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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 45. Bd. Heft 3.
II. Teil: Verschiedene Beobachtungen.
15. Sichtmessungen auf dem nördlichen und südlichen Atlantischen Ozean.
Zu den meteorologischen 8-Uhr-Terminbeobachtungen an Bord der „Minden“ gehörten auch Sicht
messungen. 2 Sichtmesser standen hierfür zur Verfügung, ein Keilsichtmesser 22 ) und ein Stufensicht
messer 23 ). Es wurde nur der Keilfilter verwendet, da die Einstellung mit ihm genauer und einfacher ist.
Der Übergang von dunkel zu hell und umgekehrt ist bei diesem Instrument stetig. Wie auf der Matt
scheibe eines photographischen Apparats ein Bild scharf eingestellt wird, so wird auch am Keilsicht
messer, wie Bild 10 zeigt, der durch ein einfaches Rohr beobachtete Gegenstand im Mittelpunkt des Ge
sichtsfeldes durch Vorschieben eines kontinuierlich dunkler werdenden Mattglases mittels einer Schraube
grade zum Verschwinden gebracht. Der Stufensichtmesser dagegen gestattet nur die Vorschaltung ein
zelner verschieden dunkler Mattscheiben; man muß sich hei ihm für eine der nacheinander gemachten
Ablesungen entscheiden und die Zehntel aus dem Gedächtnis schätzen. Der Lichtfilter ist geaicht und
gibt die Sicht gewöhnlich in km an. Der von Wigand gebaute Keilsichtmesser hat einen kreisförmigen
Keil, der Dannmeyersche einen länglichen. Dies ist aber unwesentlich und nur eine Frage der Kon
struktion und Handlichkeit des Instruments.
Beobachtet wurde die Sicht auf dem Meer nach dem einzigen Objekt, das dort stets vorhanden
ist, die Kimm. Die Messungen geben also die relative Sicht an, nicht die absolute nach
Kilometern, es wird eben die scheinbare Entfernung der Kimm vom Beobachtungsort festgestellt.
Wie hei allen Sichtmessungen spielt die Tageszeit und die Beleuchtung des Gegenstands, d. h. die
Himmelsrichtung oder Lage zur Sonne, eine wesentliche Rolle. Bei starker Sonnnenreflexion an der
Meeresoberfläche kehrt sich die Sicht um, die Wasserfläche ist nach dieser Richtung heller als der
Himmel; bei gleicher Helligkeit verschwindet die Kimm ganz, trotzdem sie vielleicht unmittelbar da
neben sehr gut zu sehen ist. Man kann also nur sagen, daß allein der Helligkeits- und Beleuchtungs
unterschied zwischen Wasser und Himmel an der Schnittlinie beider Flächen gemessen wird; da der
Sonnenstand die Messung beeinflußt, so ist es also nicht allein das Luftplankton, das durch diese Sicht
beobachtungen festgestellt wird.
Die einfache graphische Darstellung durch eine geschlossene Kurve rings um den Be
obachter (vergl. Dannmeyer in der angeführten Arbeit, Fig. 4 und 6) gibt uns mit einem einzigen Blick
ein anschauliches Bild über die Sichtverhältnisse nach allen Richtungen; die Kurven haben im allgemeinen
eine ellipsenähnliche Gestalt, deren Mittelpunkt nicht mit dem Beobachtungspunkt zusammenfällt.
Die Einführung von Sichtmessungen in die Terminbeobachtungen auf den
Wetter- und Flugwettermeldestationen sowie auf den Ozeanschiffen ist wohl nur eine Frage der Zeit;
es kommt aber noch darauf an, diese Sichtmessungen in bezug auf Instrument und Beobachtung wirk
lich praktisch und einwandfrei zu gestalten. Die Kenntnis der Sicht auf dem Ozean hat für die Luft
fahrt eine besonders große Bedeutung.
S2 ) F. Dannmeyer. Ueber relative Sdchtniessung durch Stufen- u. Kedlfllter. Annalen d. Hydr. usw. 1924 S. 108.
s3 ) A. Wigand. Theorie der Sichtmessung. Phys. Ztechr. 1922 S. 277, u, a. O.