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Full text: 38, 1920

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 1920. Nr. 2. 
Im Winter ist also bei verhältnismäßig tiefen Temperaturen noch häufiger eine weitere beträcht 
liche Abnahme zu erwarten, als im Sommer bei entsprechend hohen Temperaturen eine beträchtliche 
Zunahme. Vergleicht man unter diesem Gesichtspunkt (als Zeitpunkte der extremen Verhältnisse) den 
Wintermorgen und den Sommernachmittag, also die Zahl der beträchtlichen Temperaturabnahmen, die im 
Oktober/Februar morgens bei ohnehin „kaltem“ und „sehr kaltem“ Wetter noch erfolgt sind, und die 
Zahl der beträchtlichen Zunahmen, die im März/September nachmittags bei „warmem“ und „sehr 
warmem“ Wetter aufgetreten sind, so ergibt sich, umgerechnet in Prozent der Gesamtzahl der beträcht 
lichen Abnahmen am Wintermorgen bezw. der beträchtlichen Zunahmen am Sommernachmittag: 
Winter 8 a Borkum Wilhelmshav. Hamburg 
Beträchtl. Abnahm, bei kaltem u. sehr kaltem Wetter 16% 10% 13% 
Sommer 2 p 
Beträchtl. Zunahm, bei warmem u. sehr warm. Wetter 10% 5% 5% 
Das relative Übergewicht dieser winterlichen Abnahmen über die sommerlichen Zunahmen tritt 
also deutlich hervor und wächst, wie zu erwarten, mit zunehmender Kontinentalität der Station. 
Die äußersten Temperaturlagen, bei denen noch beträchtliche Abnahmen bezw. Zunahmen er 
folgten, sind 
Abnahmen Zunahmen 
Borkum: 9—10° unter normal (8 a)*) 6° über normal (2 p) 
Wilhelmshav.: 11° unter normal (8 a) 8—9° über normal (2 p) 
Hamburg: 12° unter normal (8 p) 6—7° über normal (2 p, 8 p). 
*) In Borkum erfolgte noch ein Sturz von 7° trotz dieser tiefen Temperaturlage. 
Eine weitere beträchtliche Zunahme bei ohnehin schon „sehr warmem“ Wetter kommt beiläufig 
in der ganzen Zeit nur zweimal und örtlich eng begrenzt vor — in Wilhelmshaven am 30. April 1913 
nachmittags und am 30. Mai 1903 nachmittags. 
Für alle drei Stationen und Termine habe ich noch diejenigen Daten zusammengestellt, an denen 
noch eine „beträchtliche“ Abnahme oder Zunahme erfolgt ist, trotzdem die Ausgangs 
temperatur schon mindestensä“ unter bezw. über der Norm lag. Die Liste für die 
Abnahmen ist natürlich auch bei weitem die umfangreichere. Diese bemerkenswerten Abnahmen be 
schränken sich in Borkum und Wilhelmshaven ganz auf die kühlere Jahreszeit; in Hamburg kommen sie 
vereinzelt auch am Sommernachmittag vor, ohne daß übrigens gleichzeitig in Borkum und Wilhelms 
haven auch nur nennenswerte Temperaturänderungen zu verzeichnen sind. 
Besonders bemerkenswert sind folgende Daten wegen der ziemlich allgemeinen tiefen Temperatur 
lage und der trotzdem noch erfolgten allgemeinen beträchtlichen Abnahme: 
26./27. November 1890. Diese Tage bilden den letzten Abschluß eines Temperatursturzes von 
seltener Großartigkeit, der mit dem 24. November einsetzt, auf den hier aber im ganzen nicht einzugehen 
ist. 33 ) Seit dem 25. morgens lagert ein Hochdruckgebiet von wachsender Ausdehnung über Skandi 
navien, tiefer Druck über Süd- und Osteuropa. Deutschland hat infolgedessen steife nordöstliche 
Winde. Im Laufe des 26. verlagert sich das Hochdruckgebiet südostwärts nach Innerrußland, wo, be 
sonders seit dem 26., die tiefste Temperatur auf dem Kontinent herrscht. Auf den Wetterkarten der 
Seewarte finden wir dort in diesen Tagen die —20° und —25° - Isothermen, während am 25. und 26. 
morgens die Temperatur in Schweden —10°, höchstens —15° betrug. Entsprechend der neuen Luftdruck 
verteilung haben die — jetzt nur noch mäßigen — Winde östliche bis südöstliche Richtung, die Luft 
massen entstammen also jetzt dem Innern Rußlands. Bis zum Morgen des 27. findet trotz der tiefen 
Temperaturlage am vorhergehenden Morgen an allen drei Stationen sogar noch ein Sturz von mindestens 
33 ) Vergl. R. H e n n i g , Gut und schlecht Wetter, S. 80.
	        
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