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Full text: 39, 1921

210 Aus dem Arclm* der Deutschen Seowarte. — 1921. Nr. 1. 
Wenn also außer dem Winde noch eine Tiefenströmung mitwirkte, so könnte sie nur noch so 
beschaffen sein, daß ihre Wirkungen für verschiedene Teile der Trift sich aufheben; man könnte etwa 
an einen Wirbel denken. Nun ist für den Teil der Trift, von dem Messungen mit dem Ekman-Strom- 
messer vorliegen, ein Urteil über den täglichen Tieienstrom möglich. Demi die Tabelle B gibt den Strom 
relativ zum Tiefenwasser, also in der Hauptsache die reine Windtrift ohne die Bewegungen des Tiefen 
wassers an; aus den meist halbtägigen Beobachtungen läßt sich die für 24 Stunden resultierende Wind 
trift durch Koppeln berechnet; man kann dann für den gleichen Zeitraum die gesamte Besteckversetzung 
aus Tabelle A entnehmen und sie als Resultante aus der soeben berechneten Windtrift und clem noch 
unbekannten Tiefenstrom anseben; damit ist im Bewegungsparallelogramm die Resultante und eine 
Komponente bekannt, und die andere (der Tiefenstrom) kann gefunden werden. Wenn auch zugegeben 
werden muß, daß halbtägige Beobachtungen bei häufig wechselnden Windrichtungen nicht ausreichen, 
um die Trift für 24 Stunden sicher zu ermitteln, so müßte doch eine Tiefenströmung sich durch gewisse 
Grundzüge verraten, wenn die Differenzen (BesteckVersetzung - Strom mittels Ekman-Strommesser) in 
eine Karte eingetragen würden. Sie liegen jedoch wirr durcheinander, (s. Fig. 41) und beweisen damit, 
daß es sich um Zufälligkeiten handelt. 
Damit dürfte nachgewiesen sein, daß ein merklicher 
Tiefenstrom während der „Deutschland“ -Trift nicht vor 
handen war, und daß eine andere Erklärung für die unver 
hältnismäßig starke Windwirkung gesucht werden muß. Ein 
wesentlicher Unterschied gegenüber den Meeresströmungen, 
die zu den oben erwähnten kleineren Werten von X führten, 
dürfte nun darin bestehen, daß es sich um die Bewegung 
einer Eisscholle handelt, die dem Winde sehr viel mehr Ati- 
griffsmöglichkeiten und damit die Gelegenheit zu stärkerer 
Energieübertragung bietet als die bewegte Wellenoberfläche 
des Meeres. Es mag an das Beispiel des Schoners „Fred 
B. Taylor“ erinnert sein, dessen aus dem Wasser hervor 
ragendes und dem Winde ausgesetztes Heck, nachdem er in 
zwei Teile zerbrochen war, einen ganz anderen Weg nahm 
als das nur der Strömung ausgesetzte Vorderteil. 1 ) In der 
Tat führt ja auch Br en necke das Offenbleiben der Waken 
auf Gesehwindigkeitsunterschiede zwischen Wasser und Eis 
zurück (S. 196), und in derselben Richtung liegt seine Schluß- 
weise, daß die jahreszeitliche Änderung des Windfaktors auf 
eine Abhängigkeit der Energieüberti-agung von der Beschaffen 
heit der Eisschollen hindeutet (S. 201). Wenn Nansen aus 
der in mancher Hinsicht ähnlichen „Fram“-Trift einen geringeren Wert ermittelte, den dann Ekman 
mit Rücksicht auf Tiefenströme auf 1,27 reduzierte, so ist zu bedenken, daß sein „permanent surfaee cur 
rent“ infolge seines Berechnungsverfahrens den Inbegriff aller außer der reinen Windtrift vor 
handenen Strömungen darstellt, mithin etwaige Tiefenströmungen in sich enthält, so daß Ekmans 
Reduktion nicht nötig war; der dann sich ergehende ursprüngliche Wert Nansens, X =1,91 ist beträcht 
lich größer als die anderen, aus reinen Meeresströmungen berechneten; daß er den von Brennecke 
beobachteten nicht erreicht, mag zum Teil an den andersartigen Verhältnissen des Nordpolarmeeres liegen. 
2. Der Unterschied zwischen Eistrift und Meeresströmung ist es vermutlich auch, dem der von der 
Theorie abweichende geringe Wert des Ablenkungswinkels «=34° (S. 202) zugeschrieben werden muß. 
Ein Vergleich mit Nansens Trift (« =27°) ist hier wegen der dort beobachteten, vom Winde nicht 
abhängigen Komponente nicht angängig. 
i) S. it. Karte in Krümmels Handbuch d, Ozeanographie IT, 2. Anfl. 1907, S. 135. 
Fig. 41. Versuch znr Ermittlung eines etwa vor 
handenen Tiefenstroms ans den während der Trift 
angestellten Strommessungen.
	        
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