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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarlc. — 1921. Nr. 1.
dann an den folgenden Tagen stetig Ost setzenden Strom. Die mittlere Windrichtung an den einzelnen
Tagen war SO, die Stärke 1 Beaufort. Es scheint sich hieraus zu ergeben, daß unser Beobachtungsort
am Rande der äquatorialen Gegenströmung gelegen war, und daß hier an der Oberfläche wechselnde
Ströme auf treten, indem zu Zeiten der West setzende Oberflächenstrom der nördlich gelegenen
Gebiete, zu anderen Zeiten der Ost setzende Kompensationsstrom herrscht. Der Wechsel in
der Bewegung der Oberflächenschicht wird noch begünstigt durch die wechselvolle Witterung im Gebiet
der Kalmen. Die eigentliche Kompensationsströmung würden wir nach dieser Auffassung erst in 50 m
Tiefe antreffen, wo wir rein Ost setzenden Strom mit */« Knoten Geschwindigkeit haben. 1 ) Die oberhalb
dieser Strömung liegenden Schichten von 25 m und 10 m wären nach links, die unterhalb dieser Strö
mung gelegenen Schichten bis 150 m nach rechts abgelenkt, was der Theorie entsprechen würde. Die
Drehung in der Stromrichtung von 50 m bis 10 m einerseits und von 50 m bis 150 m anderseits beträgt
rund 180°; die Geschwindigkeit nimmt nach oben schnell, nach unten langsam ab.—Über die Bewegung
in den tieferen Schichten liegen nur je eine Beobachtung aus 400 m und 600 m Tiefe vor. In 400 m Tiefe
wurde ein NzW«setzender Strom von nur 2 cm/sec Geschwindigkeit beobachtet. Da der Strommesser zeit
weise Störungen aufwies, so ist diese Messung, da nur eine Kugel gefallen war, mit einem Fragezeichen
zu versehen, wenngleich anderseits eine Abnahme des Tiefenstroms auf 2 cm/sec nicht unmöglich er
scheint. Die Geschwindigkeit von 12 cm/sec (0.23 Sm/Stunde) in 600 m Tiefe ist dadurch wertvoll, daß
sie uns einen Anhaltspunkt gibt, mit welchen Geschwindigkeiten wir in den größeren Tiefen rechnen
können. Die Richtung des Stroms nach SzW ist ohne weiteres nicht zu erklären, da wir nach den
Längsschnitten in dieser Tiefe nördlich setzenden Strom annehmen würden (vgl. Kap. V: Die meridionale
Tiefenzirkulation), während nach Ekman der Kompensationsstroni auch noch in 600m Tiefe zu ver
muten wäre.
Eine zweite BootaVerankerung mitStrommessungen wurde am 13. August 1911
in 20°39'S-Br., 36° 6' W-Lg. südlich der Montague- und Jaseur-Bank ausgeführt. Wind und See waren
bedeutend ungünstiger, es wehte NNW-Wind von 4 Beaufort, der nachmittags so böig wurde, daß die
Messungen abgebrochen werden mußten. Da die Bootsbewegungen z. T. sehr heftig waren, so war vor
auszusehen, daß einzelne Messungen infolge Streuung der Kugeln keine einwandfreie Richtungs
bestimmung erlauben würden. Wenn trotz der ungünstigen äußeren Umstände die Bootsverankerung
vorgenommen wurde, so geschah es, um zu erproben, ob eine Bootsverankerung auch bei mäßigen bis
frischen Winden auf großen Tiefen durchführbar sei, ohne die Sicherheit zu gefährden. 1 ) Dies ist voll
geglückt. Etwas schwierig gestaltete sich nur die Übergabe des Endes der Drahtlitze an das Boot, da
dieses heftige Bewegungen längs der Bordwand ausführte. Die Verankerungstiefe betrug 3099 m, die
Länge der ausgelassenen Litze 4200 m, die Länge des Hanftaues am Ende der Litze 40 in. Der Kugel
durchfall des Strommessers wurde vor und nach der Messung geprüft und einwandfrei befunden. Als
die Verankerung wieder eingehievt war, zeigte es sich, daß der Holzstab mit aufgekeiltem Gewicht 40 cm
tief in den Schlamm eingedrungen war, indem die unteren 40 cm mit einer gleichmäßigen Schlammschicht
bedeckt, der obere Teil dagegen frei von allen Schlammspuren w r ar. Die erzielten Ergebnisse sind in
nachfolgender Tabelle (S. 175) zusammengestellt, die Mißweisung wurde wieder mit 15° W berücksichtigt.
Die beiden letzten Messungen in 1 m und 50 m Tiefe sind infolge der heftigen Bootsbewegungen
nicht zu benutzen. Ob die Geschwindigkeit der Oberflächenbewegung in Wirklichkeit sich so bedeutend
verringert hat, wie die Messungen zeigen, ist fraglich, da die Bootsbewegungen auch die Geschwindig
keitsangaben beeinflussen, jedoch findet sich unter den Bemerkungen im Beobachtungsbuch die An
gabe, daß das Schiff 2 h Nachmittags wieder in Nähe des Bootes dampfte, dann aber weniger trieb
als zu Beginn der Messungen.
i) Nach der von V. Ekman entwickelten Theorie der Meeresströmungen soll der Kompensationsstrom zwischen
den Passatgürteln auch ein Tiefenstrom sein. Siehe Ana. der Hydrographie von 1906, S. 535.
-) Es sei erwähnt,, daß stets das notwendige Handwerkszeug War war, um die Ankcruugslitze zu kappen. Sehr
interessiert war immer die Mannschaft an der Bootsverankeruug, und es meldeten sieh stets eine ganze Anzahl, die mit
in das zu verankernde Boot wollten.