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Full text: 44, 1927

Aus dem Archiv der Deutschen Sec warte. — 44. Band. Heit 2. 
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6. Die Grund- und Schwebeeisbildung hat eisfreie Oberfläche und turbulente Strömung zur Vor 
bedingung. Gallerteis bildet sich auch unter Oberflächeneis, Schwebeeis findet sich im Wasser selbst, 
und zwar unterhalb der Oberfläche und oberhalb des Grundes. Wenn das Wasser gerade schnell 
genug strömt, um nicht an der Oberfläche zu gefrieren, so bilden sich Plättchen und Scheibchen 
von Eis. Große Geschwindigkeit erzeugt kleine nadelförmige Kristalle. Für das Schwebeeis dienen 
als Kristallisationskerne feste Schwebestoffe des Wassers, was daraus hervorgeht, daß trübes Wasser 
beim Auftreten von Eiskristallen auffallend klar wird. Eine besondere Form des Schwebeeises ist das 
Gallerteis, das Lüscher durch die Bildung von Schaumwasser erklärt unter dem Einfluß der Ober 
flächenspannung von Wasserteilchen verschiedener Temperatur oder verschiedenen Salzgehaltes, wie 
sie experimentell durch die Ausscheidung reiner Eiskristalle aus salzhaltigen Lösungen hervorge 
rufen werden kann. Lufthaltiges Wasser befördert die Schaumbildung. Zelleninhalt und Zellenwände 
können hierbei ihre Rolle vertauschen. Bei 0" erstarrt der Zelleninhalt, während die salzreichen 
Zellenwände mit niedrigerem Gefrierpunkt noch flüssig bleiben, indem zu ihrer Erstarrung die er 
forderliche überschüssige Kälte fehlt. Bei der Erstarrung wird Salz ausgeschieden, das die die Kri 
stalle umgebende Salzlösung mehr konzentriert und ihren Gefrierpunkt erniedrigt. So entsteht das 
lockere unzusammenhängende Gallerteis, das erhebliche Verstopfungen des Flußbettes verursachen 
kann und bei plötzlicher schroffer Veränderung der Wassertemperatur, wie zuweilen beim Übergang 
von Frost zu Tauwetter oder umgekehrt, auftritt.“ 
Was nun die säkularen Änderungen der Eisverhältnisse anbelangt, so liegen für die Elbe aus 
führliche Angaben von Thielemann vor, die durch das von mir verarbeitete Material ergänzt werden 
können. Durch die Zahlen wird die allgemeine Erfahrung bestätigt, daß die Eisschwierigkeiten der 
Schiffe in den letzten Jahrzehnten bedeutend geringere geworden sind. 
Will man auf die Ursachen dieser Erscheinung näher eingehen, so muß man sich klar machen, 
daß sich die Zahl der Tage mit Eisbildung überhaupt aus Tagen mit Eisbewegung und solchen mit Eis 
stand zusammensetzt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß gerade die Häufigkeit des Eisstandes, welcher 
stets die Schiffahrt auf der betroffenen Strecke lahmlegt, in erster Reihe durch die Fortschritte unserer 
Technik vermindert worden ist, zum Teil allerdings auch durch die Vermehrung der Abwässer. Letztere 
erwärmen das Waser bedeutend, so daß unterhalb von Groß- und Fabrikstädten Eisstand selten ist. 
Aber allein auch schon der Bau von Brücken hat großen Einfluß, da das Eis oberhalb derselben ge 
staut wird, so daß unterhalb zunächst eisfreies Wasser herrscht und die Eisbildung von neuem be 
ginnen muß. Die Bedeutung der Entwicklung des Eisbrechwesens für die Eisstandverhältnisse ist 
schon erwähnt worden. Diese Faktoren sind durchaus ausschlaggebend für die starke Verminderung 
der Eisstände in den letzten Jahrzehnten. Säkulare Änderungen der Lufttemperatur spielen demgegen 
über gar Keine Rolle. Anders verhält es sich mit den Tagen mit Eis überhaupt. Auch diese sind in 
letzter Zeit stark durch die Vermehrung der Abwässer beeinflußt, aber doch immer nur auf be 
stimmten Strecken. Auf weiten Strecken sind jedenfalls die Temperaturverhältnisse ausschlaggebend. 
Da die säkularen Änderungen der Lufttemperatur in Magdeburg und Berlin nicht verschieden sein 
können, so ist in nachstehender Tabelle die Eisdauer der Elbe bei Magdeburg von Jahrfünft zu Jahr 
fünft seit 1813 mit der Temperatur des jeweils kältesten Monats von Berlin verglichen worden. Aller 
dings sind gerade in Magdeburg die Änderungen der Eisverhältnisse in den letzten Jahrzehnten durch 
künstliche Einflüsse bedingt gewesen. Diese Station mußte aber mangels einer anderen w r eit zurück 
reichenden Beobachtungsreihe gewählt werden. Die mittlere Temperatur des Januar hätte ein falsches 
Bild gegeben, da sehr strenge Winter im Januar durchaus normal waren, wie z. B. 1864/65, wo Dezem 
ber und Februar sehr niedrige, für die Eisbildung ausschlaggebende Temperaturen hatten, während 
im Januar längere Zeit hindurch Tauwetter herrschte. Die Temperatur des jeweils kältesten Monats, 
sei es, daß dies der Dezember, der Januar oder der Februar ist, ist aber in höherem Grade für die Eis 
bildung maßgebend, als irgend ein anderer Faktor, etwa die Mitteltemperatur des meteorologischen 
Winters usw.
	        
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