200
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte,
1921. Nr. 1.
der Perioden, während der die Windresultante angenähert Null war, ist die Periode vom 18. Okt. bis
6. Nov. 1912, von der sich eine Unterperiode vom 22. Okt. bis 3. Nov. abteilen läßt. Die Triftresultante
für die Zeit vom 13. Okt. bis 6. Nov. ist nun nicht gleich Null, sondern es ergibt sich zwischen der Position
des Schiffs am 13. Okt. und am 6. Nov. ein Unterschied von etwa 6 Sm, was einem mittleren nach OSO
gerichteten Oberflächenstrom von 0.25 Sm täglich oder 0.54 cm/sec. entsprechen würde. Dieser Betrag
wird aber dadurch noch verringert, daß, wie die graphische Darstellung zeigt, die Windresultante nicht
genau gleich Null ist, sondern ein Restbetrag übrig bleibt. Zieht man nun noch in Betracht, daß Fehler
von 1 bis 2 Sm sowohl bei der Anfangs- wie Eudposition der Periode möglich sind, ferner daß die
Berechnung der Windresultierenden infolge von Beobachtungsfehlern und der Möglichkeit sprunghafter
Änderungen des Windes zwischen den einzelnen Stundenwerten mit Fehlern behaftet ist, so ergibt sich
als Schlußfolgerung, daß der beobachtete Unterschied zwischen Wind- und Triftresultante für den Zeit
raum vom 13. Okt. bis 6. Nov. als innerhalb der Fehlergrenze fallend angesehen werden kann. Auch für
die andern Fälle, in denen die Windresultante angenähert gleich Null ist, so für die Zeiten vom 8. bis
13. Juli, vom 13. bis 21. Mai und vom 10. bis 24. April sind die Unterschiede zwischen Wind- und Trift
resultanten so gering, daß hieraus nicht ein von den Winden unabhängiger Strom abgeleitet werden kann.
Fügen wir noch die Tatsache hinzu, daß nach Beobachtungen mit dem Ekman-Strommesser (siehe
den nächsten Abschnitt) bei Windstille meist kein Strom von meßbarer Geschwindigkeit nachgewiesen
werden konnte, so erscheint die Annahme gerechtfertigt, daß die Beweg ungdes Eises während
der Trift der „Deutschland“ vom 8. ITT. b i s 26.XI.1912 nur durch die vorherrschen-
d e n W inde v e r ursachtwordenis t. Besteht diese Annahme zu Recht, so müssen sich bestimmte,
gesetzmäßige Beziehungen zwischen der Trift und den vorherrschenden Winden ableiten lassen.
Wir untersuchen zunächst die Frage: Welche Beziehungen bestehen zwischen Windgeschwindig
keit und Triftgeschwindigkeit? Tn Tabelle A ist für die einzelnen Beobachtungsabschnitte (also meist
für jeden Tag) das Verhältnis zwischen Triftgeschwindigkeit (s), ausgedrückt in cm/sec. und Wind
geschwindigkeit v in m/sec., gebildet worden, um zu sehen, ob es angängig ist, die Triftgeschwindigkeit
der Windgeschwindigkeit proportional zu setzen. Wir bezeichnen mit Thor ade, der die bisherigen
Untersuchungen hierüber eingehend erörtert hat 1 ), den Wert s = A.v als Windfaktor. Besteht die
Beziehung s = A . v so muß der Windfaktor A eine Konstante sein. Wie ohne Weiteres zu erwarten war,
zeigen die Einzelwerte von A (vergl. Tabelle A) erhebliche Abweichungen untereinander, da die Fehler
quellen sich bei den Einzelwerten zu sehr geltend machen. Es wurden daher die einzelnen s und v
nach v geordnet und mittlere Werte des Windfaktor berechnet; nur die wenigen Werte für eine durch
schnittliche Windgeschwindigkeit von weniger als 1.0 m/sec. wurden fortgelassen, da hierfür doch keine
Übereinstimmung zu erwarten war. Es ergaben sich dann die folgenden Werte:
V in m/sec. 1.0—1.9 2.0—2.9 3.0—3.9 4.0-4.9 5.0—5.9 6 0—6.9 7.0—7.9 >7.9
A=*-| 4.20 3.06 2.72 2.87 2.52 2.53 2.70 2.86
Hierbei fällt ganz offensichtlich der Wert A — 4.20 für v = 1.0—1.9 m/sec. heraus, auch der Wert
von A = 3.06 ist etwas größer als die andern Werte. Es wurde daher auch der Ansatz s-= k y V versucht,
da T h o r a d e zu der Schlußfolgerung gekommen war, daß bis Windstärke 3—4 Bit. (5—6 m/sec) die
Formel s = k UV für größere Windstärken die Formel s = A . v die Beziehungen am besten darstelle 2 ).
Dies führte zu folgenden Werten:
V in m/sec. 1.0—1.9 2.0—2.9 3.0—3.9 4.0-4.9 5.0—5.9 6.0—6.9 7.0—7.9 >7.9
k = 4.20 4.80 4.98 6.03 5.92 6.42 7.39 8.85
V v
Die für k erhaltenen Werte zeigen, auch für die geringeren Windgeschwindigkeiten, sehr erheb
liche Unterschiede, so daß der Ansatz s - k(/F nicht berechtigt ist.
i) Thorade, Die Geschwindigkeit von Triftströmungen (Zur Ekmanschen Theorie). Wiss. Beilage zum Jahresb. d.
Realschule in Eilbeck. Hamburg 1913/14. Auszug in Ann. d. Hydr. usw. 1914, S. 379.
s ) Thorade, 1. c. S. 47.