Dr.W.KIoster: Bewölkung»-, Niederschlags-u.GewitterverhiUtnisse d. westind. Gewässer u. d. angrenz. Landinassen. 37
Da die Gewitter als Begleiterscheinungen der Kondensationsvorgänge in der Atmosphäre anzu
sprechen sind, werden wir erwarten können, daß die Karte der regionalen Verteilung der Gewitter
Ähnlichkeiten aufweist mit derjenigen der Verteilung der Niederschläge. Die Jahreskarte der Regen
häufigkeit (Karte 12) bringt die verwandten Züge nicht so sehr zum Ausdruck wie die Karte des
Sommers bezw. des Herbstes (Karte 15 und 16), was ja nach der jahreszeitlichen Verteilung der Ge
witter auch erklärlich ist.
Die gewitterarmen Gebiete auf dem freien Meere fallen, wie wir durch Vergleich mit den Karten
der Regenhäufigkeit feststellen können, mit den Gebieten regelmäßigen Passats zusammen. Die An
sicht Meyens [84, II, 411], daß es auf offener See innerhalb der Passatzone niemals gewittere, die von
A. v. Danckelman für das indische Passatgebiet schon widerlegt wurde, erweist sich also auch in
unserem Gebiet als irrtümlich. Die Angabe Mohns [86, 375], daß der äquatoriale Stillengürtel zwischen
den beiden Passaten die Gegend sei, in welcher die Gewitter am häufigsten auftreten, läßt sich in so
allgemeiner Form wohl auch nicht aufrecht erhalten. Unsere Karte der jährlichen Verteilung der
Gewitterhäufigkeit zeigt in der Kalmenregion auf dem Meere zwar eine schwache Zunahme der Gewitter
tätigkeit gegenüber der in den Gebieten strengen Passats, doch hebt sich diese Zone bei weitem nicht
derartig von der Umgebung ab, wie es bei der Bewölkung und den Niederschlägen der Fall war. Auch
an Wetterleuchten scheint der Kalmengürtel des Meeres nicht sonderlich reich zu sein, denn wie Karte 19
zeigt, kommt die Häufigkeitsstufe 15—20 für elektrische Erscheinungen im ganzen auch dem benach
barten Ozeanstreifen zwischen 50° und 60° W zu.
Nach allgemeiner Ansicht der Seefahrer sollen Gewitter auf dem Meere an die warmen Meeres
strömungen gebunden sein [113, 179]. Hellmann hat in einem Aufsatze [46] den Zusammenhang
zwischen der Temperatur der Meeresströmungen und der Gewitterhäufigkeit an zahlreichen Beispielen
dargelegt. Wir wollen nun untersuchen, ob sich in unserem Gebiete auch derartige Beziehungen aufstellen
lassen. Im gleichmäßig warmen Caribisohen Meere (Oberflächentemperatur überall > 25° C) können wir
freilich von einer warmen Strömung kaum reden, „not a stream but a sea is in motion“ (Pillsbury).
Man vergleiche dazu die Karte von Soley in den A. d. H. 1910 Taf. 20 [50]. Der Golf von Mexiko zeigt,
wie aus dieser Karte ersichtlich ist, ebenfalls keine engbegrenzte Strömung. Es besteht zwar eine
Kreisbewegung im Uhrzeigersinne, doch verläuft diese je nach der Jahreszeit in engeren oder weiteren
Grenzen. Nur dort, wo die Wassermengen sich durch einen engen Durchlaß hindurohzwängen müssen,
kann von einem Strom im eigentlichen Sinne gesprochen werden, so in der Yucatanstraße, der Straße
von Florida und in der Windward Passage, durch die ein Zweig des Antillenstromes und des Cuba-
Gegenstromes läuft. An diesen Stellen finden wir nun in der Tat eine gesteigerte Gewittertätigkeit. Für
die Yucatan- und die Floridastraße zeigen dies recht gut die Diagramme 15 und 16 auf Tafel 5. Freilich
ist dabei in Betracht zu ziehen, daß die größere Landnähe an sich auch schon eine Steigerung der
Gewittertätigkeit in diesen Räumen hervorrufen würde. Der Nähe des Golfstromes ist auch wohl das
Gewittermaximum um Florida zuzuschreiben. Umgekehrt ist die Gewitterarmut der pazifischen Küste
Nordamerikas wohl mit auf das Konto der kalifornischen Strömung zu setzen.
Im übrigen scheinen lokale topographische Unterschiede eine gewisse Rolle, wenn nicht manchmal
die entscheidende, in der Verteilung der Gewitter zu spielen. Wir haben dabei zu bedenken, daß wir
es in den Tropen meist nur mit der einen der von Mohn unterschiedenen Formen, den lokalen „Wärme
gewittern“, höchst selten nur mit cyclonalen „Wirbelgewittern“ zu tun haben. Recht verlockend für
unser Gebiet erscheint auch der Gedanke, die Häufigkeit der Gewitter in einigen Landstrichen mit der
Radioaktivität der Bodenluft in Verbindung zu bringen. Und wo könnten diese Erscheinungen wohl
besser auftreten als in den Gebieten jungvulkanischen Gesteins mit zum Teil noch tätigen Vulkanen
oder in den von Höhlen und Klüften durchsetzten Kalk- und Dolomitgebirgen der Altä Verapaz? Die
Dürftigkeit des Materials gerade aus diesen Räumen gestattet es uns jedoch nicht, diesen Zusammen
hängen weiter nachzuspüren; es muß dies späteren Forschungen mit wesentlich umfangreicherem Material
überlassen bleiben.