16 Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 48. Bei. Nr. 7.
Lokale Ursachen scheiden bei der Erklärung aus, auch ist die Asymmetrie un
abhängig von einer dem Flusse in ne wohnen den Kraft. Nur exogene Kräfte, die
aus bestimmten Himmelsrichtungen einseitig wirken können, dürfen heran
gezogen werden. Jedoch gegen alle Forscher, die in diesem Sinne zu erklären
versuchten, konnten wichtige Ein wände gemacht werden. Abschließend kann gesagt
werden, daß das Problem der Talungleichseitigkeit ebensowenig für die Täler des Erzgebirgsbeckens als
für alle anderen Täler der oben erwähnten Gebiete gelöst ist.
e) Die ungleichseitigen Täler in den Frostbodengebieten Sibiriens.
So ist der Stand der Erklärungen für die Talungleichseitigkeit in der Gegenwart. Es soll nun
untersucht werden, ob die ungleichseitigen Täler des Erzgebirgsbeckens; so entstanden sein können, wie
die Frostbodengerinne mit ungleichseitigem Talprofil, die Schostakowitsch in seiner Arbeit „Der
ewig gefrorene Boden Sibiriens“ erwähnt (96).
In Sibirien ist der Boden tiefgründig gefroren. Im Sommer taut er oberflächlich verschieden stark
auf. Das Auftauen ist aber abhängig von der Sonnenstrahlung, und diese ist für die einzelnen Aus
lagen sehr verschieden. Figur 4 erläutert diese Wirkung an den Hängen eines westöstlichen Tales. Die
Ungleichseitigkeit wird durch die einseitige Erosion des Baches erreicht. Die Bäche der reinen Frost
bodengebiete fließen nur zur Schneeschmelze oder nach sommerlichen Regengüssen, dann allerdings
sehr stark, weil alles Wasser oberflächlich abfließen muß. Vertikal erodieren kann der Bach nicht, weil
der Frostboden von ungewöhnlicher Härte ist; horizontal südwärts auch nicht, weil dort der Boden noch
nicht auf getaut ist. Nur nordwärts an dem nach Süden schauenden Hang kann das fließende Wasser
wirken. Der Bach unterspült ihn, steilt ihn ab und verlegt sein Bett nach Norden. Das Talprofil wird
immer ungleichseitiger. Der Fig. 4 fügt Schostakowitsch nur die Worte bei, die er aus einer Arbeit
K r a s c h e n i n n i k o w s entnimmt:
„Die Asymmetrie der Fhißtäler ist lim so ausgeprägter, je mehr das Tal sieh zur Breitenrichtung orientiert.
Sie wird um so kleiner, je «lehr die Talriehtnng sieh der Nordsüdrlohtiiög nähert oder in solchen Fällen, in denen
das Tal breit ist oder schließlich, wenn die Wasserscheiden den Höhen, die es begrenzen, niedrig sind.“
YI. Spuren der Solifluktion im Erzgebirgsbecken.
Im Erzgebirgsbecken gibt es keinen Frostboden. Aber möglich ist, daß er in den Zeiten bestanden
hat, als die skandinavischen Eismassen wiederholt Norddeutschland überfluteten und das Erzgebirgs
becken größtenteils dem unvereisten Vorlande angehörte. Kaltgebiete besitzen ihre eigenen Kräfte, die
die Landschaft auch in eigener Weise ausgestalten. Das Erzgebirgsbecken muß noch manche Formen
besitzen, die auf diese Zeiten zurückweisen.
Der Lößlehm der flachen Hänge gewinnt mit Annäherung an die Talsohle erheblich an Mächtigkeit.
Bisher nahm man an, daß diese Lehmmassen von den Höhen herabgeschwemmt worden wären. Die
flachen Talgehänge sind aber jetzt unter natürlichen Verhältnissen von einer dichten Pflanzendecke ge
schützt, so daß die flächenhafte Wirkung auch der stärksten Regengüsse verschwindend gering ist. Das
Wasser versickert schnell. Mit verhältnismäßig wenigen Sinkstoffen beladen tritt es in tiefen Kerb
schluchten wieder aus und läuft auf dem kürzesten Wege dem Tale zu. Die Lößlehm decke wird
gerade jetzt von den in engen Schluchten sich sammeln den Regen wässern zer
schnitten.
Wichtige Aufschlüsse über die Bildung des Gehängelehmes gibt eine Ziegeleigrube der Stadt Crim
mitschau am Eingang des Rudelswalder Tales. Der Lehm ist dort 6—8 m aufgeschlossen. Stellenweise
ist er von faustgroßen, eckigen Gesteinstrümmern durchsetzt. Etwa 150—200 m den 7° steilen Hang