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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 46. Bd. Heft 1.
3. Unperiodische Schwankungen und Physiologie der Regenperiode im
mittleren Westafrika.
Ich beschränke die Betrachtung auf das Gebiet mit Regen zu allen Jahreszeiten bzw. mit höchstens
2—3 Monaten Wintertrockenheit und lege die Darstellung der Klimaverhältnisse Nordwestkameruns von
Hassert zugrunde (M. Sch. Erg. Nr. 13 [34]). Ihr entnehme ich die Regenkurven von Bamenda (5° 57' N.
Br., 10 10' E. Lg., Tafel 2 Fig. 9) Jahrgang 1910, 1911 und 1912 sowie den Mittelwert aus diesen 3 Jahren.
Beginn und Ende der Regenzeit waren gleichmäßig; erster Regenmonat März, letzter November.
Hassert sagt allerdings (Seite 76), auf lange Erfahrung der Einwohner gestützt: „Nie beginnen die
Jahreszeiten regelmäßig, sondern das ist schwankend. Der Eintritt kann sich verfrühen oder verspäten;
die Regenzeit kann bald lang und stark, bald kurz und dürftig werden.“ Aus den 3 Kurven ist das
nicht zu ersehen, man müßte mehr Jahrgänge zur Verfügung haben. Wohl aber schwankte das Haupt
maximum nach Lage (August oder September) und Ergiebigkeit (Differenz 300 mm). 1910 und 1912 gab
es im April ein Nebenmaximum, das im Mittelwert als schwache Stufe angedeutet ist. Im ganzen sind
die unperiodischen Schwankungen mäßig und reichen in ihrer Wirkung lange nicht an die in den
tröckneren Tropen heran.*) Am wichtigsten sind Ergiebigkeitsschwankungen der
Maxima, und die Hauptgefahr liegt in einem Zuviel an Regen. Denn eine außerge
wöhnliche Ausdehnung der Regenzeit hat eine Erweiterung der Überschwemmungsgebiete zur Folge,
was anderseits wieder dem Abtransport der Urwaldbäume zugute kommt. Ausfall an Regen wiegt nicht
schwer, weil durchschnittlich alle Jahreszeiten feucht sind und der Verlust rasch auf gewogen wird.
Soweit eine Trockenzeit entwickelt ist, ähnelt ihr Charakter dem im nördlichen tropischen West
afrika, nur daß der Harmattan an Kraft verliert. Für die Eingeborenen sind es die „schönen Tage“ nach
der langen, gewitterreichen Regenzeit. In den Gegenden mit 12 Regenmonaten wird die „Trockenzeit“
durch Nachlassen der Niederschläge und vor allem durch Aussetzen der Gewitter als Ruhezeit empfunden.
Nicht lange, und in der Ferne rollt wieder der Donner herannahender Gewitterstürme. Mit Macht
bricht die Tornadoperiode herein. Von der großartigen Gewalt der Gewitter entwirft Hassert
(Seite 90) ein anschauliches Bild.
Nach ein, zwei Monaten erfolgt am Kamerunberg der Übergang zur Regenzeit ohne Ge
witter, die die Haupt rege um engen ausschüttet. „Die Gewitter werden allmählich sel
tener und schwächer, um immer häufiger sich einstellenden und länger anhaltenden Regengüssen ohne
elektrische Entladungen Platz zu machen. Der Himmel hüllt sich mehr und mehr in graues Gewölk, die
Temperatur verliert die zur Trockenzeit so beträchtlichen Tagesschwankungen, und vom Juni ab befinden
wir uns inmitten der eigentlichen Regenzeit.“ Bis zum Höhepunkt im August oder September steigert
sich der Regenfall. „Die Niederschläge der Regenzeit sind gleichmäßig starke Regengüsse bei geringer
Windstärke. Manchmal setzen die Güsse stundenweise oder den ganzen Tag über aus. Durchaus nicht
jeder Tag ist ein Regentag.“ Überall Morast, undurchgängliche Wildströme, feuchtwarme Treibhausluft,
Schimmelbildung; Eisen rostet, Reisen wird noch unbehaglicher als an sich schon unterm Äquator. Die
Vegetation entwickelt eine außerordentliche Triebkraft.
Zugleich mit Wiederabnahme der Regenmenge beginnt eine z w eite Tornadoperiode, die
den Abschluß der Regenzeit bildet. Die Gewitter steigern sich wieder zu voller Stärke im Oktober/
November. Dann fängt mit der Wintertrockenzeit ein neuer Jahreskreis an.
c. Südwest-Afrika.
In Südangola rücken die Maxima der doppelten Regenperiode, soweit diese erkennbar und nicht,
wie an der Küste, durch Regenlosigkeit ersetzt ist, aneinander. In Caconda fallen sie auf Dezember und
März (Marquardsen [38]). AmKunene beobachtet man den Zusammenfall der Maxima.
*) Vgl. die kartographische Darstellung bei E be r 1 c, Die Verteilung der extremen Regmiseh waukungeu über
die Eule (= P. M. Erg. 195, 1927).