Dr. W. Peppier: Die Beobachtangen der Marinedrachenstationeu Breedene/Meer und St. Michel in d. Jahr. 1915—1918.
nautischen Observatoriums erlangt hat, gerade durch die ins Einzelste gehende Darstellung der aero-
logischen Technik. Das Buch hat vielen Formationen, die sich mit der Drachentechnik beschäftigten,
unschätzbare Dienste geleistet, und so war mittelbar das Lindenberger Observatorium geradezu
die Lehrmeisterin der Kriegsaerologie. Dadurch hat sich Richard Aßmann um die praktische An
wendung unserer Wissenschaft im Kriege große Verdienste erworben.
Nach dieser kleinen Abschweifung lasse ich noch eine Beschreibung des von H. John gebauten
Anemoindikators folgen, die zeigt, mit welch einfachen Mitteln ein derartiger Apparat gebaut werden kann.
Um bei dem Nachtdienste eine möglichst bequeme Überwachung des Windes durchführen zu
können, wurde auf dem neben der Drachenstation gelegenen Hause in einer Höhe von etwa 20 m ein
Anemoindikator aufgestellt. Da die Beschaffung neuer Instrumente mit Schwierigkeiten verbunden
war, wurde ein altes, kräftiges Schalenkreuzanemometer von Fließ mit einer elektrischen Kontaktein
richtung an einem der Räder des Zählwerkes versehen und auf einer Grundplatte montiert, die ihrer
seits vermittels eines Flansches mit einem Gasrohr-Maste verschraubt wurde. Von der Grundplatte aus
liefen vier entsprechend gebogene Stützen aus Rundeisen über das Schalenkreuz hinweg und vereinigten
sich über diesem wieder in einer kleinen kreisförmigen Platte. Hierauf war eine Platte aus Vulkan
fiber verschraubt, die im Kreise angeordnet 8 Kontakte aus Messingblech trug, sowie in der Mitte das
Spurlager aus Bronze für die in eine Spitze auslaufende vertikale Achse der Windfahne, woran ein
Schleifkontakt angebracht war. Die gut ausbalancierte, oben in einem Gasrohr mit Bronzebüchse noch
mals geführte Windfahne war aus starkem Zinkblech verfertigt. Über der Schaltvorrichtung war ein
wasserdicht abschließendes Schutzgehäuse angeordnet. Der Schleifkontakt wirkte derart, daß bei den
8 Hauptwindrichtungen jeweils nur 1 Kontakt berührt und dadurch an dem im Büro montierten Glüh
lampenindikator (System Steffens) die entsprechende Lampe zum Aufleuchten gebracht wurde. Stand
die Kontaktlamelle gleichzeitig über 2 Grundkontakten, z. B. über N und NE, so waren am Indikator
die beiden benachbarten Glühlampen N und NE eingeschaltet, der Wind wehte also aus NNE. Das Auf
leuchten der Lampen erfolgte nach Betätigung eines Druckknopfes. Die Stromübertragung geschah
durch ein Bleikabel mit 11 Litzen: 8 für die Glühlampen, in der Grundplatte auf der Vulkanfiber
scheibe endigend, dafür 1 gemeinsame Rückleitung durch den Schiffskontakt an der Windfahnenachse.
Die beiden noch übrigen Litzen übertrugen die Kontakte des Schalenkreuzes auf eine in der Mitte des
Indikators angebrachte Lampe und gleichzeitig auf eine elektrische Glocke. Die Messung der Wind
geschwindigkeit konnte erst nach dem Umlegen eines Schalters vorgenommen werden. Die Eichung
des Schalenkreuzanemometers erfolgte durch Vergleichung mit einem Handanemometer von Fueß bei
verschiedenen Windstärken. Der sehr zuverlässige und bequeme Apparat wurde mit eigenen Mitteln auf
der Drachenstation in allen Einzelheiten von dem Obermatrosen Muth angefertigt.
Die Pilotaufstiege. Die Pilotaufstiege fanden auf einer auf dem Gelände zum Schutze
gegen die häufigen Überschwemmungen des Aufstiegplatzes erbauten Plattform statt. Es wurden von
Anfang bis Ende der Tätigkeit in Breedene ausschließlich Gummipiloten verwendet. Erst im Jahre 1918,
als die Station bereits nach Brügge verlegt war, wurde auch zu Papierpiloten übergegangen, für die ich
mich nach einigen schlechten Erfahrungen nie recht begeistern konnte. Da aber mit der Zeit der Pilot
gummi derart schlecht wurde, daß oft mehrere Ballons beim Füllen platzten, und keine großen Höhen mehr
damit zu erreichen waren, war die Station gezwungen, auch Papierpiloten zu benutzen, um die erforder
lichen Höhen von 5000—6000 m zu gewinnen.
Die Visierungen erfolgten mit Bungeschen Ballontheodoliten der üblichen Form; meist konnten
wegen Personalmangels nur einfache Visierungen angestellt werden. Die Auswertung geschah nach den
Hergesellschen Steiggeschwindigkeiten. Wie ich früher an den Lindenberger Doppelvisierungen gezeigt
habe, sind jene Werte für die unteren Luftschichten zu klein, doch sind sie hier, da allgemein damit
gearbeitet wurde, beibehalten worden. Über die Auswertungstechnik ist nichts Besonderes zu berichten,
sie erfolgte mit einem Pilotballon-Rechenschieber. Für die Nachtaufstiege, die häufig ausgeführt wurden,
hat H. John eine Verbesserung am Theodoliten angebracht, die die Visierungen in der Dunkelheit sehr
erleichterte und mitteilenswert sein dürfte. Ich lasse die Beschreibung von John folgen: