftaustausch, und nur in geringem Maße
durch die Temperatur der Wasseroberfläche bestimmt wird, kehrt sich dieses Verhältnis in der Nähe
des Wassers um, die unteren Luftschichten folgen sehr eng der Wassertemperatur. Diese Verhältnisse
zeigt sehr deutlich die frühere Abb. 15 (S. 36) vom 19. August 1928, 50 sml westlich vom Kap Farewell. Hier
ist der Sprung der Wassertemperatur am schroffststen (4° in 1 Stunde zwischen 16 und 17 h Ortszeit).