I. Die Gezeitenströmungen.
Im amtlichen Aufträge bearbeitet von I)r. A. Schumacher, Hamburg, Deutsche Seewarte,
Hierzu 1 Textfigur und Tafel 1 bis 3.
Inhalt.
Seite
1. Das Beobachtungsgebiet. Der Beobachtungsplan. Das gesammelte Material und seine Verwertbarkeit 3
2. Die Bearbeitung der Beobachtungen 7
3. Der Gezeitenstrom an den einzelnen Stationen während der Beobachtungen im August 1921 9
4. Die Eintrittszeiten des Ebb- und Flutstromes 14
5. Über den Reststrom 17
6. Mittlere Richtung des Reststromes und Konstanten der M 2 - und M 4 -Tide für den Beobachtungsort des „Poseidon“ 20
7. Rückblick 21
1. Das Beobachtungsgebiet. Der Beobachtungsplan. Das gesammelte Material und seine Verwertbarkeit.
Das Wattengebiet hinter Sylt besitzt wohl das bemerkenswerteste Prielsystem im gesamten Küsten
gebiet der Deutschen Bucht, sowohl hinsichtlich der Vielgestaltigkeit wie der Größenverhältnisse der
Rinnen. Hinter den Barren im Norden und Süden von Sylt, auf denen die größte Wassertiefe bei Nied
rigwasser nur etwa 3 bis 4 m beträgt, finden sich in der Tat die geräumigsten Tiefs im ganzen deutschen
Wattenmeer. Von der Barre des Lister Tiefs bis zur Gabelung Wester Ley—Pander Tief liegt die Sohle
des Priels weit mehr als 10 m unter Springniedrigwasser, ebenso im Hoyer Tief und Römer Tief. Von
der Gabelung Lister Ley-Hoyer Tief abwärts um die Osthälfte des „Ellenbogen“ herum beträgt die Wasser
tiefe sogar über 20 m und steigt innerhalb dieser Mulde auf 37 m. Von dem südlich des Wattenrückens
(zwischen Morsum Kliff und dem Festlande) gelegenen Prielen haben Vortrapp Tief und Hörnum Tief
ebenfalls bis über die Gabelung Oster Ley—Pöhrer Ley hinauf mehr als 10 m Tiefe bei Springniedrig
wasser (das Vortrapp Tief über 15, stellenweise über 20 m; ähnliche Tiefenverhältnisse haben die Norder
und Süder Aue). Die Breite dieser Rinnen ist schwer anzugeben; rechnet man von Wattrand zu Watt
rand, so ergeben sich im Norden (Lister Tief, Lister Ley) Werte von 2 bis 3 Seemeilen, im Süden (Vortrapp
Tief, Hörnum Tief) etwa 2 Seemeilen. Tiefenverliältnisse, wie die eben angedeuteten, finden sich selbst
in den Mündung«trichtern der Elbe und Weser nicht. In der Elbmündung sind oberhalb der Linie Schar
hörn—Großer Vogelsand nur ganz vereinzelt Tiefen über 20 m zu finden, in der Weser — gleichfalls nur
ganz gelegentlich — erst zwischen den Leuchttürmen Hoher Weg und Roter Sand. Tiefen von 30 m und
darüber hat im Wattengebiet, abgesehen vom Lister Tief, anscheinend nur noch die Ems aufzuweisen
(im Randzel Gat südwestlich von Borkum 30 bis 33 m).
Strommessungen im Gebiet der Nordfriesischen Inseln hätten in idealem Umfang — möglichst gleich
zeitig — das gesamte Wattengebiet nördlich der Halbinsel Eiderstedt, also den Heverstrom und die nord
wärts anschließenden Rinnen bis zu den Sylter Gewässern hinauf zu umfassen, um das etwaige Nord
wärtsvordringen der Flutwelle zwischen den Inseln verfolgen zu können. Technische Beschränkungen
machen derartige Unternehmungen unmöglich. Die praktisch wichtigsten Teilgebiete sind im Juni, bezw.
August 1921 in zwei getrennten Untersuchungen bearbeitet worden.