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Full text: 43, 1925

Die wirtschaftlichen Schäden der tropischen Wirbel stürme. 
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aus den nördlichen Häfen der Westküste von Vorderindien oder aus dem Persischen Golf kommen, kann 
eine Anweisung nicht gegeben werden. Schiffe auf der Ausreise werden das Orkanfeld im allgemeinen 
schnell passieren . . . 
Die Wirbelstürme der Bengalen-Bai sind ganz besonders durch ihre vernichtende Sturm welle aus 
gezeichnet. Sie ist es, die jene großen Menschenverluste hervorruft, die mit zu den größten gehören, 
welche von Naturkatastrophen veranlaßt sind. Teils durch die Gewalt des Windes, teils durch den 
Unterschied des Luftdrucks zwischen dem äußeren und inneren Teile des Wirbels wird im Zentrum die 
ungeheure Woge aufgetürmt, vor der es an der flachen Küste kein Entrinnen gibt*). Vergrößert wird 
diese Wirkung durch die langsame Fortbewegung des ganzen Sturmkörpers (bisweilen anfangs nur 3,5 km) 8 ). 
Die heimgesuchten Gebiete sind überwiegend außerordentlich dicht besiedelt. Daraus erklären sich die 
enormen Verluste an Menschenleben. Teilweise sind diese Gegenden auch sehr intensiv kultiviert, so 
daß auch ein bedeutender materieller Schaden eintritt. Nicht selten werden flache Landesteile meist in 
viel größeren Ausmaßen als bei den Sturmfluten unserer Meere von den Fluten mitgerissen. Was nicht 
im Wasser den Tod gefunden hat, ist der Hungersnot, die nach jedem großen Wirbelsturm hereinzubrechen 
pflegt, und Volksseuchen ausgesetzt 8 ). Wenn die historischen Berichte glaubwürdig sind, so war die 
Zyklone im Oktober 1737 die größte Sturmkatastrophe der Weltgeschichte. Die Zahl der Todesopfer 
wird mit 300000 angegeben, eine Zahl, die wohl etwas zu reduzieren sein dürfte. Das Wasser des 
Ganges erhob sich 12 bis 13 m über den Normalstand, und trug Schiffe von 60 Tonnen Tragfähigkeit 
über die Wipfel der Bäume ins Land hinein 4 ). Ähnlich große Schäden hatte auch die bekannte Bacergunge- 
Zyklonc, Oktober 1876, im Gefolge: nach mäßigen Schätzungen gingen 100000 Menschenleben in den 
Fluten, eine ebenso große Zahl durch Krankheiten (namentlich Cholera), welche die Überschwemmung 
erzeugte, zugrunde, so daß die Gesamtzahl der Toten meist auf 215000 angegeben wird S. 6 ). Zwei Land 
striche sind ganz besonders bedroht, wenngleich die ganze Küste von Ceylon bis zum Meerbusen von Pegu 
eigentlich in einer Zone ständiger Wirbelsturmgefahr liegt, nämlich einmal die Gegend um Madras und 
dann das Ganges-Bramaputradelta. An der Coromandelküste erstreckt sich das Gebiet intensiver Zyklonen 
gefahr von 120 Meilen südlich bis 109 Meilen nördlich von Madras, Mai und erste Juni-Hälfte, Oktober 
und erste Novemberwoche sind die gefährlichsten Zeiten 6 ). An der Bengalenküste ist auch noch ein 
größerer Teil des inneren Landes in Mitleidenschaft gezogen, ungefähr nahezu bis zum Wendekreis. 
Die ganze Küstenlinie von Orissa bis Tschittagong muß hierher gerechnet werden. Manchmal ist das 
heimgesuchte Gelände im Delta ziemlich groß, z. B. 1876 wurde ein hochkultiviertes und dichtbevölkertes 
Gebiet von etwa 8000 qkm (= Freistaat Hessen) bedroht 7 ). 
Trotz der erschreckenden Schadenziffern ist in Ostindien eine wirtschaftliche Instabilität durch die 
Zyklonen nicht nachweisbar. In den dicht bevölkerten Gebieten spielen die großen Bevölkerungsverluste 
als Entgang von Arbeitskräften keine bedeutende Rolle; handelt es sich ja teilweise um übervölkerte 
Gebiete. Landwirtschaftliche Produkte werden nur in geringem Umfange beschädigt, z. B. gelegentlich 
Reis. Unangenehm fühlbar war aber immerhin der Ausfall der Kokosnußernte in den niedrigeren 
Bezirken Ceylons nach dem „Batikaloa-Orkan“ 8 ). 
Auch die Schiffahrtsschäden treten in dem Bengalischen Meerbusen ziemlich zurück. Von Dampf 
schiffen werden die Zyklonen, die selten die Intensität der Taifune Ostasiens und der westindischen 
Hurricanes annehmen, auf hoher See unschwer überwunden. Für Schiffe, die aus dem Hugli kommen 
(Calcutta) bleiben allerdings August und September gefährliche Monate. Die periodische Segelschiffahrt 
in der Bengalen-Bai, die Reisverschiffung, findet glücklicherweise in ausgesprochenen orkanfreien Monaten 
statt, nämlich vom Dezember bis Februar 9 ). 
V. Die übrigen Wirbelsturmgebiete des Stillen und des Indischen Ozeans. 
Von den drei bisher noch nicht behandelten Wirbelsturmgebieten wird in der älteren Literatur nur 
sehr wenig gesprochen. Es ist dies zu einem großen Teil auf eine gewisse Geringschätzung zurück 
zuführen. Soviel auch noch für die meteorologische Forschung zu tun übrig bleibt, die wirtschaftliche 
S. 11. 113 S. 232. 2 Hann (47) S. 604. *) Balfour (7). *) Linke (70) und Gcntlemens Magazine for 1737 zit. nach (7). 
s ) S. H. (113; S. 232 und Balfour (7). *) Balfour (7). : Linke (70). *) Ann. Hydr. 1908 S. 83. °) Scholz (105).
	        
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