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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — Nr. 1. 1926.
Der nächste Zeitabschnitt, bis zum Frieden von Utrecht 1713, brachte keine Neugründuugeu mehr,
nur Kampf, und zwar den heißesten und hartnäckigsten kn Hudsonmeere überhaupt, den Kampf vor
nehmlich tun York, das sich unter der Leitung der Hudsonbaig'esellschaft dank seiner vortrefflichen
Lage zum pelzliefernden Hinterland« mehr und mehr zum bedeutendsten Pelzhandelsposten entwickelt
hatte. Voll Neid hatten die Franzosen den Aufschwung Yorks allmählich kommen sehen und schön wäh
rend der Verhandlungen über die Auslegung des Neutralitätsvertrags den Engländern den Vorschlag
gemacht, ihnen York gegen Rupert, Moose und Albany abzutreten; auch später hatten sie es an An
bahnungen friedlicher Besprechungen wegen dieses Haudelspostens nicht fehlen lassen. Jedoch immer
ohne Erfolg. So schritten sie zur Gewalt. Aber ihr erstes feindliches Unternehmen mit einer Fregatte
vor der Hayesmündung 1691 scheiterte an der Tatkraft des Gouverneurs Phipps, der kurz entschlossen
alle Warenvorräte und schließlich die ganze Niederlassung freiwillig verbrannte. Ja, York wurde im
Frühjahr 1692 stärker und größer wieder aufgebaut. Und nach Jahresfrist gelang es der Hudsonbäige-
sellschiaift sogar, den Franzosen Albany, Moose und Rupert zu entreißen. Erst nachdem durch eine ein
dringliche Petition, in der sich die bedeutsame Wendung findet: „Port Nelson 10 ) ist so wichtig, daß sein
Gewinn oder Verlust den Gewinn oder Verlust der ganzen Hudsonbai bedeutet“, die französische Re
gierung 2 Schiffe bewilligt hatte, erfolgte am 24. September 1694 eine neue französische Landung vor
York. Diesmal gelang es den Franzosen, doch nur nach starker Beschießung vom 25. September bis
14. Oktober, die Faktorei zu bezwingen. Sie wurde wieder Fort Bourbon, der Hayes dem Tage zu
Ehren Rivierè Ste. Thérèse getauft. Um die gleiche Zeit fielen auch durch Angriff von der Landseite
her Albany und Rupert erneut in die Hände der Franzosen. 11 ) Doch 1695 setzte die englische Gegen
aktion ein. Die Hudsonbaigesellschaft löste zunächst das unbedeutendere Depot auf der Charlton-Insel
auf, dann gewann sie Albany und Rupert und schließlich, am 29. August 1696, auch York wieder zurück.
Aber bereits wenige Wochen darnach, im September, mußte Bayley trotz großer Tapferkeit und Uner
schrockenheit York den Feinden wiederum ausliefern. Dazu kam 1697 die Bestimmung des Friedens
von Ryswiek, die die Besitzverhältnisse im Hudsonmeere so, wie sie vor dem engl.-Ranz. Kriege in
Europa bestanden hatten, wieder herstellte und somit Frankreich zum Herrn aller Handelsposten machte.
Dieses überließ den Engländern jedoch freiwillig die Faktorei in Albany. Die Hudsonbaigesellschaft
hoffte auf einen neuen Krieg zwischen England und Frankreich, um das Verlorene zurückzugewinnen.
Dieser brach aus und führte mit dem Utrechter Frieden 1713 zum Triumphe Englands: das Hudsonmeer
wurde ohne jede einschränkende Bestimmung für englisch erklärt. Da der „Act of Cession“ des franz.
Königs nicht sofort eintraf, erfolgte die Abtretung der Handelsposten nicht sogleich. York z. B. wurde
erst am 25. Juli 1714 den Engländern üibergeben.
Während der 7 Jahrzehnte, die verstrichen vom Utrechter Frieden bis zum letzten Kampfe
zwischen England und Frankreich im Hudsonmeere, Anfang der 80er Jahre, erfolgten Neugründungen
von Handelsposten nur auf der Ostküste. East-Main, das, weil nicht zu den umstrittenen Posten gehörig,
stark vernchlässigt worden war, wurde 1732 wieder neu eingerichtet. Um die gleiche Zeit entstand ein
neuer Handelsplatz am Richmond-Golfe für den Pelzhandel mit den Eskimos. Er ging aber, da er sich
nicht rentierte und die Eskimos 'den Weißen gefährlich wurden, bald wieder ein. Die bestehenden Fak
toreien im Süden und im Westen wurden in dieser Zwischenzeit weiter ausgeblaut, vor allem aber für
zukünftige Kämpfe befestigt. Die Faktoreien waren nur einfache Blockhäuser gewesen; zur Verteidi
gung hatten nur die Waffen der Angestellten, in späterer Zeit wohl auch die Geschütze zufällig an
wesender Handels- oder Kriegsschiffe gedient. Nur York und Moose waren durch Palisaden etavas mehr
geschützt worden.
Am gründlichsten erfaßte die Hudsonbäigesellschaft die Befestigungsfrage für ihren besten Hafen:
Churchill. 1718 ließ die Gesellschaft 9 km oberhalb der Flußmündung auf dem linken Ufer, am Platze
der heutigen Handelssiedelung, ein hölzernes Fort, Prince of Wales’s Fort, errichten. Da man dieses * 14
i») Dieser Name wird vielfach, auch heute noch, für den richtigeren York Faktory angewendet.
14 ) Iberville schrieb darauf an den König: „Sire, je snis las de conquérir la baie.“ (Nelson. App. E.)