18 Aerologische u. Hydrographische Beobachtung, d. deutsch. Harinestat. während der Kriegszeit 1914—1918. — Heit 3.
die Mittel nicht wesentlich beeinflußt sind. Gegen Lindenberg werden die Werte von Breedene viel
leicht noch etwas zu kleine Windgeschwindigkeiten liefern, da die Pilotmethode als Schönwettermethode
die geringeren Windgeschwindigkeiten bevorzugt.
Trotz dieser Bedenken glaube ich, daß die ev. hervortretenden Differenzen beider Beobachtungs
reihen ein Maß liefern für die charakteristischen Unterschiede für die freie Atmosphäre über dem
Kontinent und der Küste. Es dürfte dies überhaupt der erste Vergleich von zwei gleichzeitigen Beobach
tungsreihen sein, worauf sonderbarerweise bei früheren Untersuchungen niemals Wert gelegt worden ist.
Um einen Überblick zu haben über die Größenordnung der Abweichungen der ein
zelnen Jahresmittel voneinander, habe ich für Lindenberg die Mittelwertezusammen
gestellt. Es sind Mittelwerte aus Nachmittagsaufstiegen (ca. 2—3 p), da bei den Morgenaufstiegen der
Termin nicht immer eingehalten worden ist.
In dieser kurzen 6jährigen Reihe ist die Schwan
kung oben doppelt so groß, wie am Boden (2 ms).
Bei nichtkorrespondierenden Jahresmitteln zweier
Stationen würde man also Differenzen von 2 ms als
mögliche einzuschätzen haben. Dabei bleibe es da
hingestellt, mit welchem Betrage die wirklichen Än
derungen von Jahr zu Jahr, mit welchem die Fehler
der Beobachtungsmethode eingehen. —
Bedenklich ist, wie bei allen Windmessungen, der
Vergleich der Boden werte: Der Linden-
berger Anemograph registriert auf dem Dach des
Windenhauses, das auf dem Rücken des Aufstiegsberges völlig frei gelegen ist. * 2 ) Hellmann weist
darauf hin, daß die mittlere Windgeschwindigkeit in Lindenberg auffallend hoch ist gegenüber Nauen
und Potsdam. Während die Lindenberger Werte ca. 8 m über dem Boden, resp. ca. 38 m über der
weiteren Umgebung gemessen sind, sind die Breedener Beobachtungen mit einem Fueß’schen Hand
anemometer oder einem Anemotachometer von Morell in 3 m Höhe frei über der völlig ebenen, kahlen
Weide, die als Aufstiegsplatz diente, ca. 400 m hinter den ca. 20—26 m hohen Dünenzügen angestellt. Das
Gemeinsame ist also an beiden Stationen nur die völlig freie Lage gegenüber der Umgebung, aber es
ist schwer zu sagen, um welchen Betrag die in 8 m über dem Boden gemessenen Windwerte zu erhöhen
sind, um sie mit Lindenberg vergleichen zu können. Auch die Registrierungen des Anemographen in
Ostende in 30 m Höhe über dem Boden können diese Schwierigkeiten nicht beheben, worauf ich später
noch zurückkommen werde.
Berücksichtigt man, daß in der untersten 50 m Höhe über dem Boden die Zunahme der Wind
geschwindigkeit besonders groß ist, so werden die in nur 3 m Höhe über dem Boden gemessenen Wind-
werte von Breedene gegenüber Lindenberg sicher zu klein sein. Es erübrigt sich, noch weitere Speku
lationen anzuführen, da das Problem mir unlösbar erscheint, die Bodenmessungen durch irgendwelche
Korrektionen auf einander zu reduzieren. Da es sich hier vorzüglich um eine Bearbeitung der aero-
logischen Beobachtungen handelt, sei von der untersten Bodenschicht abgesehen.
Die neueren gründlichen Untersuchungen über die Windverhältnisse der untersten Schichten, von
Koppen auf dem Eilveser und Hellmann auf dem Nauener Funkenturm, werden später noch her
angezogen. Es mögen nur die in Tabelle 5 zusammengestellten Werte der beiden Stationen diskutiert
werden. Es sei noch bemerkt, daß bei beiden die Differenzenmethode benutzt ist, andernfalls wäre ein
Vergleich unmöglich, da die direkte Methode mit zunehmender Höhe zu geringe Geschwindigkeiten
liefert.
Tabelle 4. Lindenberg. 1 )
(Jahresmittel der Windgeschwindigkeit. 2—3 p.)
Höhe in ni
122
500
1000
1500
2000
2500
1911
6.3
9.2
9.8
10.3
11.0
11.4
1912
6.3
9.1
9.3
9.6
9.8
10.1
1913
6.2
8.9
9.2
9.4
9.6
9.9
1914
5.9
8.2
8.4
8.6
9.0
9.3
1915
5.3
8.6
8.6
8.9
9.2
9.7
1916
5.8
9.2
9.5
9.7
10.0
10.5
Mittel
6.0
8.9
9.1
9.4
9.8
10.1
Differenz (Max. Min.)
1.0
1.0
1.4
1.7
2.0
2.1
*) Ans den Bindenberger Jahrbüchern, teilweise berechnet von A. Coyin.
2 ) Der Berg war früher völlig kahl, hat sich aber in den letzten Jahren stark mit halbwüchsigen Birken und Gestrüpp
bedeckt, die die Registrierungsbedingungen allmählich verändern.