Die wirtschaftlichen Schäden der tropischen Wirbelslürinc.
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die Wirbelstürme sehr beeinträchtigt werden; die Furcht vor der Seekrankheit oder vor der Wiederholung
eines eben erfolgten Orkans hält viele Menschen in der Orkanzeit von der Seereise ab. Das zeigte sich,
um nur ein Beispiel zu nennen, nach dein Orkan, den die ,,Toledo“ auf der Fahrt von Veracruz nach
Habana im Oktober 1924 zu bestehen hatte; bei der Ausfahrt von Habana nach Europa — also nach
überstandener Katastrophe — hatte der Dampfer nur ganz wenig Passagiere 1 ). Für das Frachtgeschäft
ist auch die Orkangefahr der Jahreszeit von Bedeutung; günstig ist es z. B. wenn sie mit der Epoche
des flaueren Transportgeschäftes zusammenfällt, z. B. bei der Reisverschiffung in Vorder- und Hinterindien.
Daß man im ganzen die Orkanschäden in der Verkehrswirtschaft nicht besonders hoch einschätzt,
zeigt die Handhabung im deutschen Transportversicherungswesen. Nach den dem Verf. zuteil gewordenen
Auskünften besteht eine besondere Versicherung bei Fahrt in Wirbelsturmgebiete sowohl für Schiff wie
für Ladung nicht. Vom Standpunkt der Versicherung aus ist z. B. eine Fahrt von Hamburg nach Spanien
wegen der Strandungsgefahr weit gefährlicher als eine Westindienreise in der Orkanperiode. Vor 1914
soll für Segelschiffe, die in der gefährdeten Zeit sich in nautisch noch nicht genügend bekannten Orkan
gebieten, besonders der Südsee, aufhielten, eine etwas erhöhte Versicherungsprämie in Anwendung ge
bracht worden sein; aber in neuerer Zeit ist dies auch nicht mehr der Fall, für Dampfer hat eine derartige
Ausnahme nie bestanden. Nach Visher*) scheint die Handhabung in der englischen und amerikanischen
Versicherung eine etwas andere zu sein; trotz unmittelbarer Anfrage bei den einschlägigen Firmen war
es nicht möglich gewesen, hierüber Klarheit zu schaffen.
Ab und zu werden sich wohl auch andere wirtschaftliche, von Wirbelstürmen verursachte Schäden
zeigen, die in keiner der vorgenannten Kategorien einzuordnen und vielleicht als eine Art Kuriosum zu
betrachten sind, wenn z. B. nach dem Untergang eines Tabakschiffes durch die Verunreinigung des
Wassers ein großes F'ischsterben eintrat u. dgl. Francisci erwähnt gerne solche Kuriosa.
V. Vorschläge zur Milderung der Wirbelsturm-Wirkungen.
Am Schlüsse sei nun noch darauf hingewiesen, welche Möglichkeiten bestehen, die Wirkungen der
tropischen Wirbelstürme zu mildern. Visher hat auf Grund seiner reichen Erfahrungen 8 Vorschläge
gemacht, die sich auch aus dem oben Gesagten ergeben 3 ):
1. Anlage der Häuser oberhalb der Flutgrenze, wenigstens 20 Fuß über dem Meeresspiegel oder
der Talsohle.
2. Massive Bauart der Häuser (Eisenbeton); bei Holzhäusern soll ein fester Kern vorhanden sein;
empfehlenswert ist es, zwei getrennte Dächer für die' Wohnung zu haben.
3. Kombination von verschiedenem Anbau: Kokosnuß-, Bananen- und Zuckerrohrpflanzungen sollen
mit Yamsfeldern u. dergl. wechseln. Für Unternehmer empfiehlt es sich, Plantagen an mehreren
getrennten Orten zu haben, weil dann immer nur eine in Mitleidenschaft gezogen ist.
4. Die Wichtigkeit der Sturmwarnungen.
5. Bei einzelnen Produkten läßt sich der Schaden einschränken, z, B. auf Fidschi, Samoa, durch
Einführung der widerstandsfähigeren chinesischen Banane; Sisal kann bei sofortiger Ernte nach
dem Schaden noch voll verwertet werden. Kautschukpflanzungen müssen mit besonderem Wind
schutz versehen sein.
6. Weitgehender Ausbau der Versicherung. Prämien seitens der Verwaltung für Orkanschutz-
maßnahmen. Regierungsschutz für den Kleinbetrieb. Größere Gesellschaften mit mehrfachem
Besitz können sich selbst erhalten.
7. Küstenstädte sollen durch Deiche geschützt werden. (Galveston).
8. Segelanweisungen und Sturmwarnungen besonders an Schiffe auf Fahrt.
Besonders zu betonen scheint hier der Anteil zu sein, den man von amtlicher Seite an der Be
wahrung vor Schäden nehmen kann. Es handelt sich dabei sowohl um Förderung der Orkanschutzmaß
nahmen (Erbauung standfester Häuser, Windschutz in den Plantagen u. dergl.) als auch um die sachliche
Organisierung von Hilfsaktionen bei eingetretenen Katastrophen, Bereitstellung von Lebensmitteln und
finanziellen Unterstützungen, und vor allem eine feste Hand zur Bewahrung vor jeder Art von Fahrnis.
Mandl. Mitt. von cand. med. Fr. Reuter. Altona. *) Visher (132). *) Visher (182' S. 208 ff.