Walter Georgü und Heinrich Seilkopf: Eigeblisse einer flugwissenschaftlichen Forschungsreise nach Columbia (S. A.) 25
zwischen 2000 und 2500 m, nach den Messungen der Verfasser in 2250 m Höhe, als Grenzfläche des
Reibungseinflusses der Meeresoberfläche auf die unteren Passatschichten zurückgeführt. Der Vorgang ist
der, daß die Grenzschicht zwischen Luft und Wasser turbulent wird und sich in einzelne Wirbel auflöst.
Die obere Grenze dieser turbulenten Schicht muß durch eine Temperaturinversion gekennzeichnet sein.
Schon vor Wcgener und Kuhlbrodt hat Taylor 1 ) diesen Grundgedanken verfolgt. Nach Taylors Unter
suchungen der Nebel bei Neufundland liegt die Temperaturumkehr gerade in der gleichen Höhe, bis zu
welcher die Reibungswirbel fortschreiten. Die Höhe der Temperaturumkehr gestattet einen Rückschluß
auf die Geschichte oder das Alter der Luftströmung. Luftströmungen von kurzer Dauer haben zunächst
tiefliegende Turbulenzschichten, erst mit längerer Beständigkeit der Luftströmung wachsen sie nach der
Höhe und erreichen schließlich die ihr durch die Reibungsbedingungen bestimmte Maximalhöhe. Im
Passat haben wir eine stetige, konstante oder alte Strömung, die nach den gegebenen, gleichfalls ziemlich
konstanten Reibungseinflüssen ungestört die Reibungsschichten bis zu ihren Maximalhöhen entwickeln kann.
Aus den von den Verfassern abgeleiteten Schichthöhen ergibt sich, daß die untere turbulente
Reibungsschicht bis 2250 m nochmals unterteilt ist, und zwar hauptsächlich in 740 m Höhe. Es müssen
also mehrere Reibungseinflüsse von verschiedener Intensität wirksam sein, die diese Unterteilung auslösen.
Man könnte daran denken, daß bis 2250 m in erster Linie die virtuelle Reibung ausschlaggebend ist,
während die 750-m-Schicht auf die mechanische äußere Reibung an der Meeresoberfläche und der Küste
zurückzuführen ist. Dasselbe, was für die unteren Schichten über die Reibung zwischen Erdoberfläche
und Luft gesagt ist, gilt auch für die oberen Schichten hinsichtlich der zwischen Luftschichten verschiedener
Geschwindigkeit und Richtung ausgeübten inneren Reibung. Die oberen Luftströmungen des Passates
zeichnen sich in gleicher Weise wie die unteren durch Stetigkeit und Beständigkeit aus und können so
ebenfalls die Reibungsschichten zur vollen Entwicklung bringen. Die Passatströmung gibt demnach in
ihrer blätterigen Struktur ein Abbild der verschiedenen wirksamen Reibungseinflüsse.
W. Peppler 2 ) hat nach den Lindenberger Aufstiegen nachgewiesen, daß die Hauptschichtflächen
des Westwindsystems eine bemerkenswerte Doppelschichtung aufweisen. Die Inversionen zwischen 2000
und 3000 m haben Häufungen bei 2400 und 2800 m, die um 4000 m Höhe bei 4000 und 4400 m Höhe.
Wir haben es sicherlich auch bei diesen Schichtflächen des Westwindsystems mit Reibungsgrenzflächen
zu tun. Die Schichtflächen des Passates lassen sich ganz gleichartig zu solchen Doppelschichten zusammen
fassen, und zwar dürften zusammengehören:
Höhe in m
740
1100
1600
2250
3250 5430 8000 11100
4340 6400 9550 12300
Die Erklärung dieser Doppelschichtung ist noch fraglich, doch kann sie nach der Ansicht der
Verfasser auf Höhenschwankungen der Schichten am Tage und in der Nacht beruhen. In der Nacht
liegt die Grenzhöhe der Reibung in den unteren Schichten tiefer als am Tage, das gleiche gilt sicherlich
auch für größere Höhen. Es ist nun durchaus denkbar, daß die Grenzfläche der Nacht tagsüber nur
abgeschwächt und nicht gänzlich zerstört wird.
B. Wolkenmessungen.
In engstem Zusammenhang mit der Schichtbildung steht die Form und die Höhenlage der Wolken.
Die Wolkenhöhe konnte bei einer Anzahl von Höhenwindmessungen festgestellt werden. In der folgenden
Übersicht wurden nur die Fälle berücksichtigt, bei denen die Pilotballone unmittelbar in die Wolken
eingetreten sind. Sämtliche Höhenangaben beziehen sich also auf die untere Wolkengrenze:
*) Vgl. F. M. Exner: Wind und Luftdruck nach Untersuchungen in England. Met. Zeitschr. 1920. S. 275. a ) W. Peppier:
Ergebnisse der Lindenberger Messungen der Wolkenhöhen mit Drachen und Fesselballons. Met. Z. 1920. S. 189.