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Die wirtschaftlichen Schäden der tropischen Wirbelstürme.
Der Orkanherd liegt in dem Zwischengebiet zwischen Nordwest-Monsun und Südost-Passat, wechselt also
mit der Jahreszeit, zwischen 5 und 12° s. B. In der Nähe des 30. Parallelkreises schwindet die Kraft
der Orkane meistens, doch gehen einige auch in die Westwinddrift über, ohne aber noch eine besondere
Stärke zu entwickeln. Die Bahnen sind, von verschiedenen Ausnahmen abgesehen, parabelförmig. Die
Umkehrbreite schwankt zwischen 14° im Mai und 22° im Januar (häufigster Wert 21°). Wirtschaftlich
wichtig ist, daß das Entstehungsgebiet in die gänzlich unbesiedelten Flächen zwischen Madagaskar und
Sumatra fällt. In der ganzen Zugstraße der Orkane liegen nur geringe .Strecken Festland, die Maskarenen,
die Ostküste von Madagaskar, seltener auch die Comoren und die Seychellen. Trotz der ziemlich
gebirgigen Natur der kleinen Inseln — die Maskarenen erheben sich bis zu 1500 m über dem Meer —
bleibt aber die Stärke der Orkane ungebrochen, höchstens, daß sie von Madagaskar etwas früher zum
Umbiegen veranlaßt werden.
Mauritius ist die am meisten gefährdete Insel. Sie hat nur eine geringe Ausdehnung, aber sehr
intensiven Anbau. Zuckerrohranbau wird als Monokultur betrieben. Ähnlich, aber nicht ganz so stark
ausgeprägt liegen die Verhältnisse für Reunion, sehr schmerzlich für die Insel sind die oft beträchtlichen
Bevölkerungsverluste, die einen Mangel an Arbeitskräften herbeiführen, der erst wieder durch Einfuhr aus
Indien behoben werden kann. Die schweren Orkane pflegen nach den Untersuchungen von Meldrum
jeweils zur Zeit des Sonnenfleckenminimums und -maximums aufzutreten. Ungefähr jedes 6. oder 7. Jahr
ist mit einem Ernteverlust von 20 °/° zu rechnen'). Hoch- und Tiefland wird von den Orkanen in
gleichem Maße heimgesucht, während hingegen Dürreschäden in Mauritius auf die niedrigeren Landesteile
beschränkt bleiben 2 * * ) (vgl. dazu z. B. die Insel Luzon).
Für die Folgen eines Orkans auf Mauritius diene als Beispiel die Katastrophe vom April 1892.
Ein Drittel der Stadt Port Louis wurde niedergelegt, der größte Teil der Zuckerernte vernichtet und
alle Schiffe im Hafen beschädigt. Über 1500 Menschen wurden erschlagen, 2—3000 mehr oder weniger
schwer verwundet; wenigstens 25000 Leute wurden obdachlos. Der Gebäudeschaden wurde mit
12 Millionen Rupien angegeben, die Schäden an ländlichem Eigentum mit 2 Millionen Rupien, die
Verluste der Zuckerplantagen mit 14 Millionen Rupien, so daß der ziffernmäßig erfaßbare Schaden
nahezu 2 Millionen Pfund ausmachte ®).
Die Zahlen geben die Wirtschaftsinstabilität deutlich wieder. Immerhin scheinen aber selbst auf
Mauritius andere Naturkatastrophen von ebenso schlimmer Wirkung zu sein, z. B. 1896/97 eine 11 Monate
währende Dürre, die 75% der Ernte vernichtete*). Der Ursache der Schäden nach scheint die unmittel
bare Windwirkung an erster Stelle zu stehen. Der Niederschlag ist besonders den Pflanzen in den
höher gelegenen Landesteilen gefährlich (z. B. im Februar 1896 während 24 Stunden 1300 mm Nieder
schlag). Flutwellen scheinen nicht vorzukommen 5 ). Günstig ist es, daß sich die Orkane durch ziemlich
eindeutige Anzeichen schon mehrere Tage vor ihrem Eintreffen ankündigen 6 * ).
Ähnliches wie für Mauritius gilt auch für Reunion. Eine besonders schwere Katastrophe für
diese Insel war der Wirbelsturm vom 21 ./22. März 1904: große Gebäudeschäden, über 100 Tote,
Hungersnot, Gesamtschaden etwa 20 Millionen Franken 5 ). Weit günstiger liegen die Verhältnisse für
die übrigen Inseln dieser Orkanzone. In Madagaskar z. B. waren die Orkane lange Zeit nicht gefürchtet 8 ),
bis dann im Februar 1906 eine bedeutendere Katastrophe eintrat, die an Intensität auch bis heute
unübertroffen geblieben ist. Der Gesamtschaden, der besonders in der Gegend zwischen Tamatave und
Farafangana sehr beträchtlich war, konnte aber im Wirtschaftsleben der großen Insel rasch ausgeglichen
*) Meldrum Ann. Hydr. 1892. Die Statistik der Zuckerausfuhr zeigt
130220 T.
113813 „
68 718 „
1203% „
113795 ,, (M. W. R. 1897 S. 354).
eingehende Schilderungen bei Walter (134) S. 33 ff. u. S. 99 ff.
S. 379. *) vgl. H. W. A.: „ . . . leurs effets ne se faisaient guère
sentir, alors, que sous la forme de grosses houles venont pour duire des raz-de-marée sur les côtes sablanneuses ou sur les lignes de
récifs corallins du littoral malgache et aussi sous la forme de pluies diluviennes, dont les lièdes ondées, chargées d’éffleuves
électriques, étaient des plus favorables à la végétation."
*) Walter (134) S. 136. *) Walter a. a. O. S. 131.
deutlich diese furchtbare Katastrophe: 1890
1891
1892
1893
1894
The Colonial Journal X. 1913. Walter ^135, A 7,
*) Walter (134) S. 33. T ) Gordian und D. R. f. G. Bd. 26