W. Bren necke: Die ozeanographischen Arbeitender Deutschen Antarktisehen Expedition 1911—1912. 201
Die einzige größere Abweichung bei den Werten von X hatte sich für die Gruppe mit einer Wind
geschwindigkeit von v 1.0—1.9 m/sec. ergeben. Es ist nun ersichtlich, daß in dieser Gruppe leicht
größere Ungenauigkeiten eintreten können, da ja in diese Gruppe auch bedeutend höhere Wind
geschwindigkeiten einrangieren, wenn der Wind während der 24 oder mehr Stunden, aus denen der
Mittelwert gebildet wurde, in der Richtung starken Änderungen unterworfen, d. h. sehr unstetig gewesen
ist. Eine Betrachtung der Einzelwerte von ^ in Tabelle A ergab dann auch, daß von allen Werten
drei Werte von X aus der sonst beobachteten Größenordnung herausfielen (es sind dies X = 6.82, 9.38,
10.12), und daß diese drei Werte sämtlich zu der Gruppe v = 1.0—1.9 m/sec. gehörten. Schaltet man diese
Werte als fehlerhaft aus, so erhält man folgende Zahlen, bei denen unter v m die Mittelwerte der Wind
geschwindigkeit der einzelnen Gruppen angegeben sind.
v in m/sec.
1.0—1.9
2.0—2.9
3.0—3.9
4.0—4.9
5.0—5.9
6.0—6.9
7.0—7.9
>7.9
v m in m/sec.
1.5
2.5
3.4
4.4
5.5
6.4
7.5
9.6
s
A = —
V
2.98
3.06
2.72
2.87
2.52
2.53
2.70
2.86
Die Übereinstimmung zwischen den einzelnen Werten von X darf als genügend angesehen werden,
um den Ansatz s = X . v zu rechtfertigen.
Eine Berechnung des mittleren Werts des Windfaktors X aus allen Beobachtungen ergab
X <== 2.78
Bestimmt man aus der graphischen Darstellung (Tafel 15) das Verhältnis Trift- zu Windgeschwin
digkeit aus den beiderseitigen Resultanten, so erhält man A = 3.01 ein Wert, der gut zu dem rechnerisch
ermittelten Wert 2.78 stimmt.
Nach Festlegung der allgemeinen Beziehungen zwischen Wind- und Triftgeschwindigkeit ist die
Frage zu untersuchen, ob die Dicke und Festigkeit des Eises, also die Jahreszeit, einen Einfluß auf die
Größe des Windfaktors ausübt, Hierzu wurden die Mittelwerte von X für die einzelnen Monate
berechnet. Es ergab sich:
Monat III IV V VI VII VIII IX X XI
X 3.19 3.13 2.22 2.09 2.61 3.03 2.62 2.95 2.97
Schalten wir zunächst den August-Wert aus, so ergibt sich ein jährlicher Gang mit einem Minimum
des Windeinflusses im Juni und einem Maximum im März. Daß das Minimum schon im Juni auftritt
und X dann im Juli und August relativ hohe Werte erreicht, ist vielleicht folgendermaßen zu erklären:
Schon im Juli wurde immer häufiger die Bildung größererWaken beobachtet, das Eis ist in diesem
Monat schon bedeutend nördlicher verfrachtet, hat also auch größeren Spielraum und die neugebildete
Bisdecke überfrorener Waken ist wenig widerstandsfähig, so daß der Windfaktor wieder größer wird.
Der außergewöhnlich hohe Wert des Windfaktors im August dürfte sich aus der Sturmperiode zu
Beginn des Monats erklären, die die Lösung größerer Eismassen im Norden bewirkt haben dürfte, so
daß die hierhin gerichtete Trift weniger Widerstand fand als in andern Monaten. Jedenfalls ergibt sich,
daß der Gesamtzustand des Eises von Einfluß auf die Größe des Windfaktors ist.
Eine Untersuchung der Abhängigkeit des Windfaktors vom Azimut der Triftrichtung ergab:
X =2.84 für den Nordost-, 2.73 für den Südost-, 2.59 für den Südwest- und 2.78 für den Nordwest
quadranten. Wenn die Unterschiede zwischen den einzelnen Werten auch nur gering sind, so ist es
doch bemerkenswert, daß die größten Werte des Windfaktors bei der Trift des Schiffes in nördlicher
Richtung gefunden werden, daß also der Einfluß des Windes auf die Triftgeschwindigkeit größer ist,
wenn die Trift nach Norden geht, wo die Gesamttrift weniger Widerstand findet, als bei entgegen
gesetzter Richtung.
Zusammenfassung. Die Geschwindigkeit der Trift der „Deutschland“ im Eis war propor
tional der Windgeschwindigkeit, Der mittlere Windfaktor betrug 2.78, d. h. einer Windgeschwindig
keit von 1 m/sec, entsprach eine Triftgeschwindigkeit von 2.78 cm/sec, (1.3 Sm im Etmal). Sowohl die