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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte.
1925. Heft 2.
die für den Zirkel zu benutzenden Mittelpunkte als Schnittpunkte der Azimutstrahlen mit der genannten
Mittelsenkrechten sofort angeben und die Kreise dann mit dem Zirkel zeichnen. In der Figur haben
wir das Azimut der Hauptachsen von 30 zu 30° wachsen lassen. Die Lichtkonzentration im Sonnen
vertikal tritt ohne weiteres hervor. Sie ist am stärksten bei Horizontstand der Sonne, während bei
höherem Sonnenstand nur die Lichtknoten in der Sonne und der Untersonne übrig bleiben. 1 )
10. Spiegelhalos mit doppelter Spiegelung.
Die Lichtverluste, welche die doppelte Spiegelung im Vergleich zur einfachen mit sich bringt,
bewirken, daß hier hauptsächlich nur Punkthalos zur Beobachtung gelangen, in denen die größte Licht
konzentration herrscht. Die auf doppelter Spiegelung beruhenden Länienhalos sind dagegen mit Sicherheit
wohl noch nicht beobachtet.
Bei doppelter Spiegelung wirkt eine Kante des Kristalls als Winkelspiegel. Das Prinzip
( eines solchen ist für den Fall, daß der Strahlengang in die Normalebene der spiegelnden
Kante fällt, in Fig. 14 dargestellt. Ist A der spiegelnde Winke], a der Einfallswinkel an der
ersten, b an der zweiten Fläche, so ist
a + b = A
und die ganze Drehung oder Ablenkung, die der Strahl erfährt, wird
D = 180 — 2 a + 180 — 2 b = 360 — 2 A
Die Ablenkung ist also unabhängig vom Einfallswinkel a oder, innerhalb gewisser Grenzen,
Fig. 14. von der Stellung des Winkelspiegels zum Lichtstrahl. Hierauf beruht die Möglichkeit der
Halobildung durch doppelte Spiegelung, denn das Licht erfährt so durch eine größere Zahl von Kristallen
dieselbe Ablenkung D.
Verläuft der Strahlengang nicht in der Normalebene der spiegelnden Kante, so gilt die angeführte
Beziehung für die Projektion auf die Normalebene, wie unmittelbar einleuchtet.
Da es sich um innere Spiegelung handelt, der Strahl aber
beim Ein- und Austritt gebrochen wird, kann die Unabhängigkeit
der Ablenkung vom Einfallswinkel nur dann erhalten bleiben,
wenn beide Brechungen sich gerade gegenseitig aufheben. Wie
dies möglich ist, zeigt Fig. 15 nach Mascart und Bravais für
die spiegelnden Winkel von 60 und 90 w für den Fall, daß der
Strahlengang in die Normalebene fallt. Für den spiegelnden
Winkel von 120° hat Hastings eine andere Erklärung gegeben,
die nur bei stärkerer Abweichung des Strahlengangs von der Normalebene möglich ist: Der Strahl tritt
an der einen Basisfläche des Kristalls ein, dann erfolgen die beiden Reflexionen an zwei benachbarten
Seitenflächen, und schließlich findet der Austritt an der unteren Basisfläche statt.
Den drei spiegelnden Winkeln der Eiskristalle von 120, 60 und 90° entsprechen Ablenkungen,
bezogen auf die Normalebene, von 120, 240 und 180°. Die ersten beiden können natürlich nur identische
Erscheinungen liefern. Diese Zahlen stellen also, im Großkreis gemessen, Maximalwerte dar; je mehr
der Strahlengang von der Normalebene abweicht, um so kleiner wird, im Großkreis gemessen,
die Ablenkung.
Bei vertikaler Hauptachse ergeben die spiegelnden Winkel von 60 und 120°, wie ohne
weiteres ersichtlich, die Nebengegensonnen in 120° Azimutdifferenz von der Sonne auf dem Horizontalkreis.
*) In Übereinstimmung hiermit gibt R. Meyer folgende Zahlen für die absolute Häufigkeit der Lichtsäulen bei verschiedenen
Sonnenhöhen:
lu 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50°
Häufigkeit der Lichtsäulen 106 18 11 451 11 1 0