P. Heidke: Erfolg und Güte örtlicher Vorhersagen im täglichen Wetterdienst.
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„Das anzusagende Ereignis tritt nicht ein.“ Diese statistische Vorhersage hätte für Hamburg im Jahre
1927 bei 29 Gewittertagen 100 (365 — 29): 365 = etwa 92 Trefferprozente ergeben.
Bei der Bestimmung der Güte 20 ) der Wetterdienst-Vorhersagen kommt es nicht darauf an, um wie
viel der Erfolg der Wetterdienst-Vorhersagen irgendwelchenaufvölligemZufall beruhen
den Wetter-Vorhersagen überlegen ist; entscheidend ist, ob und um welchen Betrag der Erfolg der
Wetterdienst-Vorhersagen dem der besten statistischen Vorhersagen überlegen ist, deren Auf
stellung keine Wetterkarten erfordert, die täglich ein- oder mehrmals nach den telegraphischen
Wettermeldungen entworfen werden müssen. Nur wenn diese Überlegenheit in aus
reichendem Maße vorhanden oder zu erwarten ist, dann ist die Aufwendung
der hohen Kosten und die Durchführung der umfangreichen Arbeiten be
rechtigt, welche der Wetterdienst erfordert.
Die Voraussetzungen, welche die zum Vergleich mit den Wetterdienst-Vorhersagen geeigneten
statistischen Vorherigen erfüllen müssen, sind also: 1. Die statistischen Vorhersagen sind ohne Ein
holung von Wettertelegrammen und ohne den Entwurf von Wetterkarten aufzustellen. — 2. Sie müssen
ebenso prüfbar sein wie die Wetterdienst-Vorhersagen. Die Voraussetzungen sind gemäß dem letzten Ab
satz von Seite 6 dieser Arbeit: 2a. Die statistischen Vorhersagen müssen in ausreichender Anzahl vorliegen,
damit das Gesetz der großen Zahlen sich geltend macht. 2b. Die Fassung der statistischen Vorhersagen
muß ihre eindeutige Einteilung in Gruppen gestatten, deren jede eine ausreichende Zahl von Einzel-
Vorhersagen aufweist. 2c. Eindeutig muß festgesetzt werden können, zu welchem Bruchteil jede stati
stische Vorhersage richtig, und zu welchem sie falsch ist. — 3. Jede Teilvorhersage des Wetterdienstes
muß mit einer entsprechenden statistischen verglichen werden können, die für jeden Wetterfaktor und
jeden Ort stets unverändert bleibt.
Demnach sind auszuscheiden als ungeeignet zum Vergleich mit den Wetterdienst-Vorher sagen die
statistischen Vorhersagen nach Clement Ley und W. Keßlitz wegen Nichterfüllung der Voraussetzung 1;
die statistischen Vorhersagen nach St. Kaltenbrunner und B. Rolf scheiden aus, da mindestens bisher
noch der Nachweis fehlt und m. E. auch künftig nicht erbracht werden dürfte, daß diese Vorhersagen
jeder der Voraussetzungen 2b und 2c wie 3 genügen. Als sämtlichen Voraussetzungen genügende
statistische Vorhersagen bleiben übrig „Morgen ist das Wetter so wie heute“ und „Das anzusagende
Ereignis tritt nicht ein“. Erstere konnte bei allen in der vorliegenden Arbeit untersuchten Vorhersagen
als statistische Vergleichs-Vorhersage mit der Wetterdienst-Vorhersage benutzt werden; entweder un
verändert oder mit derselben, aber nicht grundsätzlichen Änderung bei den Vorhersagen der Witte
rungselemente mit Ereignis- und Fehlzeiten 30 ), wie denen der Temperatur in Wärmegraden 30 ). Hierauf
wird in den folgenden Absätzen noch näher eingegangen werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird
diese statistische Vorhersage sich auch bei den bisher nicht untersuchten Teilvorhersagen bewähren.
Vorteilhaft ist schließlich, daß sie mit einem sehr geringen Arbeitsaufwand aufzustellen ist. — Die
gleichen Vorzüge weist die statistische Vorhersage auf „Das anzusagende Ereignis tritt nicht ein“. —
Von diesen beiden statistischen Vorhersagen ist gemäß Abschnitt 4b dieser Arbeit diejenige zu ver
wenden, welche für den anzusagenden Wetterfaktor und den betreffenden Ort die höchsten Treffer
prozente aufweist.
Angewandt auf Teilvorhersagen sagt die erste dieser beiden statistischen Vorhersagen also z. B.
aus: 1. Ist heute Gewitter, so ist auch morgen Gewitter zu erwarten. — 2. Ist heute kein Gewitter, so
ist auch morgen kein Gewitter zu erwarten. — 3. Ist heute eine bestimmte Temperatur, so ist auch
morgen dieselbe Temperatur innerhalb der Grenzen „geringer Temperaturänderung“ zu erwarten. —
Nichts aber sagt diese statistiscche Vorhersage unmittelbar darüber aus, ob morgen ein gewitter
loser oder ein Gewittertag sein wird, oder welche Temperatur innerhalb der Grenzen „geringer Ände
rung“ morgen zu erwarten ist.
so ) Der Begriff Güte ist in Abschnitt 2 dieser Arbeit Formel (4) festgelegt unter Berücksichtigung der Köppen-
schen Begriffsbestimmung.
M ) Siehe diese Arbeit Abschnitt 4 a und 4 1.