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Dr, A. Schumacher, Die Gezeitenströmungen.
Die meisten Beobachtungen von „Peilboot 1“ sind zudem mit einer sehr großen Zerstreuung der
Kugeln behaftet (über die Berechnung der Zerstreuung s. weiter unten im Abschnitt 2). Bei Tonne Nösse
im Hörnum Tief und in der Föhrer Ley weist mindestens ein Drittel, in manchen Tiefen aber die Hälfte
bis drei Viertel aller Beobachtungen eine Zerstreuung von über 0.20 (vielfach bis 0.80!) auf. Tn der Föhrer
Loy wird man bei der geringen Tiefe (6 m) und Breite des Priels an Störungen infolge von Wirbelbildungen
durch den Schiffsrumpf denken; in der Tat findet sich in den Beobachtungsblättern mehrfach die Bemer
kung „Anzeichen von Wirbelbildung an der Oberfläche“. Bei Tonne Nösse im Hörnum Tief (Wasser
tiefe 15 m) sollte bei einem Peilboot diese Störung, abgesehen von den obersten Schichten, kaum in Frage
kommen. Gerade hier sind aber die Beobachtungen mit der größten Zerstreuung behaftet; auch hier
erscheint eine Störung durch die Turbulenz des Wassers denkbar, wie bei Hörnum Odde. Die Bearbeitung
des von „Peilboot 1“ beigebrachten Materials hat sich also, wie bei „Senta“, im wesentlichen auf die
Verwertung der Geschwindigkeitsmessungen beschränken müssen.
2. Die Bearbeitung der Beobachtungen.
Bei der Aufbereitung der Beobachtungen wurde der Verfasser durch Dr. Koch und besonders durch
Fräulein Kindt, vorübergehend außerdem durch einige Hilfskräfte unterstützt.
Soweit das Material voll, d. h. nach Richtung und Geschwindigkeit verwertbar war, wurde folgender
Weg eingeschlagen.
Zunächst wurde für jede Einzelbeobachtung die mittlere Stromrichtung berechnet, und zwar stets
durch Koppeln, auch wenn die Kugeln in nahe benachbarten Fächern der Kompaßdose des Strommessers
lagen. Für diese Rechnung wurden handliche Hilfstafeln zusammengestellt. Im Anschluß an die Koppe
lung wurde für jede Beobachtung ein Zahlenausdruck für die Zerstreuung der Kugeln in der Kompaß
dose auf folgende Weise gefunden: hatte sich bei der Koppelung von k Kugeln die Summe der Abszissen
zu m, die Summe der Ordinaten zu n ergeben, so wurde als Ausdruck für die Zerstreuung die Differenz
1 — ^ m ~^~ n gesetzt 1 ). Der Wert der Quadratwurzel wurde graphisch gefunden,
k
Bei der darauf folgenden Berichtigung wegen Deviation wurden die erhaltenen mißweisenden Rich
tungen auf Werte von 5 zu 5° abgerundet, eine Vergröberung der Angaben um schlimmstenfalls 2°, die
angesichts der tatsächlichen Genauigkeit der Richtungsangaben beim Ekman-Merz-Strommesser nicht
ins Gewicht fällt, die bei der weiteren Arbeit aber eine beträchtliche Bequemlichkeit und Zeitersparnis
bewirkte.
Diese mißweisenden Richtungen und die zugehörigen Geschwindigkeiten (nebst den Angaben über
die Zerstreuung) wurden geordnet nach ihrem Abstand vom letzten vorhergehenden Meridiandurchgang
des Mondes in Greenwich. Da sich keine der Beobachtungsreihen über einen halben Monat erstreckt,
die meisten nur 48 Stunden gedauert haben, und zu ganz verschiedenen Mondaltern ausgeführt worden
sind, so muß sich natürlich beim Vergleich verschiedener Beobachtungspunkte die halbmonatliche Un
gleichheit in Zeit störend geltend machen. Trotzdem wurde dieser Grundsatz für die Sichtung des Materials
gewählt; er wird als der zweckmäßigste auch bei anderen Gezeitenstromarbeiten der Deutschen Seewarte
angewendet.
Jede der so geordneten Einzelbeobachtungen wurde alsdann in ihre Ostwestkomponente (Abszisse)
und Nordsüdkomponente (Ordinate) zerlegt. Da bei dieser Zerlegung die Koppeltafeln (Gradtafeln) der
nautischen Tafelsammlungen benutzt wurden, so bedeutete natürlich die oben erwähnte Abrundung der
Winkel auf 5 zu 5° eine große Zeitersparnis.
Die Abszissen und Ordinaten wurden als Funktionen der zugehörigen Beobachtungszeit in Gitter
papier eingetragen. Beobachtungen, bei denen die Zerstreuung der Kugeln 0.20 und mehr betrug, wurden
>) Die Berechnung schließt sich an folgende Veröffentlichung an: Ministry of Agriculture and Fisheries. Fishery
Investigations. Series III. Hydrography. Vol. IV. The North Sea. Part. I. Appendix. (Treatment of Current Measure
ments). London 1920. S. 98 ff. bezw. 80 ff.