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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 1922. Heft 1.
gegenüber den Vormonaten zu beobachten ist. In den Llanos von Venezuela tritt gegen Ende April
die Regenzeit ein, wie es Humboldt in klassischer Weise geschildert hat. Columbien hat, wie die
Zahlen für Medellin und Bogotá zeigen, ebenfalls seine 1. Regenzeit mit höchstem Sonnenstand. In
Mittelamerika erfahren mit dem Nordwärtssohreiten der Sonne die Zahlen für die Regenhäufigkeit
eine Erhöhung. Nicht nur auf der atlantischen Seite, auch an der pazifischen Küste herrscht jetzt die
Regenzeit („Invierno“). In Mexiko und in Nordamerika hat sich das Bild im Vergleich zum Winter
wenig geändert. Das Gebiet der geringsten Stufe der Regenhäufigkeit ist etwas eingeschränkt worden,
wohl infolge der von dem sich erwärmenden Lande angesaugten Seewinde, die im Mai schon häufiger
Kondensation von Wasserdampf herbeiführen.
Bei Betrachtung der Verhältnisse des Sommers (Karte 15) mag noch einmal auf die gute Über
einstimmung der Niederschlagskarte mit jener der Bewölkung hingewiesen werden. Sehr deutlich
kommt gegenüber dem Frühling die Nordwärtsverlegung der Gebiete geringerer Regenwahrscheinlich
keit zum Ausdruck. Im Caribischen Meere besteht nur noch im Lee der Antillen ein kleiner Raum, in
dem an weniger als 25 % aller Tage Regen fällt. Zwischen 12° und 17° liegt östlich vom 55. Meridian
ein weiterer Streifen gleich geringer Regenhäufigkeit. Nördlich von 20° dagegen findet sich eine
größere Zone, die mit dem in gleicher Breite liegenden Golfe von Mexiko der Häufigkeitsstufe 10—25
angehört. Die Kalmenzone hat sich gleichfalls nach Norden verschoben. Zwischen 5° und 10° N beob
achten wir ein Steigen der Regenhäufigkeit auf 40 % und darüber. In Pará und auf dem angrenzenden
Meere hat die Zahl der Stillen jetzt abgenommen und der SE-Passat seine Herrschaft angetreten. Doch
tritt in Para nur eine geringe Abnahme der Regenhäufigkeit ein. In den Küstenorten Guayanas haben
auf Kosten der NE-Winde die reinen E-Winde größere Häufigkeit erlangt. Die Regenwahrscheinlich
keit hat sich gegenüber dem Frühling nicht wesentlich geändert. Eigentümlich ist die plötzliche Ab
nahme im August, gleichmäßig an allen Stationen, während man eher eine Zunahme erwarten sollte, da
Ende August / Anfang September die Sonne zum 2. Male kulminiert. In den Llanos setzt nach kurzer
Abschwäohung der Regenzeit von Mitte Juni bis Mitte Juli mit rückkehrender Sonne ebenfálls wieder
der Regen ein. Wie die Zahlen für Bogotá, Cartagena und Medellin zeigen, tritt in Columbien im Juli
eine kleine Abnahme der Regenhäufigkeit ein („el veranito de San Juan“, der kleine Johannissommer).
In Mittelamerika ist auf der atlantischen Seite eine kleine Trockenzeit, der „Veranillo“, nur
schwach angedeutet, am besten noch bei den Stationen des Innern. Im übrigen schließen sich an die
durch den 2. Zenithstand der Sonne bedingten Niederschläge bei wieder lebhafter werdendem Passat
Steigungsregen an. Die pazifische Seite hat im Bereiche häufiger Stillen und des SW-Monsuns eben
falls eine recht hohe Prozentzahl von Niederschlagstagen.
In Mexiko tritt im Juni recht unvermittelt ein plötzliches Steigen der Regenhäufigkeit ein. Über
dem erwärmten Lande steigt die Luft hoch und säugt von allen Seiten neue Luft zum Ersatz heran.
Im Osten fallen daher die Niederschläge bei östlichen Winden, während im Westen die SW-Winde
die Regenbringer sind. Nach N nimmt die Zahl der Regentage allmählich ab. Im Vergleich zum
Frühling ist allerdings fast überall mit Ausnahme der Gegend um Yuma einSteigen der Regenhäufigkeit
festzustellen. Den atlantischen Staaten von Nordamerika sowie Florida und Cuba bringen warme See
winde mit hoher relativer Feuchtigkeit im Sommer neben starker Bewölkung auch eine beträchtliche An
zahl von Regentagen.
Der Herbst (Karte 16) stellt ein Übergangsstadium zum winterlichen Bilde dar; auf dem Meere
insofern, als die Regenhäufigkeit in den meisten Gebieten größer geworden ist, während auf dem Lande
im allgemeinen eine Abnahme der Anzahl der Regentage stattgefunden hat. Im einzelnen ist die Ver
teilung der Regenhäufigkeit auf dem Meere folgende: Über dem größten Teile der Meeresfläche fällt
an mehr als 25% aller Tage Regen. Gebiete mit geringerer Niedersehlagswahrscheinlichkeit bestehen im
nördlichen Golfe, im Lee der Antillen und auf dem offenen Ozean im Raume zwischen 14° und 22° N
und südlich von etwa 5° N. Dies letztere Gebiet liegt im Bereiche des übergreifenden SE-Passats.
Der Kalmengürtel ist durch ein Gebiet stärkerer Niederschlagshäufigkeit (>40%) zwischen 5° und
10° N markiert. In Pará ist die trockenere Jahreszeit jetzt etwas deutlicher ausgeprägt, die Regen