Dr.W. Kloster: Bewölkungs-, Niederschlags-u. Gewitterverhältnisse d. westind. Gewässer u. d. angrenz. Landmassen. 9
masse, die mit Wasserdampf gesättigt ist, abgekühlt, so vermag sie nicht mehr den ganzen Wasser
dampf in gasförmiger Gestalt zu halten; der überschüssige Teil verdichtet sich, es kommt zu Wolken
bildung, bezw. bei plötzlicher und stärkerer Abkühlung zu Niederschlag.
Eine Abkühlung der Luft in der freien Atmosphäre kann nun durch verschiedene Ursachen her
vorgerufen werden:
1. durch die nächtliche Ausstrahlung; es findet dabei eine direkte Abkühlung der unteren Luft
schichten statt, die zu Nebelbildung führt,
2. beim Übergang der Luft aus niederen (wärmeren) Breiten in höhere (kältere),
3. durch Ausdehnung einer Luftmasse beim Aufsteigen. Bei diesem Prozeß kommt die Luft zwar
auch in eine höhere und damit kältere Region, doch ist dieser Umstand nicht so wesentlich wie
der, daß sich die Luft von selbst abkühlt, da durch die Ausdehnung mechanische Arbeit geleistet
wird. Dieser Vorgang kann stattfinden:
a) im Bereiche eines Luftdruckminimums,
b) dort, wo ursprünglich horizontale Luftströme auf entgegenstehende Gebirge treffen, die sie
zu übersteigen haben,
c) beim Übergang vom Meer zum Land, da durch die stärkere Reibung der Luft an der
rauheren Landfläche eine Verzögerung der Bewegung der unteren Luftschichten und damit
eine Vergrößerung des Querschnitts des Luftstroms nach oben hin stattfinden muß.
4. Endlich kann durch Mischung einer wärmeren Luftmasse mit einer kälteren Kondensation statt
finden.*)
Wir sehen also, daß Luftdruck und Wind für die Wolkenbildung von maßgebender Bedeutung
sind. Um zu einer Erklärung der Bewölkungsverhältnisse in unserem Gebiete zu gelangen, müssen
wir uns daher mit den dort herrschenden Luftdruck- bezw. Windverhältnissen etwas genauer beschäftigen.
Während wir nun über die Verteilung des Luftdrucks über dem Atlantischen Ozean [17], dem
Caribischen Meere und im Golfe von Mexiko [8] recht gut unterrichtet sind, fehlen genauere Unter
suchungen über dieses Element von dem festländischen Mittelamerika sowie vom angrenzenden
Pazifischen Ozean. Da wir über die Windverhältnisse auf Land und Meer besser orientiert
sind, so habe ich mich darauf beschränkt, diese nach den vorhandenen Quellen [19, Tafel 21—24; 22;
74; 20, Tafel 18—24; 114; 47] für die Monate Januar, April, Juli und Oktober, die Vertreter der ein
zelnen Jahreszeiten, auf Karte 2—5 (Tafel 1) zusammenzustellen. An Hand dieser Windkarten wollen
wir nunmehr die Eigentümlichkeiten in der Verteilung der mittleren Bewölkung zu erklären versuchen.
Der größte Teil unseres Gebietes, nämlich der gesamte Meeresraum bis etwa 10° N mit Ausnahme
des nördlichen Teiles des Golfes von Mexiko, steht das ganze Jahr hindurch unter dem Einflüsse des
Nordostpassats. Da dieser Wind von höheren, somit kälteren Breiten in niedere (wärmere) weht, so
entfernt sich seine Luft immer mehr vom Sättigungspunkte; die Bewölkung auf dem offenen Ozean ist
daher nur gering. Sowie der Passat jedoch auf ein Hindernis stößt, das ihn zum Aufsteigen und damit
zur Kondensation des mitgeführten Wasserdampfes führt, tritt auch stärkere Trübung des Himmels
ein: siehe die Zonen höherer Bewölkung an den Großen und kleinen Antillen. Im Caribischen Meere
finden wir infolge des nunmehr verringerten Feuchtigkeitsgehaltes ein Gebiet schwächerer Himmels
bedeckung. Je weiter der Passat jedoch über diesen warmen Meeresteil streicht, um so mehr reichert
er sich wieder mit neuem Wasserdampf an, der bei dem nächsten Hindernis, der sich ihm quer ent
gegenstellenden Ostküste Zentralamerikas, wieder zur Kpndensation gelangt. Die relativ hohe Bewöl
kung des flachen Yucatan bietet ein Beispiel für den unter 3c angeführten Kondensationsvorgang beim
Übergang vom Meer zum Land. Ähnlich wie im Caribischen Meere haben wir auch im südlichen Teile
des Golfes wiederum eine Zone geringerer Himmelsbedeckung.
*) Während man früher der Meinung war, durch diese von James Hutton (1784) aufgestellte Theorie allein alle
Prozesse der Wolken- und Regenbildung erklären zu können, haben neuere quantitative Untersuchungen von Bezold,
Hann, Pernter gezeigt, daß die Rolle, die dieser Faktor bei dem Kondensationsprozeß spielt, nicht so bedeutend ist.
[Vgl. 123, 199 ; 38, 247.]