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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 1925. Heft 3.
und B, also östlich vom 76. Grad W. Lg., verläuft die Grenze zwischen nördlichen Komponenten unten und
südlichen Komponenten darüber in 500 m Höhe, um in Gruppe C bis auf 4,5 km anzusteigen. Gruppe D
zeigt diese Grenze sogar erst in 8 km Höhe. Dieses Ansteigen ist ein Ausdruck dafür, daß im Sommer
der Passat an der Nordküste von Südamerika in unmittelbarer Nähe der tropischen Tiefdruckrinne eine
mehr östliche Richtung hat, während er an der Moskitoküste und im Golf von Honduras, im Nordwest
quadranten der Tiefdruckmulde über dem nordwestlichen Südamerika wieder auf nordöstliche Richtung
dreht und größere vertikale Mächtigkeit erlangt. Über dieser nordöstlichen Strömung lagert bis etwa
12 km Höhe in den Gruppen A, B und C fast allenthalben Strömung aus dem Südostquadranten.
Darüber treten teils nördliche, teils südliche Komponenten auf. Die Aufstiege der Gruppe B, die bis
23 km Höhe hinaufgehen, zeigen von ]6 km an zunehmende südliche Komponenten. Der Oberpassat
weht von 19 km an aus südöstlicher Richtung, mit zunehmender Beständigkeit.
c) Maxima der Windgeschwindigkeiten.
Im Gegensatz zu den Ergebnissen der vorhergehenden Studienfahrten der Seewarte sind auf dieser
Westindienfahrt in den Tropen wesentlicli höhere Windgeschwindigkeiten beobachtet worden. In Gruppe A
konnte bereits in den untersten 500 m eine Windgeschwindigkeit von mehr als 15 m/sec gemessen werden,
in 1000—1500 m treten bereits mehr als 20 m/sec auf. Höher hinauf ist dann bei Gruppe A zunächst
ein Nachlassen der Windgeschwindigkeiten festzustellen, das sich auch in den mittleren Resultanten und
Skalarmitteln äußert; aber bereits in 4—5 km Höhe konnten wieder maximal 20 m/sec erreicht werden,
in 10—11 km wurden in einem Fall sogar 31 m/sec gemessen. In Gruppe B wurden nicht ganz diese
Geschwindigkeiten erreicht; jedoch wurden auch hier zwischen 1000 und 1500 m 15, zwischen 1500 und 2000
17 m/sec überschritten. Geringere Windgeschwindigkeiten traten im Golf von Darien, an der Panama-
und Costaricaküste auf, wo erst von 3 km Höhe an die Höchstgrenze von 15 m/sec überschritten wurde.
Recht erhebliche Windgeschwindigkeiten wurden aber weiter nördlich an der Moskitoküste und im Golf
von Honduras beobachtet, wo bereits von 2500 m an Höchstgeschwindigkeiten über 20 m/sec festgestellt
wurden; zwischen 4 und 5 km konnten in einem Falle nahezu 27 m/sec erreicht werden. In der gleichen
Höhenstufe ergibt bereits die mittlere Resultante eine Geschwindigkeit von 20, das Skalarmittel der Wind
geschwindigkeit sogar 21,2 m/sec. Die Stärke der Luftbewegung ist ein Ausdruck dafür, daß in der
hochsommerlichen Regenzeit der Luftaustausch infolge verstärkter Konvektion in kurzen Zyklen inner
halb des engeren Tropengürtels wesentlich verstärkt ist, während der große Luftaustausch zwischen
subtropischem Hochdruck und tropischem Tiefdruck in der wärmeren Jahreshälfte abgeschwächt erscheint.
Hinzu kommt, daß die stark erwärmte Festlandmasse des nördlichen Südamerika stark aspirierend auf
die nördlich von ihr wehende östliche Luftströmung wirkt. Für den Luftverkehr im dortigen Gebiet
sind die hohen Windgeschwindigkeiten, die bereits in Flughöhe eintreten können, sehr beachtenswert.
2. Die Windmessungen in Barranquilla und das Strömungssystem der Luft
über dem Caribischen Meer.
Der fünfwöchige Aufenthalt der Expedition bei der Scadta in Columbia und die günstigen Bewölkungs
verhältnisse während dieser Zeit haben es ermöglicht, aus diesem Gebiet, das nur 11 Breitengrade vom
Äquator ab liegt, eine große Zahl Pilotvisierungen bis zu großen Höhen auszudehnen.
Mit Rücksicht darauf, daß das Windsystem über Barranquilla recht einheitlich ist und stärkere
tägliche Schwankungen nicht hervortreten, geben bereits wenige Aufstiege ein zuverlässiges Bild. Hier
sind nur die 7 höchsten Aufstiege von Barranquilla zusammengefaßt worden, um auf diese Weise
gleichwertige Mittel auch in den großen Höhen zu erzielen. Die Mittelbildung erfolgte graphisch nach
dem von Hergesell 1 ) angegebenen Verfahren.
') H. Hergesell: Passatstudien in Wcslindien. Beiträge zur Physik der freien Atmosphäre. Bd. IV, S. 153.