Dr. W. Peppier: Die Beobachtungen der Marinedrachenstationen Breedene/Meer und St. Michel 1915—1918. 13
Grenze verschiedener Erwärmung der Luftmassen ein Knick in den Druckflächen zustande kommen kann.
In ähnlichem Sinne wirkt auch die plötzlich veränderte Reibung der Luftinassen an der Küste.
Die Figur 1 zeigt gut, daß an den Seewindtagen der Wind
im Laufe von 24 Stunden eine ganze Drehung im Sinne des
Uhrzeigers um 360° ausführt, von SE am Morgen über W
nach E am Abend. Das Kentern der Land- zur Seerichtung
(S nach N) tritt im Mittel zwischen 9a und 12a ein, hier in
den Mittelwerten allmählich, im einzelnen Falle viel plötz
licher, oder doch im Verlauf von 10—20 Minuten. Die
Richtung des eigentlichen Seewindes ist an
fangs N, später m e h r NNE — NE.
Der tägliche Temperaturgang an Seewindtagen.
Es wurde bereits früher an einzelnen Thermogrammen gezeigt, daß auch an der flandrischen
Küste der Seewind den täglichen Temperatur gang ähnlich modifiziert wie an tropischen Küsten. Er
bewirkt im Thermogramm eine Depression zur Zeit seines Eintreffens und seiner Herrschaft, sodaß oft
das Hauptmaximum der Temperatur am Vormittag, mitunter schon um 9a, oder auch erst nach dem
Abflauen der Brise gegen Abend eintritt.
Figur 2 zeigt, wie sich dies im Mittel aller Seewindtage
verhält. Sie ist entstanden aus der Bearbeitung der Thermo-
gramme von Seewindtagen. Das Temperaturminimum tritt
um 3—4a ein, im Mittel der benutzten Tage noch vor Sonnen
aufgang. Von 4a bis 9a nimmt die Temperatur sehr rasch
zu, eine charakteristische Vorbedingung zur Ausbildung des
Seewindes. Die stündliche Zunahme beträgt zwischen 4 und
8a ca. 1.8° C. Um 9a, zur Zeit, wo im Mittel dieser Tage der
Seewind einsetzt, wird das Temperaturmaximum erreicht,
von da nimmt die Temperatur sogar langsam ab bis 6p,
darauf rascher. In den einzelnen Fällen sind häufig
2 Maxima zu beobachten, eines zur Zeit des Einsetzens des
Seewindes, ein zweites nach seinem Abflauen am späten
Nachmittag. In vielen Fällen bewirkt das Eintreffen des Seewindes einen schroffen Temperatursturz von
3—4° in wenigen Minuten. Den Betrag der durch den Seewind im Mittel bewirkten Temperaturdepression
am Tage kann man an der Hand der gestrichelten Kurve der — hier problematischen — reinen Periode
abschätzen. Die Depression beträgt danach ca. 2°. Der Einfluß des Seewindes auf die Temperatur
an solchen Tagen ist daher ganz erheblich. 1 ) Später wird bei der Bearbeitung der täglichen Temperatur
periode auch nachgewiesen werden, daß der Seewindeinfluß auch in den Monatsmitteln der warmen Jahres
zeit beim täglichen Gang stark hervortritt, 2 ) Bei der Lage der Drachenstation direkt hinter den Dünen
ist dies verständlich. In Brügge ist kein Einfluß mehr nachweisbar.
Leider besaß die Drachenstation kein registrierendes Hygrometer, um den täglichen Gang der
Feuchtigkeit ableiten zu können.
Es ergibt sich aber aus der Beobachtung der Drachenaufstiege an Seewindtagen, daß der täg
liche Gang der relativen Feuchtigkeit ungefähr der umgekehrte der Temperatur sein wird. Die
relative Feuchtigkeit ist um Mittag nur wenig geringer als morgens; es ist ja auch nicht einzusehen,
daß der Seewind nicht feucht sein sollte.
*) Da die tägliche Temperaturperiode über der See sicher höchstens 3° Amplitude hat, so kann man schätzen, daß vor Eintreffen des
Seewindes, also mn ca. 8a bereits eine Temperaturdifferenz von ca. 3° in den unteren Luftschichten über Land und Meer besteht.
ä l Anmerk, bei der Korr. Bereits erschienen in Aun. d. Hvdr. 1921. S. 65—69.
Fig. 2.
Tägl. Temperaturgang an typischen Seewindtagen