W. Brennecke: Die ozeanograpliisehen Arbeiten der Deutschen Antarktischen Expedition 1911—1912. 45
Georgien. Es erschien deshalb gerechtfertigt, niedrigere Temperaturen für die Umgebung von Süd-
Georgien festzusetzen, als bislang nach den Messungen im Moltkehafen (in der Nähe des Ufers!) ange
nommen wurden.
Es ist weiter noch einiges über die Temperaturen des Oberflächenwassers in der Vahsel-Bucht, die
vom 10. II. bis zum 1. III. 1912 gemessen wurden, zu sagen. Bei der Ankunft des Schiffes hier am 31. I.
war die Innenbucht noch mit Wintereis bedeckt, die Oberflächentemperatur des Wassers am Eisrand
betrug —1.21° gegen —0.8° im offenen Wasser längs des Inlandeisrandes. Nachdem in den ersten
Tagen des Februar die Eisdecke gebrochen und das Feldeis herausgetrieben war, stieg die Temperatur
in der Bucht am 12. II. auf —1.00°, um bis zum 18. II. meist zwischen —1.1° und —1.3° zu bleiben. Vom
18. II. an lag die Temperatur meist zwischen —1.3° und —1.4°, worauf plötzlich Jungeisbildung eintrat.
Schon am 18. II. und 26. II. hatte ich bei —1.3° Wassertemperatur die Bildung von Eiskrystallen an der
Oberfläche wahrnehmen können und hatte auch an geschützten Stellen zwischen den Bergen in der Bucht
neugebildetes Jungeis festgestellt. Zur Bildung einer Jungeisdecke in der Bucht war es aber nicht ge
kommen, da die wärmere Schicht unter der Oberfläche nach oben Wärme abgeben konnte, welchen Vor
gang auch unsere Reihenmessung 62 vom 25. II. deutlich veranschaulicht. Da der Salzgehalt etwa der
gleiche in der Vahsel-Bucht wie in dem davor befindlichen offenen Wasser war, so war die Bildung einer
Jungeisdecke bei einer Temperatur des Wassers bei etwa —1.8° anzunehmen, wie wir es auch außer
halb der Bucht bei der Fahrt nach Süd-Georgien in 76° S-Br. beobachteten. Daß die Eisbildung in der
Vahsel-Bucht bei einer so hohen Wassertemperatur einsetzte, ist wohl durch die zwischen Eismauern
eingeschlossene Lage der Bucht zu erklären. Einerseits wurde das Wasser hier einer intensiveren Er
kaltung infolge der vom Inlandeis abfließenden kalten Luft (—20° in den Tagen der Eisbildung) aus-
gesetzt als das Wasser außerhalb der Bucht, andererseits war die Wasseroberfläche bei der geschützten
Lage meist glatt, so daß die mechanische Durchmischung der Oberflächenschicht mit den tieferen
Schichten gering war. Ich selbst konnte die Jungeisbildung in der Bucht nicht näher studieren, da ich
in jenen Tagen mit dem Geologen auf dem Inlandeis kampierte.
Bei der Fahrt von der Vahsel-Bucht nach Süd-Georgien trafen wir vor der Bucht eine Temperatur
von —1.50°, die sich nach 24stündiger Weiterfahrt auf —1.72° erniedrigt hatte, worauf die Bildung von
Pfannkucheneis erfolgte.
Schließlich ist noch der Einfluß der gewaltigen Eisbergtrift, die mit hunderten von Eisbergen dieSüd-
und Ostküste Süd-Georgiens bei der Rückf ahrt im Dezember 1912 umgab, auf die Oberflächentemperatur des
Meeres zu erwähnen. Trotzdem wir uns zeitweise mitten in der Trift befanden und rings von Bergen in
geringem Abstande umgeben waren, betrug der Unterschied der Wassertemperatur gegen das Vorjahr,
wo wir zu derselben Zeit das damals völlig eisfreie Gebiet passierten, im Höchstfälle nur 0.9°. Diese
Abweichung, die klimatisch, auf weite Gebiete ausgedehnt, wohl sicher von beträchtlicher Wirkung ist,
ist andererseits zu gering, um irgend einen Hinweis zur Sicherung gegen Eisgefahr zu geben. Gelegent
liche Messungen der Oberflächentemperatur in der Nähe von Eisbergen haben niemals irgend einen
sicheren Anhalt gegeben, daß die Wassertemperatur unbedingt durch die Anwesenheit des Eisberges
erniedrigt worden sei, die Unterschiede lagen stets im Bereich der auftretenden unregelmäßigen
Schwankungen der Wassertemperatur.
3. Der Salzgehalt und die Dichte der Meeresoberfläche.
Ebenso wie die Temperaturbeobachtungen erstrecken sich auch die Salzgehaltsbeobachtungen von
51° N-Br. bis 78° S-Br. Die Höchstwerte des Salzgehalts wurden in 25° 0' N-Br. und 37° 56' W-Lg. mit
37.58 °/oo und in 19° 1'S-Br. und 34° 42'W-Lg. mit 37.23 0 / 00 gemessen. Die niedrigsten Werte des Salz
gehalts wurden (abgesehen von den Bestimmungen an der La Plata-Mündung und in den Fjorden Süd-
Georgiens) an der Eiskante in 59° S-Br., 31K 0 W-Lg mit 33.52 °l 00 und in den Tropen in 7—8° N-Br.,
35—38° W-Lg. mit 34.42 °/oo bestimmt. Das Minimum an der Grenze des Polargebiets ist bewirkt durch