H. Muli n köpf: Die Auslösung der fuukeutelcgr. Xauener Zeitsiguale tlurcli die Deutsche Seewarte. 19
Abenden wurde noch eine zweite Beobachtung angestellt, sobald der geringste Zweifel an der absoluten
Zuverlässigkeit der ersten auftauchte, was gelegentlich der Fall war, so lange die alten elektrischen Ein
richtungen benutzt werden mußten. Den Uhren wurde die sorgfältigste Behandlung zuteil. Die überaus
freundliche Mitarbeit, die Herr Wanach durch brieflich erteilte Ratschläge der Einrichtung des Zeit
dienstes widmete, sicherte die Resultate auch dort, wo bei der Beurteilung mancher subtiler Fragen des
Uhrenwesens mir die nötige Erfahrung fehlte.
Monatelang wich der jeweils für die Vorausberechnung der Uhrstände verwandte Gang von Rf 228
fast nie mehr als ±0- s .01 von dem mit Hilfe der nächsten Zeitbestimmung ermittelten mittlern täg
lichen Gang ab. Die Verzögerung des Ganges, die durch das Eindringen von Luft in den Pendelraum
bewirkt wurde, überwog für einige Zeit das eigentliche Zeitglied des Ganges, das sich unter Berück
sichtigung des Einflusses der Dichtezunahme bald als negativ herausstellte. Diese Faktoren wurden mit
vollem Erfolg bei der Extrapolation der Uhrkorrektionen in Rechnung gestellt.
Bei solchen Leistungen der Uhr ist es nicht verwunderlich, wenn die am Geodätischen Institut zu
Potsdam abgeleiteten Korrektionen der Nauener Funksignale fast stets sehr klein ausfielen und wenn
die Grenze ±0 s .l verhältnismäßig selten überschritten wurde, was in den meisten Fällen auf die anderen
Uhren der Seewarte, die für die Vorausberechnung der Zeit mit verwandt wurden, zurückzuführen war.
Natürlich wird Rf 223 hei der Extrapolation ein größeres Gewicht als den übrigen Uhren erteilt.
Für die Koeffizienten des Ganges von Rf223 ließen sich erst gegen Ende 1920 einigermaßen zu
verlässige Zahlenwerte ableiten, weil bis zum Juli das Anwachsen der Temperatur (von 11° G im Januar
auf 16 im Juli) ziemlich gleichmäßig erfolgte, und auch dann blieben die Temperaturänderungen recht
gering, so daß es nur wegen der überaus großen Stetigkeit des Ganges möglich ist, mit Aussicht auf
Erfolg einen Versuch zur Ableitung des Temperaturkoeffizienten zu machen. Und zwar wurden die
Gänge ausgeglichen, weil für eine Ausgleichung der Gangänderungen die Koeffizienten wegen der ge
ringen Änderung der Temperatur von Epoche zu Epoche allzu klein sind, so daß die Unbekannten sich
nur mit großer Ungenauigkeit ableiten lassen, wie auch ein Versuch zeigte.
Zunächst waren die Gangänderungen, die durch das Eindringen von Luft in den Pendelraum ent
standen waren, zu bestimmen. Die abgelesenen Temperaturen und Barometerstände im Pendelraum
wurden für die Zeiten zwischen je zwei Zeitbestimmungen gemittelt und die Barometerablesungen auf 0°
Quecksilbertemperatur gebracht. Sodann wurden nach bekannten Formeln jeweils die Reduktions
faktoren für die Barometerstände unter Berücksichtigung des im Pendelraume vorhandenen Wasser
dampfes berechnet und mit ihnen die Ablesungen auf die gleiche Temperatur, beiläufig +14°.0 C,
reduziert. Diese Barometermittel wurden mit der Zeit als Abszisse graphisch aufgetragen. Die Ab
weichungen von einer durch die Endpunkte gelegten „glatten“ Kurve zeigten einen mit der Änderung
der Temperatur im Zusammenhang stehenden periodischen Verlauf und ließen sich völlig dadurch er
klären, daß die Ablesungen, die sich auf den obern Rand des Quecksilbermeniskus beziehen, wegen
Kapillardepression noch eine von der Höhe des Meniskus abhängige Korrektion erfordern (vgl. Landolt-
Börnstein: Physikalisch-chemische Tabellen. Tab. 9). Diesem Umstande wurde Rechnung getragen.
Durch diese Reduktionen der Barometerablesungen haben wir zwar nicht die jeweils im Pendel
raume vorhandene Luftdichte selbst erhalten; wohl aber ergeben die Differenzen zwischen je zwei Werten
die in der Zwischenzeit durch das Eindringen von Luft bewirkten Ände r u n g e n der Dichte, und darauf
kommt es uns auch nur an. Die Einwirkung der Dichteänderungen' auf den Gang wurde durch Be
nutzung des Dichtekoeffizienten +0 S .0184 für 1mm (nach Kienle) berechnet.
Die Tabelle I auf Seite 20 enthält unter T die Daten der Zeitbestimmungen, unter t die mittleren
Temperaturen im Pendelraume von Rf223, unter B die reduzierten Barometerstände. Die mit g 0 be
zeichnte Spalte enthält die mittleren täglichen Gänge der Uhr, wie sie aus den Zeitbestimmungen folgen;
unter r finden sich die Reduktionen der Gänge auf die bei 670.0 mm reduziertem Barometerstand im
Raume vorhandene Luftdichte, berechnet nach: r (670.0 B) X (P.0184. Unter g 2iS endlich sind die
reduzierten Gänge (g u + r) aufgeführt.