Dr. B. Schulz: Die period. und nuperiod. Schwankungen des Mittelwasserstandes an der flandrischen Küste. 17
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a) Beispiel für eine Verspätung der Windwirkung von 3 Stunden.
Tiefausläufer lagert über der mittleren Nordsee.
Während des 25. Oktobers 1916 herrschten über der flandrischen Küste OSO- bis SSO-Winde,
da sie sich an der Vorderseite eines Tiefs befand. Von diesem aus streckte sich bis zum 25. Oktober
morgens nördlich der flandrischen Küste ein Tiefausläufer bis nach Mitteldeutschland vor, wodurch an
der flandrischen Küste der Wind rechts drehte, ohne die Stärke der vorherigen SO-Winde ganz zu
erreichen. Diese Wetterlage blieb bis zum Abend unverändert (vergl. Figur 3 a). Bis zum Morgen des
27. Oktober war der Tiefausläufer nach Norden bis Jütland vorgedrungen und der Wind hatte an der
flandrischen Küste wieder bis SO zurückgedreht.
Fig. 8.
Der Wasserstand ist zunächst unter Einfluß der SO-Winde sehr niedrig und bleibt auch beim
Drehen nach S und SSW noch unverändert (vgl. Taf. 1 Nr. 2). Etwa 2 X A Stunden nach Einsetzen der WSW -
und W-Winde beginnt der mittlere Wasserstand zu steigen und erreicht etwa 3 Stunden nach dem Zeit
punkt, in dem die aufstauenden W-Winde im Windmittel beginnen zurückzutreten, seinen höchsten Stand.
Je mehr weiterhin die SSO- und SO-Winde während der Doppeltidenzeiträume hervortreten, desto nie
driger wird der Wasserstand. Etwa 2'A Stunden, nachdem die W-Winde aus dem Doppeltidenzeit
raum ganz verschwunden sind, zeigt die Mittelwasserkurve ein deutlich erkennbares stärkeres Fallen
so daß jedenfalls während dieser Wetterlage der Einfluß des Windes auf den Wasserstand etwa nach
2'A bis 3 Stunden bemerkbar ist. Der aus diesem Beispiel gewonnene Wert verdient besondere Beach
tung, weil ganz überwiegend nur der Wind vor der flandrischen Küste für den Wasserstand in Betracht
kommen, da im Nordseegebiet nördlich der Hoofden, in der Zone geringsten Luftdrucks, nur schwache
Luftbewegung geherrscht haben wird, worauf am Vormittag des 26. Oktobers die in Helder beobachtete
Windstille deutet und am Nachmittag und Abend die schwachen Winde in der Deutschen Bucht. Auch
in der nördlichen Nordsee haben, w T ie die Küstenbeobachtungen erkennen lassen und nach der Größe
der Luftdruckgradienten auch zu vermuten ist, höchstens mäßige Winde geherrscht. Die Fernwirkung
aus der übrigen Nordsee wird somit auf den Wasserstand keinen nennenswerten Einfluß gehabt haben
und man wird als Phasenverschiebung der Wasserstandsänderung gegenüber dem lokalen Winde
einen Zeitraum von etwa 3 Stunden annehmen können.
b) Ebenfalls Verzögerung der Windwirkung von etwa 3 Stunden;
auf Zugstraße II vorüberziehendes Tief.
Das am 1. und 2. Dezember 1917 nördlich England in Richtung nach Stockholm vorüberziehende
Tief ruft bei von Süd nach Nordwest drehenden Winden die höchsten in dem betrachteten Zeitraum
überhaupt auftretenden Wasserstände hervor. Diese Wetterlage verdient deshalb besonderes Interesse.