Dr. H. Tljora.de: Gezeitcnimtersucliungen in der Deutschen Bucht der Nordsee.
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Auch die unperiodischen Änderungen des mittleren Wasser Standes erreichen
im Juni 1924 nur ein geringes Ausmaß. (Taf. 2, Nr. 12.) Zwar nicht die Absolutwerte, wohl aber die
Änderungen des mittleren Wasserstandes ergeben sich, wenn man die Höhen von Juni auf einander fol
genden Hoch- und Niedrigwassern, h„ h 2 , h,, h 4 , h 5 nach der Form (h,/2 + ln -f- h 3 -f h 4 + h 5 /2) : 4 fort
laufend zu Mitteln vereinigt 2 ). Sie verlaufen an allen Punkten der Deutschen Bucht außerordentlich
ähnlich und sind deshalb nur für vier Pegelorte abgebildet. Zum Vergleich ist unten der Luftdruck
und Wind in Helgoland und der Wind in Lerwick aufgezeichnet, doch greifen anscheinend so viele Ur
sachen ineinander, daß eine restlose Deutung hier ebensowenig wie in der in der Fußnote erwähnten
Arbeit gegeben werden kann; bald überwiegt der örtliche Wind, bald die geographische Verteilung des
Windes über der Nordsee, bald der Einfluß des Ganges und der Verteilung des Luftdrucks, und zu dem
allem kommen die Einwirkungen der Reibung und der Trägheit des Wassers. Da aber die ermittelten
Wasserstände in der Deutschen Bucht überall denselben Gang aufweisen, so können sie umgekehrt be
nutzt werden, um Schlüsse auf die Wasserbewegung zu ziehen: ein Steigen erfordert ein überwiegen
des (unperiodischen) Zuflusses gegenüber dem Abflüsse, und umgekehrt.
§ 9. Die Strömungen der Jade.
(12. VI. 1924, s. Taf. 2, Nr. 13—15).
Wenn auch die Beobachtungen auf der Jade am 12. Juni 1924 hauptsächlich dem Ziele galten, die
verschiedenen Strom-Meßverfahren zu untersuchen, und wenn sie auch nur eine Tide umfaßten, so sollen
ihre Ergebnisse hier doch mitgeteilt werden, da das Wetter besonders ruhig war, und der Wind — er
kam während der ersten Hälfte der Tide aus S—SSW, während der zweiten aus O—NNW — die Stärke
von 2 Bft. nicht erreichte, und weil ihnen deswegen mehr Bedeutung zukommt, als sonst bei so kurzer
Beobachtungsfrist. Natürlich gestatten die Beobachtungen kein Urteil über die tägliche Ungleichheit
und somit auch nicht über den Reststrom.
In Nr. 13—15, Taf. 2 ist die Stromrichtung und -stärke durch Pfeile für jede Mondstunde, bezogen
auf den Meridiandurchgang des Mondes in Greenwich, dargestellt; man kann jedoch in der Figur die
Mondstunden durch bürgerliche Stunden ersetzen, ohne einen Fehler von mehr als 13 Min. zu begehen.
Denkt man sich das Rechteck des mittleren Fehlers so gelegt, daß sein Mittelpunkt auf die je
weilige Pfeilspitze fällt, so hat man ein anschauliches Bild für den Spielraum der Pfeilspitze. Dabei han
delt es sich um den mittleren Fehler des Gesamtergebnisses; der mittlere Fehler einer einzelnen Strom
beobachtung würde durch ein Rechteck mit 2.6mal so großen Seiten oder ßfacher Fläche angegeben
werden.
Der Strom war also, von belanglosen Abweichungen abgesehen, in der Tiefe rein alternierend
und lief bei Ebbe im allgemeinen fast rechtweisend nach N, bei Flut nach S, was sich damit erklärt, daß
der Ankerplatz des „Panther“ (vgl. die Seekarte Nr. 56a, Tit. III, Nr. 24a) an einer Stelle des Mündungs-
schlauchs der Jade lag, wo dessen sonst von SSO nach NNW laufende Richtung durch die nordsüdliche
abgelöst wird. Aber auch an der Oberfläche herrschte kein Drehstrom; Nr. 7 zeigt, daß die nördliche
Ebbströmung nach W herum in den südlichen Flutstrom, dieser dann aber rückwärts über W wieder in
den Ebbstrom überging. Es mag sein, daß hierbei als Ursache der wenn auch sehr schwache, östliche
Wind mitspricht; sicherlich aber wird man auch an das Trockenfallen und Wiederbenetztwerden der
seitlich ausgedehnten Wattflächen des Jadebusens zu denken haben. Wenn es daher auch nicht mit
Sicherheit zu entscheiden ist, ob eine geringe Abweichung des Oberflächenstroms vom rein alternieren
den Typus immer vorhanden ist, so ist dies doch zu vermuten.
-“) Nachgewiesen in dev Arbeit: „Die Gezeiten der Sylter Gewässer“, A. d. Arch. d. Deutsehen See warte XLI,
1923, Nr. 2, S. 33—36.