Walter Georgii und Heinrich Seilkopf: Ergebnisse einer flugwissenschaftlichcn Forschungsreise nach Columbia (S. A.) 9
Hapagdampfers »Galicia«, sich erstrecken sollte, und daß dann die Expedition zur weiteren Erforschung der
Windströmung im westlichen Caribischen Meer mit der »Galicia« nach Guatemala fahren sollte. In fünf
wöchiger gemeinschaftlicher Arbeit hatten die Verfasser die freundschaftlichsten Beziehungen zu den
Herren der Scadta gewonnen. Für die Scadta war die längere Anwesenheit zweier Meteorologen für
die meteorologische Schulung ihrer Flugzeugführer und für die Organisation eines meteorologischen
Streckensicherungsdienstes von Bedeutung, für die Verfasser bildete der Aufenthalt eine reiche Erweiterung
ihrer meteorologischen Kenntnisse und ihrer fliegerischen Erfahrung.
Am 17. Juli verließ die Expedition an Bord der »Galicia« den Hafen von Puerto Colombia in Richtung
Cartagena. Cartagena wurde am 18. Juli angelaufen und am gleichen Tage wieder verlassen. Während
der Fahrt über den Golf von Darien änderte sich der Witterungscharakter. An Stelle der bisherigen
Trockenheit traten häufige, starke Niederschläge, vielfach von Gewittererscheinungen begleitet. Mit dem
Umbiegen des Küstenverlaufes, der längs der Nordküste von Südamerika sich im allgemeinen von Osten
nach Westen erstreckt, in die südnördliche Richtung von Mittelamerika, hatte das Trockengebiet der
Küstenzone von Venezuela und Columbia sein Ende erreicht. Dies ist verständlich, da der Passatwind
bisher ziemlich parallel zur Küste verlief, nunmehr aber senkrecht gegen die Land- und Gebirgsmassen
von Mittelamerika anweht und hierdurch zu stärkerem Aufsteigen gezwungen wird. In Colon, das am
Nachmittag des 19. Juli erreicht wurde, regnete es von 4 Uhr nachmittags bis 10 Uhr abends ununter
brochen, z. T, von kräftigen elektrischen Entladungen begleitet. Auch am Nachmittag des 20. Juli erfolgte
die Ausfahrt von Colon wieder bei Gewitter. Überaus eindrucksvoll gestaltete sich auf diesem Teil der
Fahrt das nächtliche Wetterleuchten, das im Süden und Südwesten, also über dem Lande, in ununter
brochener Folge den Himmel fast bis zum Zenith erhellte. Das Wetterleuchten hielt die ganze Nacht
an und ließ gewöhnlich erst gegen 4 Uhr morgens nach. Hinter Puerto Limon (10° N. Br. und 83° W. Lg.)
nahm der Regen wieder die Form der Passatschauer an, wie sie schon auf dem Atlantik angetroffen
worden waren. Auch hier trat wieder entschieden die Tendenz zu einem Maximum der Häufigkeit und
Intensität der Regenböen in der zweiten Nachthälfte und am frühen Vormittag hervor. Es scheint auch,
daß diese Schauer mehr eine Eigentümlichkeit des Meeres sind, denn während man über See an vielen
Stellen regnende Cumuli feststellen konnte, war es über Land am Vormittag gewöhnlich klar. Am 25. Juli
erreichte die »Galicia« ihren Zielhafen Puerto Barrios in Guatemala. Da die »Galicia« dort drei Tage
verbleiben sollte, entschlossen sich die Verfasser zu einem Ausflug nach Guatemala-City. Der Ausflug
begann mit einer nächtlichen Urwaldfahrt auf einer Motordraisine, welche den Verfassern, die bisher im
Küstengebiet von Venezuela und Columbia noch wenig Einblick in die eigentliche Tropenvegetation
gewonnen hatten, die Romantik tropischer Urwaldstimmung bei Nacht offenbarte und sie endlich auch die
Mächtigkeit tropischer Gewitterregen am eigenen Körper empfinden ließ. Am Morgen des nächsten Tages
wurde in Quirigua der Zug nach Guatemala-City bestiegen. Die Fahrt von der Küste nach der 1400 m
hoch gelegenen Hauptstadt brachte eine Fülle auch klimatologisch interessanter Eindrücke. Die üppige,
regenfeuchte Vegetation der Niederung, der Tierra Caliente, trat bald hinter Quirigua mehr und mehr
zurück und ging namentlich im Umkreis von Zacapa, halbwegs zwischen Puerto Barrios und Guatemala-
City, aber nur 250 m hoch gelegen, in ein ausgeprägtes Trockengebiet über, das offenbar auf die Lee-
wirkung der vorgelagerten Gebirge zurückzuführen ist. Hinter Zacapa begann die Bahn mehr und
mehr im Gebirge hochzusteigen, die Vegetation wurde wieder reichlicher und ging in den Charakter der
Tierra Templata über, deren erfrischende Temperaturen nach dem wochenlangen Aufenthalt in dem
tropischen Küstenklima besonders angenehm empfunden wurde. Die in Guatemala-City zur Verfügung
stehenden Tage wurden zu einem Ausflug nach dem 1400 m hoch gelegenen, rings von Gebirgen und
Vulkanen eingeschlossenen Amatitlan-See benutzt, um die Möglichkeit einer Landung von Wasserflugzeugen
auf diesem See zu erkunden. Am Abend des 28. Juli wurde Puerto Barrios und die »Galicia« wieder
erreicht. Nachdem noch Livingston angelaufen worden war, wo sich nochmals Gelegenheit zu einem
eindrucksvollen Ausflug auf den Rio Dulce bot, wurde am 30. Juli die Heimreise angetreten. Sie brachte
im wesentlichen die gleichen Eindrücke, auch in meteorologischer Hinsicht, wie die Ausreise. In Puerto
Colombia, dem Hafen von Barranquilla, hatten die Verfasser noch einmal Gelegenheit, die Herren der
Scadta zu begrüßen und ihnen in einer Denkschrift die Erfahrungen über die Witterungsverhältnisse längs