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Full text: 48, 1929/1930

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 48. Bd. Nr. 7. 
Wasser in einem Fluß bewegt sich nach dem Gesetz des Falls auf schiefer Ebene. Beschleunigend wirkt 
nur die Komponente der Schwerkraft, die parallel zum Bett angreift. Diese ist zu berechnen und kann 
mit der ebenfalls zu berechnenden Rechtsablenkung verglichen werden. So ist der Einfluß der Erd 
rotation bei der unteren Schwarza */«?, bei der Wolga aber des Gefälles. Die Wirkung des Baerschen 
Gesetzes ist deshalb bei Strömen von recht kleinem Gefälle sehr bedeutend, aber bei Gebirgsflüssen ver 
schwindend gering. Das untere Schwarzatal hat ein Gefälle von 5 m auf 1 km. Die ungleichseitigen 
Täler im Erzgebirgsbecken besitzen ein Durchschnittsgefälle von 20 m auf 1 km. Die Kraft ist hier noch 
viel geringer als bei der unteren Schwarza. Mit dem Baerschen Gesetz dürften demnach die ungleich 
seitigen Täler mit starkem Gefälle nicht zu erklären sein. 
b) Das Hilbersclie Gesetz. 
H i 1 b e r (38—42) kennt aus eigener Anschauung die ungleichseitigen Täler Podoliens und entdeckte 
später ähnliche Tal Verhältnisse im Steierschen Bergland südlich von Graz. Er geht in seinem Erklärungs 
versuch von einem Hauptfluß mit Scharen paralleler Nebenflüsse aus. 
„In der Hegel folgen hauptflußabwärts immer tiefer eingesciinittene Seitentäler aufeinander, weil die Mündungs 
stellen entsprechend der Erniedrigung- des Hanptflußniveaus immer tiefer liegen. Jeder Bücken zwischen zwei Neben 
flüssen wird von zwei Seiten angegriffen, von der Seite des hauptfiußaufwärtsliegendeu und von der Seite des 
hauptflußabwärtsliegenden Grenztales. Das tiefere Niveau des letzteren bedingt eine stärkere Abschwemmung dev 
ihm zugekehrten Seite des Rückens durch das Regenwasser und deshalb eine Ermäßigung der Böschung.“ 
Diese Erklärung wird allgemein als das „Hilbersclie Gesetz“ bezeichnet. Das beweist, daß es für 
viele Autoren absolute Geltung hat. Teilweise ist es von Solch (103) und Smolenski (101) 
angenommen worden. Jedoch für Täler, die sich dem Gesetze nicht unterordnen wollen, müssen beide 
bereits andere Erklärungen in Anspruch nehmen. Auch die Täler des Erzgebirgsbeckens, behauptet 
Hilber, ließen sich am besten nach diesem Gesetz erklären (40). Schon 1894 mußte es E. Zimmermann 
(124) für dieses Gebiet ablehnen, da es keine Rücksichten auf Himmelsrichtungen nimmt. Daß eine 
Beziehung der Talungleichseitigkeit zur Himmelsrichtung, hier wie in allen anderen Gebieten Mittel 
europas, besteht, ist unleugbar. Außerdem senkt sich von Nebental zu Nebental der Hauptfluß durch 
aus nicht um so viel, daß dies in dem Maße zur Geltung kommen könnte. Wie tief ein Nebenfluß 
eingeschnitten ist, richtet sich nicht immer nach seiner Lage zum Hauptfluß. Häufig ist bei benachbarten 
Tälern in gleichen Abständen vom Haupttal das hauptflußaufwärtsliegende Tal tiefer eingeschnitten als 
das hauptflußabwärtsliegende Tal. Trotzdem bleibt die Ungleichseitigkeit unverändert. Ferner übersieht 
Hilber folgende wichtige Tatsache. Er läßt die Bearbeitung der Gehänge durch die Regenwässer 
geschehen, nicht durch die seitliche Erosion des Flusses oder Baches. Das widerspricht der Beobachtung. 
Unter den Lößablagerungen des flachen Hanges liegen Schotter, die sich stetig oder terrassenförmig 
nach der Talsohle zu senken. Der Schluß dürfte nicht zu widerlegen sein, daß diese Terrassen alte 
Flußbetten sind; da sie alle einseitig liegen, können sie nur durch einseitige Seitenerosion verlassen 
worden sein. Das sogenannte „Hilbersche Gesetz“ ist auf keinen Fall für die Täler des Erz- 
gebirgsbeckens anz uw enden. 
c) Tektonische Erklärungen. 
Bergrat Hermann Credner (8) brachte 1876 die ungleichseitigen Täler in Zusammenhang mit 
den noch andauernden Erdbeben des Vogtlandes. Die Tatsache der Erdbeben bewiese, so meint er, daß 
sich der Erzgebirgshauptsattel noch erhebe. Das nördliche Vorland erführe noch jetzt eine Schräg- 
stellung. Die Wasserteilchen der westöstlichen Bäche, die parallel zum Hauptsattel fließen, würden 
noch jetzt nach Norden abgedrängt und ließen durch Unterspülen die Taleinseitigkeit entstehen. Dem 
widerspricht aber, daß nordsüdliche Täler, die senkrecht zur Erhebungsachse laufen, zum Teil noch ein
	        
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