Dr. B. S c h « 1 z: Die period. und unperiod. Schwankungen des Mittelwasserstandes an der flandrischen Küste. 5
Das Null der 1915 in Ostende und Zeebrügge neu eingerichteten Lattenpegel wie auch der Selbst
schreibpegel wurde mit dem Null der nächsten Vorgefundenen älteren Pegel in Übereinstimmung ge
bracht, also mit dem Null des Nivellement du département des ponts et chaussées. Nachdem aber 1916
bei einer von der Vermessungsabteilung des Marinekorps neu durchgeführten Vermessung der Küste
allen Höhenangaben das Null des Nivellement du dépôt de la guerre zugrunde gelegt war, wurden die
beiden Pegel ebenfalls auf dieses als „ArmeenuU“ bezeichnete Null gebracht. Dazu muhte der Ostender
Pegel 12 cm, der Zeebrügger 15 cm höher gesetzt werden. Nachprüfungen im Mai 1917 und im Sep
tember 1918 ergaben, daß die Lage der Nullpunkte unverändert geblieben war.
Alle Angaben über Wasserstandshöhen in dieser Arbeit beziehen sich auf das Null des Nivellement
du dépôt de la guerre.
Nach Bovie liegt das Mittelwasser von Ostende 2.012 m über der Nullfläche des Nivellement du
dépôt de la guerre und nach Börsclr’) 0.224 m unter Mittelwasser in Amsterdam. Da sich dieses 0.165 m
unter dem preußischen Normalnull befindet 3 ), ist das Null des Nivellement du dépôt de la guerre 2.401 m
unter N. N.
Als Zeit wurde während des ganzen Beobachtungszeitraumes die mitteleuropäische Zeit gewählt.
Erwähnt sei, daß der Stand der Uhren und die Höheneinstellung der Selbstschreibpegel durch
tägliche Nachprüfung sorgfältig überwacht wurden.
An W i n d angaben konnten für die erste Zeit über den ganzen Tag in 3- bis 4stiindigem Abstande
verteilte Beobachtungen der Windrichtung und -stärke des Ostender Observatoriums benutzt werden.
Für die Zeit vom 1. August 1916 ab liegen die Aufzeichnungen eines Fueß’schen Anemographen vor,
dessen Schalenkreuz bis zum 30. Oktober 1917 in Ostende neben dem Turm der dortigen Navigations
schule in freier Lage angebracht war, von da ab in Blankenberghe in freier Lage über der Häuserreihe
am Strande, 14'A km in ostnordöstlicher Richtung von dem Aufstellungsort in Ostende entfernt. Aus
den Aufzeichnungen des Anemographen wurden auf dem Observatorium fortlaufend die stündlichen
Windmittel abgeleitet. Diese sind für die folgenden Betrachtungen benutzt worden.
2. Methode der Bearbeitung.
Zur Lösung der Frage der Abhängigkeit des Wasserstandes von Wind und Luftdruck ist bisher
im Nordseegebiet meist die Abhängigkeit der Differenz zwischen den beobachteten und den voraus
berechneten Hochwasserhöhen (B.-R.) von Windrichtung und -stärke untersucht worden 4 ). Dies setzt
voraus, daß die vorhandenen Vorausberechnungen so genau sind, daß den Differenzen zwischen beob
achteten und vorausberechneten Hochwasserhöhen kosmische Ursachen nicht mehr zugrunde liegen,
sondern sie allein vom Einfluß des Windes und Luftdrucks herrühren. Dies ist z. B. für Wilhelmshaven
nach den Untersuchungen Leverkincks der Fall. Für'diesen Ort stehen sehr sorgfältig durch
gearbeitete Grundlagen zur Verfügung, indem für die seit 1895 nach der Lubbockschen Methode durch
geführten Vorausberechnungen neuerdings aus einer siebenjährigen Beobachtungsreihe (1903 -1909)
hergeleitete Konstanten benutzt werden 5 ). Leverkinek konnte feststellen, daß, wenn von den unperio
dischen Einflüssen des Luftdrucks und Windes abgesehen wird, die Genauigkeit der Vorausberechnung
kaum zu erhöhen und der Unterschied zwischen der beobachteten und der vorausberechneten Hoch
wasserhöhe als tatsächlich frei von irgendwelchen astronomischen und aus der lokalen Gestaltung der
Gezeitenwelle herrührenden Einflüssen zu betrachten ist.
a ) A. Börsch, Vergleichung der Mittelwasser und der Nullpunkte iür die Höhe. Verhandlungen der X. allgem.
Konferenz der intern. Erdmessung in Brüssel 1892. Berlin 1893.
3 ) Nach Mitteilung des Geodätischen Instituts vom 5. 8. 1916.
*) Leverkink, Über den Einfluß des Windes auf die Gezeiten unter besonderer Berücksichtigung Wilhelms
havens und der Deutschen Bucht. Veröff. d. Observatoriums in Wilhelmshaven. Berlin 1915. S. 9 ff. und die daselbst
angegebene Literatur.
5 ) Gezeitentafeln 1918. Berlin 1917. S. IX.