Dr. W. Peppier: Die Beobachtungen der Marinedrachenstationen Breedene/Meer und St. Michel 1915—1918. 31
böigem Wetter war oit die Hörbarkeit des Trommelfeuers an der Flandernfront stark geschwächt und
ich erinnere mich an einige Fälle, wo das Trommelfeuer von Nieuport- und Ypern in Breedene fast über
hört werden konnte. Auch bei Fliegerbeschießungen konnte man beobachten, daß bei böigem Wetter
der Geschoßknall von oben stark geschwächt unten ankam, nicht zu vergessen, die eigentümlich inter
mittierende Hörbarkeit des Propellergeräusches bei stürmischem Wetter.
Es soll hier nur kurz auf die den Verlauf der Schallstrahlen bestimmenden Faktoren eingegangen
werden. Es sei nur erwähnt, daß die Schallstrahlen zu den Schichten mit tieferer Temperatur hingebeugt
werden, bei Bodeninversion gelangen also besonders Schallstrahlen zur Erde zurück, die normalerweise
sich im Raume verlieren würden. Die Tragweite hängt natürlich von der Windrichtung ab. Das Ver
hältnis der Tragweiten mit und gegen den Wind ist ebenfalls ca. 4 :1; viel größer dürfte es kaum werden,
da bei einer gewissen Windgeschwindigkeit auch die Schallausbreitung in der Windrichtung wesentlich
geringer wird (bei Sturm),
Stokes 1 ) hat gezeigt, daß infolge 1 der Windzunahme mit der Höhe über dem Boden, die
Schallwellen ungefähr die Gestalt einer flachen Ellipse annehmen. Die Schallstrahlen gehen mit dem
Winde nach unten, gegen ihn nach oben, und es muß, wie Versuche zeigten, in der Windrichtung
weniger ausmaohen, ob man das Ohr direkt am Boden oder höher hält, als in anderen Richtungen.
• Die Hörbarkeit wird ferner wesentlich durch die Änderung des Windes mit der Höhe beeinflußt,
und zwar werden bei Windzunahme die Schallstrahlen in der Windrichtung nach unten gebogen und
umgekehrt. Diese beiden Faktoren, Temperatur und Wind, liefern bei der Mannigfaltigkeit der
Schichtungen in der freien Atmosphäre bereits eine große Zahl von Variationen der Hörbarkeit. Diese
Faktoren möchte ich bei folgenden Erörterungen ganz außer Acht lassen und nur den Einfluß der
Turbulenz betrachten. Bei der besseren Hörbarkeit des Schalles nachts und im Winter bei
Frostwetter, ist die Ursache teilweise die Temperaturinversion, teilweise aber auch die Struktur der Luft.
Die Konvektionsströme am Tage und im Sommer schwächen die Schallenergie. Ebenso werden allgemein
böige Luftschichten als akustisch trübe Medien anzusehen sein, besonders die turbulente Bodenschicht
bis 200—300 m Höhe. Die Tragweite des Schalles ist parallel zur Erdoberfläche dann geringer als nach
oben. Diese Verhältnisse könnten gut von zwei benachbarten Funkentürmen untersucht werden, indem
man die Schallenergie oben und unten mißt. Im allgemeinen wird die Tragweite des Schalles infolge der
Energiezerstreuung durch die Turbulenz der Luft direkt proportional der Böigkeit des Windes sein 2 ).
Je nach der vertikalen Schichtung der Turbulenz, kann die Hörbarkeit des Schalles modifiziert
werde. Ich betrachte zwei extreme Fälle:
I. Turbulente Bodenschicht, darüber ruhige Strömung.
Diejenigen Schallstrahlen, welche zur Hauptsache in der turbulenten Bodenschicht verlaufen,
werden eher ausgelöscht sein, als die unter einem größeren Winkel nach oben austretenden und in den
ruhigeren oberen Schichten verlaufenden. Es wird außerdem ein Grenzwinkel für die ausgehenden
Strahlen vorhanden sein, bei dessen Überschreitung keine Schallstrahlen mehr zur Erde • zurückgebeugt
werden können. Dadurch wird schließlich ein bestimmter Sektor von Strahlen übrig bleiben, und zwar
diejenigen, welche unter einem möglichst flachen Winkel zur Erdoberfläche austreten und doch noch, zur
Hauptsache oberhalb der Turbulenzschicht verlaufen. Diese Strahlen werden in größerer Entfernung
eine ringförmige Zone der Hörbarkeit bilden können.
1 ) Winkelmann, Handbuch der Physik, Bd. III.
2 ) Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles wird in böiger, dieselbe wie in ruhiger Luft sein, unter sonst gleichen
Bedingungen; sie ist bekanntlich auch unabhängig vom Druck.