Skip to main content

Full text: 44, 1927

96 
Aus dem Archiv der Deutscheu Seewarte, 
Nr. 1. 1926. 
Ende des Labradorstroms bis zum Kap Chidley vorgerückt, und die volle Entladung der Straße kann 
vonstatten gehen. Zwar machen um jene Zeit die für diesen Vorgang so wichtigen Westwinde nur 80 
Prozent der Gesamtwindzahl aus, doch wird einmal bei der Länge der Hudsonstraße (930 km) viel aus 
strömendes Eis durch Gezeiten und Wind an die Ufer getrieben und in Buchten gefangen, dann min 
dert die steigende Temperatur der Luft und des Wassers ja die Eismenge mehr und mehr herab, 
außerdem wird von Mitte Juli ab im Westen der Hudsonstraße das etwa noch vorhandene Eis stark 
in kleine Stücke aufgelöst (eine Erscheinung, die nach Markhams Ansicht nirgendwo anders in nörd 
lichen Gewässern zu beobachten ist), 38 * ) daß es keine Gewalt mehr hat, ein Schiff ernstlich zu beschädigen. 
So wird also etwa Mitte Juli in den Bisverhältnissen der Hudsonstraße der Zustand erreicht, der 
erforderlich ist, wenn beladene Handelsdampfer ohne Gefahr durchlaufen sollen. Der 15. Juli ist als 
der früheste Anfangstermin der Schiffahrt durch die Hudsonstraße zu betrachten. Das ist zweifel 
los ein außerordentlich später Zeitpunkt, spät im Hinblick auf die Öffnung der Haupthäfen des Hudson 
meers (Churchill 19. Juni, York 15. Mai), besonders spät aber im Vergleich mit dem vom Golfstrom ge 
segneten europäischen Gegengestade, spät sogar auch hinsichtlich mancher nördlicheren Gegend, in der 
die Eisverhältnisse weniger kompliziert liegen, z. B. in der Northumberlandstraße. (Minto 1912!) Doch 
ist unbedingt daran festzuhalten, daß der Juni und die erste Hälfte des Juli in die Handelsischiffahrt 
durch die Hudsonstraße nicht mit einbezogen werden können. 38 ) Das ist durch die schlimmen Er 
fahrungen der „Alert“ 1885 und der „Diana“ 1897 endgültig erwiesen worden. Merkwürdigerweise sind 
aber während der fast 250 Jahre bis zu den wissenschaftlichen Forschungsreisen Gordons die Fahrten 
durch die Hudsonstraße im allgemeinen zu früh, d. h. eben im Juni und Anfang Juli, ja im Mai und 
April, gewagt worden. Daher die ungeheuren Leiden und Beschwerden der Seefahrer (Davis, Hudson, 
Foxe, James, Bylot, Baffin, Coates, Moore, Smith, Parry, Back u. a.) durch die pressende Gewalt der 
Scholien bei Eiseinschluß (nip!), worüber selbst in der arktischen Schiffahrt wohl erfahrene Seeleute 
in Erstaunen gerieten. Nur die Waler begannen die Schiffahrt durch die Hudsonstraße zu rechter 
Zeit: nicht vor dem 15. Juli. 
Auch der Endtermin der Schiffahrt durch die Hudsonstraße wird im wesentlichen vom Herein 
fluten des Foxkanal- und des Baffinibai-Eises bestimmt. Das erstere strömt in der Regel Ende 
Oktober erneut in dicken Schollen in den Westen der Straße ein und schließt diesen, indem cs mit 
jungem, lokalem Eise, das um jene Zeit für sich allein noch nicht gefährlich wäre, fest zusammenbäckt. 
Das letztere tritt Ende Oktober als ein Teil des südwärts ziehenden Baffinbai-Eises in den Osten der 
Straße ein, Anfang November schließt der Hauptstrom den Ostausgang zu. Dazu kommen an wei 
terer Stelle die noch Mitte Oktober gefährlich werdenden „gefrorenen Nebel“, 40 4 ) schließlich Schnee 
stürme und Abnahme der Tageslänge mit den damit verbundenen Gefahren. So ist mit dem 20. Okt. 
der Schluß der sicheren Schiffahrt gegeben. 
Wie über den Anfangs-, so war man auch über den Endtermin der Schiffahrt durch die Hudson 
straße zunächst ganz falscher Ansicht. Auch er wurde im allgemeinen zu früh angesetzt. Hudson, 
Foxe und andere lebten durchaus der Meinung, daß die „offene Saison“ der Hudsonstraße (wie über 
haupt des Nordens) im August aufhöre. Die Möglichkeit, daß auch der Spätsommer und der Früh 
herbst noch für die Schiffahrt taugen könnten, wurde von ihnen gar nicht in Erwägung gezogen. 
Vom 15. Juli bis zum 20. Oktober erstreckt sich also die im allgemeinen sichere Schiffahrtszeit 
durch die Hudsonstraße. Das sind reichlich drei Monate. 
Nun bleibt aber noch eine besondere Tatsache zu bedenken. Das Gehen und Kommen des Eises 
in der Hudsonstraße spielt sich nämlich nicht Jahr für Jahr unbedingt in der geschilderten Weise ab; 
es besteht eine gewisse Veränderlichkeit der Schiffahrtszeiten, d. h. neben normalen Jahren gibt es 
solche mit noch etwas ungünstigeren und solche mit bedeutend günstigeren Eisverhältnissen. Die Un- 
38 ) Geogr. Journal 1889, S. 656. 
*») Vgl. Gordons „Chart showing Position aml estimated amount of iee in Hudson's Straits in tlie heginning 
of July 1886“. 
4I >) Wakeham. The New North-West III, S. 66.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.