Walter Knoche: Der „Austrocknungswert“ als klimatischer Faktor.
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der Beobachtungen, physikalisch kaum zulässige und nicht vergleichbare Resultate gibt. Doch muß
man sich vergegenwärtigen, daß in der Sonne eine beträchtliche Steigerung der Haut
temperatur eintritt, eine Steigerung, die nach Breite, Höhe über dem Meere, Tageszeit usw.
verschieden sein wird, daß dementsprechend ein beträchtlicher Unterschied
zwischen dem Austrocknungswert im Schatten und in der Sonne besteht (vergl.
Tabellen 4 und 5). Die bioklimatischen Austrocknungswerte bei Strahlung würden, da sie Maximal
werte darstellen, besondei-s interessant und bezeichnend sein (33).
Bestimmung der geoklimatischen Oberflächentemperatur.
Um den geoklimatischen Austrocknungswert zu berechnen, der für gewisse geomorphologische
und andere Fragen von nicht geringer Bedeutung ist, müssen wir zunächst die entsprechende Ober
flächentemperatur festsetzen. Hier können wir nur unter starken Einschränkungen einen einzigen Wert
annehmen, indem wir nämlich die Gegenstände im Schatten betrachten und eine Oberflächentemperatur
voraussetzen, welche der Lufttemperatur gleich ist (34). Zu unterscheiden sind im Windschutz befind
liche und dem Wind ausgesetzte Objekte.
Es wäre wichtig, den geoklimatischen Austrocknungswert auch unter den Bedingungen der Sonnen
strahlung bestimmen zu können. Dieses ist in gewissem Sinne für den geoklimatischen Austrocknungs
wert noch bedeutungsvoller als für den biologischen, da für die Geomorphologie der Unterschied zwi
schen Sonne und Schatten erheblicher ist. Während die Hauttemperatur auch bei Strahlung und großer
Trockenheit gewisse Werte kaum überschreitet, kann der Boden, Stein oder Sand, Temperaturen von
80° erreichen. Unter diesen Umständen wird der Austrocknungswert in der Sonne ein Vielfaches des
Austrocknungswertes im Schatten sein. Bei Windstille und gleichem Wassei'dampfgehalt kann zum
Beispiel der Austrocknungswert bei 70° Oberflächentemperatur in der Sonne ein 40mal höherer sein als
bei 30° im Schatten (35).
Wäre der Unterschied zwischen den Angaben der einzelnen Schwarzkugelthermometer nach Instru
ment und Aufstellung nicht gar zu groß, so könnte man gerade zur Bestimmung der geoklimatischen
Austrocknungswerte versucht sein, sich ihrer gelegentlich zu bedienen (36).
Tabelle 1 (S. 10) zeigt das Verhältnis der geo- und bioklimatischen Austrocknungswerte bei be
stimmten Lufttemperaturen und Feuchtigkeiten.
In der ersten Reihe findet sich die Lufttemperatur t (° C), in der zweiten der Dampfdruck e (mm)
bei dieser Temperatur von seinem Sättigungswert bis zu 0 mm, in der dritten Reihe die relative Feuch
tigkeit R (%) in Wei-ten zwischen 100% und 0%, in der vierten das Sättigungsdefizit 0,262 (E t —e),
wobei E t die maximale Dampfspannung bei der Oberflächentemperatur t (an dieser Stelle hypothetisch
gleich der Lufttemperatur t) bedeutet; 0,262 ist ein konstanter Faktor, um eine Vergleichbarkeit dieser
Differenz (E t — e) aus der ursprünglichen Verdunstungsformel nach Dalton mit dem Faktor
edt
aus der Formel nach B i g e 1 o w (37) herzustellen; dieser letztere Wert findet sich in der 5. Reihe, die
sechste enthält die Hauttemperatur (bei Windstille) P c , die nach der Vincentschen Formel der entspre
chenden Lufttemperatur gemäß berechnet wurde; in der siebenten Reihe steht der entspi’echende Ver
dunstungsfaktor nach der Bigelowschen Formel, in dem E p sich, wie vorausgesetzt, auf die maximale
Dampfspannung in ihrem Verhältnis zur Hauttemperatur bezieht.