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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 1922. lieft 1.
die in der M. Z. 1905, 375 mitgeteilt ist. Die Publikationen der mittelamerikanischen Netze sind leider
zum Teil nicht dafür eingerichtet oder zu lückenhaft, um für eine größere Anzahl von Beobachtungs
stationen derartige Auszüge zu machen. Wir müssen uns daher darauf beschränken, anstelle konkreten
Zahlenmaterials durch allgemeine Schilderungen nach Reisebeschreibungen diese Lücke zu ergänzen.
In der Tabelle Seite 39 sind die Resultate der Beobachtungen zusammengestellt. Für das Meer sind
ältere Beobachtungen aus anderen Meeresräumen nachBuchan und Meinardus zum Vergleich hinzugefügt.
Nach dieser Zusammenstellung ist der tägliche Gang der Gewitterhäufigkeit im Golfe von Mexiko
ein wesentlich anderer als der vorher aus der Gesamtheit' der elektrischen Erscheinungen abgeleitete.
Zunächst einmal sind die Amplituden bei weitem geringer. Sodann ist nicht die Nacht die Zeit größter
Gewitterhäufigkeit, sondern das Maximum fällt auf den Nachmittag gegen 4 h. Ein 2. Maximum zeigt
sich gegen 8 h vormittags. Das Minimum fällt in die Mittagszeit. Das Caribische Meer und der offene
Ozean zeigen dagegen ein ausgeprägtes Maximum um Mitternacht, ein Minimum gegen Mittag.
Meinardus’ Untersuchungen für den Indischen Ozean und Buehans Bearbeitung der Challengerbeobach
tungen ergeben den gleichen Verlauf, sodaß wir ihn wohl als charakteristisch für den Ozean bezeichnen
können. Die Golfregion ist dagegen durch das Land beeinflußt.
Der tägliche Gang der Gewitterhäufigkeit zu Tampa ist genau entgegengesetzt zu dem auf dem
offenen Ozean, ein ausgesprochenes Maximum am Nachmittage zwischen 2 h und 4 h, während in der
Nacht die Gewittertätigkeit sozusagen ruht. Bei Port au Prince ist die Zeit der häufigsten Gewitter auf
den Abend verschoben, die Stunden von Mitternacht bis Mittag sind fast frei von Gewittern. (Auf die
Zeit von Mittag bis Mitternacht entfallen 97% aller Gewitter, auf die andere Tageshälfte dagegen
nur 3%!) Wie sich in Port au Prince der Gang der Gewitterhäufigkeit demjenigen der Regenhäufig
keit eng anschließt, haben wir dies nach den Schilderungen von A. v. Frantzius und Pittier auch für
Costarioa anzunehmen. Kura nachdem die Sonne den Zenith passiert hat, bricht das Gewitter los, das
wohl wie der Regen seinen Höhepunkt gegen 4 p erreicht.
Von den Llanos von Venezuela berichtet schon Humboldt [49, III, 12]: „In den Ebenen steigt
das Gewitter 2 Stunden nach dem Durchgang durch den Meridian auf, also kurze Zeit nach dem Eintritt
des Wärmemaximums unter den Tropen. Im Binnenlande hört man bei Nacht oder morgens äußerst
selten donnern, nächtliche Gewitter kommen nur in gewissen Flußtälern vor, die ein eigentümliches
Klima haben.“
Wie wir einer Schilderung des Witterungsverlaufs zu Para von Bates [37, II, 401] entnehmen
können, sind dort ebenfalls vorzugsweise die Nachmittagsstunden die Zeit starker Gewittertätigkeit.
Aus diesen Notizen dürfen wir wohl schließen, daß in dem besprochenen Tropengebiete auf dem
Lande die Gewittertätigkeit ihr Maximum in den frühen Nachmittagsstunden erreicht. Die Erklärung
für diese Tatsache ist ziemlich einfach. Das Eintreten des Maximums kurz nachdem das Temperatur
maximum des Tages erreicht ist, weist uns auf den Zusammenhang mit der täglichen Wärmeperiode
hin. Mohn hat solche Gewitter daher kurz als „Wärmegewitter“ bezeichnet. Durch Überwärmung der
unteren Luftschichten werden diese spezifisch leichter und steigen auf. Hierbei kühlen sie sich
dynamisch schnell ab. Es kommt zu einer plötzlichen Kondensation des Wasserdampfes, zu Wolken
bildung und Regen unter Begleitung elektrischer Erscheinungen.
Das abendliche Maximum der Gewitter zu Port au Prince ist vielleicht auf ähnliche Weise zu er
klären. Nur dürften hier die Gewitter ihre Entstehung nicht in Port au Prince selbst haben, sondern
vielleicht schon in den früheren Nachmittagsstunden im Innern aufgekommen und dann weiter zur Küste
gezogen sein. Als Beispiel für einen derartigen Gewitterzug vom Lande zum Meer führt Köppen
[63, 56] die Halbinsel Florida an, w r o die Gewitter auf beiden Seiten aus dem Innern des Landes heraus
zur See fortschreiten, dem Strome der erhitzten Luft in höheren Schichten zum kühleren Meere
folgend. Einen Anhalt für unsere Annahme, daß ähnliche Verhältnisse auch für Port au Prince vor
liegen, bieten die stündlichen Gewitterbeobachtungen von Furcy, einem Orte auf einem Plateau im Innern
von Haiti in 1540 m Seehöhe. In der Tat fällt hier das Maximum dpr Gewitterhäufigkeit schon auf 4h
nachmittags, und sie erlischt bereits gegen 10 h abends.