W. Brennecke: Die ozeariograpbisehen Arbeitender Deutschen Antarktischen Expedition 1911—1912. 153
ins Auge, so ergibt sich ferner, daß die höchsten Werte der Temperatur und des Salzgehalts in 200 m
und 400 m Tiefe nicht wie an der Oberfläche im nördlichen Teil des Brasilstroms liegen, sondern südlicher
(in 400 m Tiefe südlich von 85° S-Br.). Temperaturwerte von mehr als 14° und Salzgehaltswerte von 35.3 °/ 00
und 85.0%o sind im Südatlantischen Ozean bislang niemals in 400 m Tiefe gemessen worden mit Ausnahme
der Werte hier vor der La Plata - Mündung, so daß wir ihr Vorkommen in dieser Tiefenlage nicht auf
die allgemeine Vertikalzirkulation zurückzuführen haben. Fragen wir nach den Ursachen, die diese
hohen Werte in 400 m Tiefe herbeiführen, so wird die Erklärung in einem Anstau der nach Süden
strömenden Gewässer des Brasilstroms durch die ln entgegengesetzter Richtung bewegten Wasser
massen des Falklandstroms zu suchen sein. Dieser Anstau wird am stärksten vor der La Plata-Mündung
sein und eine Anhäufung des warmen salzhaltigen Wassers bewirken, eine weitere Folge wird aber ein
Abkurven relativ warmen und salzhaltigen Tiefenwassers nach Osten sein, das noch unterstützt wird
durch die ablenkende Kraft der Erdrotation.
Sehr auffallend ist, daß neben den hohen Werten der Temperatur und des Salzgehalts in 400 m
Tiefe südlich von 35° S-Br. auf Station 41 (in 34" 23' S-Br.) bedeutend niedrigere Werte beobachtet
wurden (7.4° und 34.46 °/ 00 ); auch in 200 m wurde ein bedeutend geringerer Salzgehalt bei Station 41 be
obachtet als hei den südlicher gelegenen Stationen. Eine Erklärung für diese hier beobachtete niedrige
Temperatur und den geringen Salzgehalt ist schwer zu finden, 1 ) da es sich kaum um Falklanstromwasser
handeln kann. Es bleibt nur übrig, Auftrieb anzunehmen, der eine Hebung der Wasserschichten her
beiführt. Sichtbare Ursachen für diesen Auftrieb sind aber nicht vorhanden, so daß man nur an Strom
wirbel großen Ausmaßes denken kann, die die Hebung der Wassermassen in einem Teil des Wirbels
bewirken.
Eine weitere Erläuterung dieser in den Kärtchen der horizontalen Verteilung der Temperatur
und des Salzgehalts in Erscheinung tretenden Tatsachen geben die Vertikalschnitte, die die in diesem
Gebiet ausgefülirten Reihenmessungen Nr. 39 bis 47 von 0 m bis 2000 m Tiefe zur Darstellung bringen.
(Tafel 11). Die Lage der einzelnen Reihen ist aus Fig. 30 zu ersehen, Reihe 45 und 46 liegen im Bereich
des Falklandstroms, die andern Reihen im Brasilstrom. Der Über
gang vom Brasil- zum Falklandstrom ist durch das steile Ansteigen
der Isothermen und Isohalinen südlich von Reihe 44 gekenn
zeichnet, und man erkennt klar, daß auch unterhalb 400 m ein
merkbarer Unterschied zwischen den beiden Wasserarten vor
handen ist. So ist die Temperatur in 1000 m Tiefe im Falkland
strom um 0.4° bis 0.5° niedriger als hei der südlichsten Station
(Reihe 44), die im Brasilstrom gewonnen wurde. Auch in 1000 m
Tiefe zeigt sich noch der Anstau des Brasilstromwassers durch
Ausbuchten der Isothermen nach der Tiefe zu bei Reihe 43 und 47,
was noch verstärkt wird durch den Auftrieb bei Reihe 41. Während
sich der Auftrieb bei Reihe 41 am stärksten in 400 m bemerkbar
macht (Temperatur 7.35° gegenüber 12° bis 14° in gleicher Tiefe bei
benachbarten Stationen), ist in 600 m und 1000 m Tiefe auch bei
Reihe 42 die Temperatur niedriger als hei den andern Stationen im Brasilstrom, ein Zeichen dafür, daß
hier höchst verwickelte Stromvorgänge vorhanden sdn müssen, über die unsere wenigen Beobachtungen
nichts Näheres aussagen.
Ebenso wie bei dem großen Längsschnitt durch den Atlantischen Ozean tritt auch hei unserem
Einzelschnitt die warme Tiefenströmung, gekennzeichnet durch eine Zunahme der Temperatur in 1500 m
und größeren Tiefen, in die Erscheinung. Die Temperaturzunahme ist bei allen Reihen, bei denen
Bestimmungen aus 2000 m Tiefe vorliegen, festgestellt. Auffällig ist, daß diese Temperaturzunahme bei
1 ) Beobachtung-siehler sind ausgeschlossen, da auch die 1900-Meter-Tiefe deutlich noch diesen Unterschied in der
Temperatur und einen umgekehrten Unterschied in» Salzgehalt (entsprechend der Zunahme des Salzgehalts unterhalb
SOO-Meter-Tiefe) 'zeigt.
Fig. 30. Lage der Eeihenmessimgcn vor
der La Plata-Mündung.