W. Brennecke: Die ozeanograpliisclien Arbeiten der Deutschen Antarktischen Expedition 1911—1912. g5
Nehmen wir als Beispiel die Reihe Nr. 27 im Südäquatorialstrom. Die beobachteten Temperaturände
rungen bei Wiederholung der Messungen waren mit Ausnahme der 100 m - Tiefe in allen Tiefen positiv
und überschritten nicht 0.1° C, nur in 100 m wurde eine Änderung von --0.44° beobachtet. Hat diese
Änderung tatsächlich stattgefunden? Die Kontrollbestimmungen der Tiefe ergeben für die 100-m-Tiefe
einen Unterschied von 1 m, es ist aber nicht ausgeschlossen, daß die zweite Bestimmung z. B. in 3 m
größerer Tiefe stattgefunden hat, da die Kontroll-Tiefenmessungen solche kleinen Unterschiede nicht
verbürgen. Einer um 3 m größeren Tiefe würde aber bei einem J t von 2.43° für 10 m (wie es sich aus
den Messungen in 75 m und 100 m Tiefe ergibt), eine Temperaturabnahme um 0.73° entsprechen, so daß,
wenn unsere Annahme, daß bei Wiederholung der Messung in um 3 m größerer Tiefe beobachtet wäre,
zu Recht bestünde, die Änderung der Temperatur in Wirklichkeit positiv und nicht negativ gewesen
wäre. Wie die Verhältnisse tatsächlich gelegen haben, ist nicht zu entscheiden — es sollte nur an
einem Beispiel gezeigt werden, wie vorsichtig man bei der Deutung von Beobachtungen über die Ände
rung von Temperaturen in Schichten, deren Temperatur sprunghaft bei zunehmender Tiefe abnimmt,
sein muß. — Daß die Temperatur auf 10 m Tiefenunter schied um so große Werte wie 2.43° abnimmt,
ist im übrigen kein vereinzelter Fall, ein noch größeres Jt wurde für 75 m bis 100 m bei Reihe Nr. 22
(2.90°) und bei Reihe Nr. 25 (3.20°) beobachtet.
Trotz dieser einschränkenden Bemerkungen wird man aus der Betrachtung der Tabelle den Ein
druck gewinnen, daß die Mehrzahl der auftretenden Temperaturunterschiede bei wiederholten Messungen
in derselben Schicht tatsächliche Änderungen der Temperatur vorstellen, die mit Ausnahme derjenigen
der Reihen Nr. 41, 45 und 48 durch vertikale Bewegungen der Schichten entstanden sein dürften. Am
größten ist die Temperatur-Änderung bei Reihe Nr. 21, wo in 100 m Tiefe die Temperatur um 3.54°,
in 125 m Tiefe um 3.22° tiefer lag als bei den Messungen, die 2 Stünden vorher stattgefunden hatten.
Da Jt nach den Bestimmungen in den über- und unterlagernden Schichten im Höchstfall 1.88° betragen
hat, so würde die Änderung der Temperatur einer Änderung in der Tiefenlage der Schicht um etwa
20 m entsprechen. Zu erwähnen ist, daß gerade bei diesen Messungen noch einVersuch gemacht worden
ist, die vertikale Verteilung der Temperatur in der Spningsehicht näher zu bestimmen, indem bei der
zweiten Messung die Temperatur gleichzeitig in 100 m und 105 m sowie in 125 m und 135 m gemessen
wurde. Aus diesen Bestimmungen ergab sich Jt für 10 m unterhalb 100 m zu 0.6° und unterhalb
125 m zu 1.3°, also kleiner als nach den weiter auseinanderliegenden Messungen in 100 m, 125 m und
150 m. Da die Messungen unter allen Vorsichtsmaßregeln ausgeführt sind, so müssen wir annehmen,
daß die Temperatur in diesen Sprungschichten mit zunehmender Tiefe nicht linear abnimmt, sondern
unregelmäßig.
Bei einzelnen Reihen sind die Temperaturmessungen mehrmals in den gleichen Tiefen wiederholt
worden. Es ergab sich bei Reihe Nr. 23, daß in den Tiefen 50 m, 150 m und 400 m nach VA Stunden
überall eine Temperaturabnahme, nach 4 Stunden dagegen überall eine fast gleich große Temperatur
zunahme stattgefunden hatte — ähnliches ergeben auch die mehrfach wiederholten Messungen bei Reihe
Nr. 24. Bei Reihe Nr. 28 ergab sich für die 150 m und 200 m Tiefe nach 2 Stunden eine Abnahme, nach
drei Stunden eine Zunahme der Temperatur, während nach 4 Stunden die Temperatur in 150 m bedeu
tend zugenommen, dagegen in 200 m etwas abgenommen hatte. Alle diese Messungen erweisen, daß
nicht Fehler in der Tiefenlage der Instrumente die Ursachen der Temperatur-Änderungen waren, son
dern daß Schwankungen in der Tiefenlage der Schichten stattgefunden haben, die mehrere Schichten
stets gleichmäßig betroffen haben. Erklären können wir uns diese Vertikal-Schwankungen der Tiefen
schichten entweder durch das Auftreten von wellenförmigen Bewegungen an den Grenzflächen der
Schichten oder durch Schwankungen des Oberflächenstroms; werden die Oberfläohenströmungen ver
stärkt, sei es durch direkte Wirkung des Windes oder durch verstärktes Kompensationsbedürfnis nach
andern Gebieten, so wird hierdurch eine Hebung der unterlagernden Schichten bedingt sein, die zurück
geht, wenn eine Verlangsamung der Oberfläohenströmung eintritt.
Mit der Änderung der Temperatur bei Wiederholung der Messungen ist meist auch eine Änderung
im Salzgehalt und in der Dichte verbunden, wie die folgende kleine Tabelle zeigt: