38
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte.
1922. Heft 1.
3. Jährliche Periode der Gewittererscheinungen.
Bei der engen Verknüpfung der Gewittererscheinungen mit den atmosphärischen Niederschlägen
werden wir erwarten können, bezüglich der jahreszeitlichen Verteilung der Gewitter ein Bild zu er
halten, wie es ungefähr auch der Verteilung der Niederschläge über das Jahr entspricht. Ein Vergleich
der Karte 20, auf der die jährliche Verteilung der Gewittertätigkeit nach der Zeit der häufigsten Ge
witter zur Darstellung gebracht worden ist, mit der Karte der jährlichen Regenverteilung (Karte 17),
zeigt jedoch, daß eine derartige Übereinstimmung sich nicht überall findet. Am besten ist sie auf dem
Lande, z. B. auf dem Hochlande von Mexiko, wo das Gewittermax. übereinstimmend mit dem Maximum der
Regenhäufigkeit in den Sommer, und zwar in den August fällt. Auf dem Meere dagegen ist das Max.
der Gewitterhäufigkeit gegenüber der Zeit der häufigsten Niederschläge im allgemeinen verfrüht. In
dem Winterregengebiete im Osten fällt es auf den September bezw. Oktober. Das Herbstregengebièt hat die
häufigsten Gewitter schon im August bezw. Juli. Im Norden der Großen Antillen, etwa zwischen 17° und
25° zeigt sich ein doppeltes Maximum der Gewittertätigkeit im Juni und Oktober, und zwar ist westlich
der Linie, die etwa von der Mona-Passage zum Schnittpunkt des 60. Meridians mit dem 25. Breitengrad
führt, das Hauptmax. im Juni, während östlich dieser Linie das Hauptmax. sich erst im Oktober ein
stellt. Eine solche Doppelperiode ist mehr oder weniger deutlich im ganzen Oaribischen Meere und auch
östlich davon auf dem freien Ozean zwischen 10° und 17° N ausgebildet. Das zweite Maximum der
Gewittertätigkeit im September oder Oktober ist ebenso wie das der Regenhäufigkeit das Hauptmaximum,
während das im Jumi/Juli nur schwach ausgeprägt ist. Südlich von 10° N ist die jährliche Periode der
Gewitter zwar nur gering, doch zeigt sich eine gewisse Abhängigkeit von der Wanderung des äquatorialen
Regengürtels, der bei seiner Südwärtswanderung in den jeweils bestrichenen Gebieten etwas stärkere
Gewittertätigkeit auslöst und zwar in den Monaten November, Dezember, Januar.
Auf dem Lande ist der Sommer die ausgesprochene Gewitterzeit. So fällt in Florida und den
atlantischen Staaten das Maximum auf den Juli, in Arkansas und Tennessee schon auf den Juni. West
texas hat sonderbarerweise schon im Mai die meisten Gewitter, daneben zeigt der September noch erhöhte
Gewittertätigkeit. Fast ganz Mexiko hat ein einfaches Maximum im August, nur ein schmaler Küsten
saum im Westen und die Halbinsel Nieder-Kaliformen haben die Zeit der häufigsten Gewitter bereits
im Juli. Die beiden kalifornischen Stationen Nordamerikas, Los Angeles und San Diego, haben merk
würdigerweise ein doppeltes Max. im März und September.
In Nordguatemala fällt, wie Sapper [98,119] betont, „die Gewitterfrequenz in manchen Jahren
ganz auffallend mit dem Zenithstand der Sonne überein“, das wären also die Monate Mai und August.
Aehnlich sind in Costarica nach A. v. Frantzius [29] die tropischen Gewitterregen im Mai und zu Anfang
Juni, sowie im August und September am stärksten. Das Septembermax. ist, wie die 6-jährigen Beob
achtungen zu San José dartun, am größten. Auf dem Isthmus von Panama sind nach Wagners [122,11]
Schilderung ebenfalls Mai und September/Oktober die Monate stärkster Gewittertätigkeit.
In dem ausgedehnten Gebiet Südamerikas hält es bei dem Mangel an Stationen mit langjährigen
Beobachtungen schwer, ein verläßliches Bild über die Gewitterverteilung zu erhalten, doch scheint sie
sich im allgemeinen eng dem Gange der Regenhäufigkeit anzuschließen und ein doppeltes Maximum
aufzmveisen zur Zeit der höchsten Sonnenstände. Das Maximum zur Zeit der 2. Kulmination bezw\ kurz
danach scheint im allgemeinen das stärkere zu sein. Die Gewdtterarmut des Küstenlandes von Guiana
wurde bereits erwähnt. Im Innern scheinen dagegen die Gewitter häufiger zu sein, denn R. Sehom-
burgh berichtet von Piara am Amucusee (30° 39'N, 59° 21'W) im Innern Britisch-Guianas [37,11,399]:
„Häufige, heftige Regenschauer leiteten die Regenzeit ein, sie gingen bereits Anfang Juni „in die schreck
lichsten, wahrhaft grauenerregenden Gewitterstürme“ über. Die Gewitter begannen gewöhnlich am
Nachmittag, wiederholten sich gegen Mitternacht und verkündeten den Anbruch des Tages; diese letzteren
waren immer die grauenhaftesten, bei denen sich unter fürchterlichen Donnerschlägen fast unglaub
liche Regenmassen niederschlugen. In schwächerem oder stärkerem Grade wiederholte sich dieses